Künstler:innen nach 2 Jahren Corona: «Ich hatte alle paar Tage einen Meltdown»

Seit dem ersten Lockdown sind zwei Jahre vergangen. Wie geht es den Zürcher Kunst- und Kulturschaffenden heute? Wir haben einige von ihnen auf ihrem Sofa besucht und nachgefragt. Rapper Luuk hält nichts von Hamstereinkäufen und hofft, dass die Probleme, die durch die Pandemie zum Vorschein kamen, nachhaltig angegangen werden.

Rapper Luuk
Seine Agentur kümmert sich um die Auftritte und PR – und stellt heute ihr Sofa zur Verfügung. (Bild: Elio Donauer)

Sein neues Album mit dem kaum aussprechbaren Namen «Tohuwabohu» erscheint Mitte Mai diesen Jahres – es wird bereits das sechste von Luuk sein. Der Zürcher Rapper, der mit bürgerlichem Namen Lukas Gantenbein heisst und eigentlich aus dem Rheintal kommt, hat sich in den letzten Jahren aber nicht nur in der Hip-Hop-Szene einen Namen gemacht. Seit Ende 2018 veröffentlicht der 31-Jährige zusammen mit Knackeboul jeden Sonntag den Pottcast, der sich neben Cannabis auch um Essen dreht. Dabei kann man den beiden auch live beim Plaudern zuschauen. Zum Beispiel am 31. März in Winterthur. Wer Luuk lieber rappen sehen will, kann das am 1. April in der Zentralwäscherei tun, oder schaut einfach sein neuestes Musikvideo «Petto».

Tsüri.ch: Welches Werk beschreibt die letzten zwei Pandemie-Jahre für dich am besten?

Luuk: Am meisten beeindruckt hat mich der Film «Don’t Look Up», der vergangenen Herbst auf Netflix ausgestrahlt wurde, und eigentlich bereits vor Corona entstanden war. Die Problematik, dass die Menschheit nicht merkt, wie sehr sie zugrunde geht. Auch nicht, als es ganz kurz bevorsteht. Das erinnerte mich extrem stark an die Pandemie. 

Wie haben dich die vergangenen zwei Jahre als Künstler beeinflusst?

Der Zufall wollte es so, dass die Pandemie kurz nach meinem Schritt in die Selbstständigkeit begann. Das war zwar hart, hat mir aber gezeigt, dass wenn ich diese Zeit als freischaffender Künstler überlebe, ich fast alles schaffen kann. Die letzten zwei Jahre haben mich stärker gemacht. Gleichzeitig bin ich entspannter geworden, was meine Planung anbelangt – ich freue mich erst über etwas, wenn es zu 100 Prozent sicher ist. 

«Ich würde sicher schauen, dass ich genügend Marihuana zuhause habe.»

Luuk

Die Kulturbranche hat sehr unter den Corona-Massnahmen gelitten – was waren deine schwierigsten Momente?

Richtig Sorgen bereitet hat mir vor allem die finanzielle Unsicherheit. Den ersten Lockdown hatte ich zwar gut überstanden, bei der zweiten Welle musste ich allerdings Hilfsgelder anfordern. Glücklicherweise ging am Schluss alles gut auf. Neben dem knappen Geld gab es natürlich auch die persönliche Seite: Wie viele andere hatte auch ich während dem Lockdown alle paar Tage einen Meltdown. Ich versuche zwar immer, Dinge positiv anzugehen. Das klappt natürlich auch nicht immer.

Hattest du mal den Gedanken, dein Künstler-Dasein aufzugeben?

Logisch hat man irgendwann einmal daran gedacht, aber eine wirkliche Option war es nie. Das Musikmachen ist für mich mehr ein Hobby als ein Job. Zwar verdiene ich damit auch mein Geld, aber wenn ich im Studio bin und neue Songs kreiere oder bei mir im Zimmer Texte schreibe, dann fühlt es sich nicht nach klassischer «Lohnarbeit» an. Die kreative Arbeit lässt die schönsten Momente für mich entstehen – und auf diese möchte ich nicht verzichten. 

Was war gut in den letzten zwei Jahren? Woran hast du dich gewöhnt, was willst du beibehalten?

Hm, schwierige Frage. Ich denke ein positiver Aspekt an der Pandemie war sicher, dass Probleme ans Licht gekommen sind, die sonst kaum thematisiert wurden. Plötzlich lagen sie quasi auf dem Präsentierteller. Wie nachhaltig das jedoch gewesen ist, kann ich nicht beurteilen. Weiter hat die Digitalisierung einen enormen Schritt nach vorne gemacht; da bin ich tatsächlich auch ein bisschen Fan davon.

Die unsicheren Zeiten halten an, wenn auch nicht mehr nur pandemiebedingt. Wie willst du die kommenden Monate angehen? Auf welches Projekt von dir können wir uns freuen?

Ich habe ein Jahr lang an neuen Songs getüftelt: Das Album «Tohuwabohu» kommt im Mai, der Name ist Programm. Meine Musik hat immer etwas mit Leben, Sterben und der Welt zu tun und Tohuwabohu war die Zeit, bevor Gott die Welt erschaffen und das Chaos beseitigt hat. Meiner Meinung nach war die Ordnung aber gar nie hergestellt worden, sondern wir Menschen sind Tohuwabohu, das Chaos. Die erste Singleauskopplung «Petto» wurde übrigens letzten Freitag released.

Angenommen, Corona würde erst heute ausbrechen: Welches Produkt würdest du –  mit der Erfahrung aus den letzten zwei Jahren Pandemie – hamstern? 

Gute Frage! Ich würde sicher schauen, dass ich genügend Marihuana zuhause habe. (lacht) Ich kaufe zwar schon frühzeitig Reserve-Sachen – zum Beispiel Shampoo –, aber ansonsten bin ich überhaupt kein Hamster. 

Serie «So geht es Künstler:innen nach 2 Jahren Corona»

Am 16. März 2020 wurde in der Schweiz der erste Corona-Shutdown angeordnet, während dem das öffentliche Leben vom Bundesrat weitgehend zum Erliegen gebracht wurde: Leere Strassen, Plätze und Cafés boten ein ungewohntes Bild. Dass die Pandemie bis heute andauern wird, hätte damals wohl keine:r erwartet. Besonders die Kunst- und Kulturbranche wurde von den immer wieder neu definierten Corona-Massnahmen hart getroffen. Wir wollten deshalb wissen: Wie geht es den Zürcher Kunst- und Kulturschaffenden heute? 

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