Brunchgeschichten: Ich finde Sprachnachrichten scheisse
Umständlich, mühsam und auch etwas respektlos – so steht Simon zu Sprachnachrichten in den Messenger-Apps. Warum er sie meistens nicht mal abhört, liest du in dieser Brunchgeschichte.
Das Leben wird ab 30 erst richtig toll, habe ich in meiner letzten Brunchkolumne geschrieben. Ein zusätzlicher Grund, warum es mir ennet des runden Geburtstags so gut gefällt, ist, dass ich nicht mehr alle neueren Trends mitmachen muss. Ich weiss, was sich bewährt hat und Neues kommt mir nur aufs Tapet, wenn es mir eine Verbesserung oder wenigstens gute Unterhaltung verspricht.
Sprachnachrichten machen keines von beidem. Ich verstehe einfach nicht, warum sich Leute auf ihrer Messenger-App nach Wahl kurze Sprachschnipsel hin und her schicken. Es gibt nur Nachteile: Das Handy wechselt selbständig zwischen laut und leise, stoppt die Wiedergabe irgendwo und beendet sie zu einem willkürlichen Zeitpunkt. Im Tram, im Kino oder auch am Arbeitsplatz kann ich die Sprachnachrichten nur mit einigem Aufwand abhören: Kopfhörer rein oder den Raum verlassen.
Mit etwas Übung liessen sich die obigen Probleme vermutlich lösen. Es wird aber schlimmer: Bei den guten alten Textnachrichten sehe ich auf den ersten Blick, um was es geht. Ich bin ein Fan von Übersicht. Bei Sprachnachrichten hingegen habe ich keinen Plan, ob es dringend, ein Witz für zwischendurch, privat oder geschäftlich ist.
Und: Sprachnachrichten sind nicht suchbar. Wichtige (oder auch besonders lustige) Textnachrichten kann ich jederzeit via Suchfeld in der jeweiligen App wiederfinden. Sprachnachrichten sind zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr auffindbar. Verloren in der Wüste von digitalem Schrott.
Ich verstehe es einfach nicht. Fast immer beginnts mit dem Satz: «He hoi, ich bin grad unterwegs, darum ist es einfacher eine Sprachnachricht zu schicken…» Hier ist nicht mal das Problem, dass die Leute mittels Sprachnachricht nie auf den Punkt kommen, sondern, dass es nur für sie selber einfacher ist. Für sie ist es einfacher, ohne zu überlegen einfach drauflos zu labern. Für mich ist es überhaupt nicht einfacher! Nachher bin nämlich ich das Opfer und muss das ausufernde Gequatsche abhören. Hat es wichtige Infos drin, muss es womöglich sogar mehrmals in voller Länge hören.
Wer mir etwas mitteilen will, soll sich bitte auf wenige Buchstaben beschränken. Wenn ich Podcasts hören will, such ich mir diese lieber selber aus.
Auf meinem Handy gibts diverse ungehörte Sprachnachrichten. Ich lasse sie schlicht links liegen. Ich weiss, diese Verweigerungshaltung ist auch nicht fair; die Leute wissen ja nicht, dass ich ihnen einfach nicht zuhöre. Ich bin ja weissgott kein Fan der grössten Zeitung der Schweiz. Aber deren Chefredaktor hat bereits seit 2017 folgenden Satz als Whatsapp-Status: «Ich höre keine Sprachnachrichten ab.» Ich bin ein grosser Fan.