Brunchgeschichten: Warum ich trotz Massnahmen-Lockerungen Spielverderber bin
Fertig Pandemie. Es scheint, als ob wir mit der Aufhebung der Massnahmen endgültig über den Berg sind. Was bleibt, wenn die Masken fallen? Nicht viel – ausser der Erkenntnis, wie schnell Menschen Unangenehmes verdrängen.
Mit den Masken ist das wohl sichtbarste Symbol der Pandemie über Nacht aus unseren Leben verschwunden. Beim ersten maskenlosen Besuch in der Bäckerei blicke ich noch verdutzt in die Gesichter der Verkäuferinnen. Schon im nächsten Geschäft aber fallen die unverhüllten Gesichter kaum mehr auf. Es bleibt nicht viel nach zwei Jahren Ausnahmezustand. Man kann niemandem verübeln, diese Zeit möglichst schnell verdrängen zu wollen. Wer will sich schon zurückerinnern an mühselige Monate im Lockdown, monotone Tage im Homeoffice und kalte Winterabende vor der Glotze.
Es liegt in der menschlichen Natur unangenehme Situationen zu verdrängen. Doch bevor wir kollektiv die Roaring Twenties einläuten und die Erkenntnisse der Pandemie genauso schnell wie die Masken ad acta legen, will ich noch einmal Spielverderber spielen. Corona wirkte wie ein Brennglas auf viele bestehende Probleme. Hier deshalb fünf Dinge, die man auch in Zukunft im Hinterkopf behalten sollte.
- Unzählige Firmen haben trotz Kurzarbeitsentschädigungen während der Pandemie Dividenden an ihre Aktionäre ausgeschüttet. Hier gehts zur Liste der Unternehmen.
- Pflegefachkräfte haben ihre Arbeitsbedingungen seit Jahren angeprangert. Getan wurde wenig, ausser dass in der Pandemie ihr arbeitsrechtlicher Schutz aufgehoben wurde. (Mit der Pflegeinitiative ist immerhin ein bisschen Licht am Horizont zu erkennen.)
- Die Kitas in Zürich laufen am Limit und leiden unter Fachkräftemangel, wobei die Pandemie die Problematik zusätzlich angeheizt hat.
- Die Stadt Zürich hat es versäumt, Pop-up Velowege und eine allgemein bessere Veloinfrastruktur aufzubauen obwohl sich die Pandemie ideal dafür geeignet hätte.
- Bars, Clubs und Kulturlokale wurden die letzten Monate vom Bund bewusst offen gehalten und nicht entschädigt, obwohl sich der Betrieb nicht lohnte. Die Folgen trägt die Schweizer Kulturszene.
Niemand will mehr etwas von der Pandemie hören. Das ist verständlich. Ob es nun die neue oder die alte Normalität ist. Es wäre verheerend, wenn wir nichts daraus lernen. Auf die Zukunft!