Brunchgeschichten: Ich weiss, was du letzten Sommer auf deinem Balkon gemacht hast
Unser Computerflüsterer Nico verbringt viel Zeit im Internet. Meistens auf Webseiten mit komischen Zeichen, die er angeblich fürs Programmieren braucht. Ab und zu findet man ihn auch auf Sozialen Medien – und da ist er immer wieder verblüfft, wie viel Menschen unfreiwillig über sich selbst preisgeben.
Als Computerflüsterer tu ich mich mit allen Sozialen Medien schwer. Facebook ist einfach nur böse, auf Instagram wollen dir alle irgendwelchen unnötigen Mist verkaufen, auf TikTok werden aus fünf Minuten «Oh verdammt! In zwei Stunden muss ich ja schon wieder aufstehen» und auf Reddit landet man unweigerlich in einem «Rabbit Hole». Aber wie meine Arbeitskollegin Sofie habe auch ich Fomo und kann mich nicht komplett abwenden.
Dafür mache ich es mir extra schwer. Auf meinem Handy habe ich keine einzige App für Soziale Medien installiert. Meine Mitarbeitenden lachen mich immer wieder aus, wenn ich auf meinem Laptop die Stories von den zehn Instagram-Nutzer:innen anschaue, denen ich folge. Aber das hier soll keine Tirade gegen Internetsucht und Doomscrolling werden, sondern die Einleitung für die Beichte meines Lasters. Twitter. Ich verbringe viel zu viel Zeit auf Twitter und habe dafür auch einige Entschuldigungen auf Lager, wenn ich darauf angesprochen werde: Ich folge vielen Journalist:innen und bekomme so die News direkt mit. Oder: Ich arbeite in der Medienbranche und da muss man immer auf dem neusten Stand sein. Aber das sind eigentlich alles nur Ausreden.
Was ich auf Twitter am liebsten mache, sind kleine Scharmützel mit anderen Nutzer:innen zu treiben. Diese beginne ich meist nicht selbst, sondern starten mit einer Reaktion auf einen Tweet an die Zürcher Stadtpolizei oder einem Kommentar über eine gröbst misslungene SRF Arena. Bisher hatte ich das Glück, von Gewaltandrohungen und anderen Widerlichkeiten verschont zu bleiben, aber in den Kommentaren finden sich doch häufig Aussagen, welche die jeweilige Person mir höchstwahrscheinlich nicht ins Gesicht sagen würde. Kleiner Einschub: Haben du oder deine Mitmenschen im Internet Drohungen oder ungefragt Dickpics bekommen, dann empfehle ich dir von Herzen den Verein Netzcourage. Die helfen dir bei Problemen und freuen sich über jede Mitgliedschaft.
Aber mich nimmt es immer wunder: Wer ist denn diese Person? Und finde ich mit meinen «Hacker»-Fähigkeiten raus, wer es ist? Unter Softwareentwickler:innen gibt es den alten Witz, dass wir immer wieder für unser immenses Wissen und Können gelobt werden, wir aber eigentlich bloss gut googlen können. Wie so oft steckt auch in diesem Witz ein Fünkchen Wahrheit und genau dieses Wissen – wie man Google richtig verwendet – meine ich, wenn ich von «Hacken» rede.
«Die gefundene Handynummer speicherte ich in meinen Kontakten und kurze Zeit später lächelt mir auf seinem Whatsapp-Profilbild ein vergnügter Herr entgegen.»
Bei meinem jüngsten Twitter-Geplänkel habe ich meiner Neugier nachgegeben und mich auf die Suche gemacht. Jemand der auf einen Tweet von mir reagierte, hatte einen Username, der wie ein gängiger Schweizer Nachname mit extra Buchstaben klang. In seinem letzten Tweet an mich hatte die Person wohl die Standortbestimmung auf dem Handy nicht deaktiviert und unter der Nachricht stand «Hinter-Kaffigen, Aargau, Schweiz». Eine Googlesuche mit dem Namen und dem Dorf lieferte einige passende Kandidat:innen, aber noch keinen eindeutigen Treffer.
Auf Twitter folgten der gesuchten Person aber auch einige Nutzer:innen mit Klarnamen und eine Suche mit diesen Namen ergab nach kurzer Zeit einen Moneyhouse-Eintrag. Moneyhouse publiziert Einträge aus dem Schweizer Handelsregister. Wenn Unternehmer:innen ein neues Geschäft gründen, wird diese Information mit den Namen im Internet publiziert.
Bitte seid vorsichtig, was ihr im Netz preisgibt
Nun hatte ich auch den Vornamen. Ein erneute Suche auf Google lieferte mir das Benutzer:innenprofil auf einer Schweizer Online-Auktionsplattform, das eine Wohnadresse und eine Handynummer beinhaltete. Auf dem Profil wurden Gartensitzmöbel zum Verkauf angeboten, die auf einem Balkon fotografiert worden sind, der mir verdächtig bekannt vorkam. Besagte Twitternutzer:in hatte nämlich denselben Balkon als Profilbild. Die gefundene Handynummer speicherte ich in meinen Kontakten und kurze Zeit später lächelt mir auf seinem Whatsapp-Profilbild ein vergnügter Herr entgegen.
An diese Informationen ranzukommen hat mich keine 20 Minuten gekostet und wären in den falschen Händen sehr gefährlich. Auch ich bin täglich im Internet unterwegs, gebe auf unzähligen Webseiten aber so wenige Information wie nur möglich preis und klicke mich durch etliche Cookie-Akzeptier-Banners mühsam zum «alle Cookies ablehnen»-Knopf. Aber es lohnt sich. Bitte seid vorsichtig, was ihr im Netz preisgibt. Es ist beängstigend oft viel zu einfach, an eure schützenswerten Daten zu kommen.