Künstler:innen nach 2 Jahren Corona: Lara Stoll - Tsüri.ch #MirSindTsüri
account iconsearch
Von Isabel Brun

Redaktorin

emailwebsite

19. März 2022 um 05:00

Künstler:innen nach 2 Jahren Corona: «Lähmung hilft niemandem»

Seit dem ersten Lockdown sind zwei Jahre vergangen. Wie geht es den Zürcher Kunst- und Kulturschaffenden heute? Wir haben einige von ihnen auf ihrem Sofa besucht und nachgefragt. Die Autorin und Filmemacherin Lara Stoll übers Aufgeben und Weitermachen.

Das Sofa im Backstage vom Casinotheater gleicht gerade Lara Stolls Zuhause: Sieben Tage die Woche tritt sie momentan in Winterthur auf. (Foto: Isabel Brun)

Lara Stoll ist keine, die sich in eine Schublade stecken lässt: Sie schreibt und singt, produziert Filme und tritt als Slam-Poetin auf. Seit letztem Jahr steht in ihrer Wohnung in Zürich ein Salzburger Stier. Ebenfalls 2021 veröffentlichte die 35-Jährige ihr erstes Buch «Hallo». Heute schaut Stoll auf 15 Jahre Bühnenerfahrung, etliche «Bild mit Ton»-Folgen und zwei Kinofilme zurück. Noch bis Ende März tritt sie zusammen mit Viktor Giacobbo, Mike Müller und Co. im Casinotheater Winterthur auf. Da die Shows aber bereits ausverkauft sind, kann man sie entweder bei einer ihrer Lesungen oder als Teil des Musikprojekts «Stefanie Stauffacher» bestaunen. Zum Beispiel am Release ihrer neuen EP «Friedhof» am 16. April im Helsinki.

Tsüri.ch: Welches Werk beschreibt die letzten zwei Pandemie-Jahre für dich am besten?

Lara Stoll: Fuck you von Lily Allen.

Wie haben dich die vergangenen zwei Jahre als Künstlerin beeinflusst?

Während des ersten Lockdowns habe ich ein neues Bühnenprogramm geschrieben. Das musste dann natürlich während Lockdown Nummer zwei pausieren, also habe ich mich vermehrt auf Arbeiten abseits von der Bühne konzentriert: Ich habe zum Beispiel mein erstes Buch «Hallo» veröffentlicht und mit der Band Stefanie Stauffacher eine neue EP aufgenommen. 

Die Kulturbranche hat sehr unter den Corona-Massnahmen gelitten – was waren deine schwierigsten Momente?

Für mich – die einfach immer in Projekten versinkt – war es fast mehr ein «Durchatmen». Ich hatte aber grossen Einblick in die Herausforderungen vieler Kulturbetriebe, viele Musiker:innen-Freunde, die nicht mehr weiter wussten; pleite waren. Das hat mir unheimlich leidgetan. Ich denke wenn wir die kulturelle Vielfalt weiterhin erhalten wollen, dann sollten wir wirklich über ein Grundeinkommen nachdenken.

«Der aktuelle Krieg ist eine verdammte Katastrophe, es fällt mir schwer, damit klar zu kommen.»

Lara Stoll

Hattest du mal den Gedanken, dein Künstlerinnenleben aufzugeben?

Ich hatte als Künstlerin meine Krisen bis Mitte 20, dass ich jetzt noch «aufgebe», kommt für meinen weiteren Lebensweg nicht in Frage. Wir sassen ja alle im gleichen Boot und die Pandemie hatte nichts mit mir und meinem Schaffen zu tun. Da es bei mir seit einigen Jahren auch finanziell ok läuft, war meine Existenz nicht gefährdet. 

Was war gut in den letzten zwei Jahren? Woran hast du dich gewöhnt, was willst du beibehalten?

Ich werde versuchen mich für das Grundeinkommen einzusetzen. Ansonsten kann ich jetzt auch nicht viel mehr sagen. Man schaut zurück und denkt: Shit happens, big Shit, ja. Aber das Leben geht jetzt weiter und wir wollen hoffen, dass wir jetzt ein bisschen Ruhe haben vor weiteren Mutationen.

Die unsicheren Zeiten halten an, wenn auch nicht mehr nur pandemiebedingt. Wie willst du die kommenden Monate angehen? Auf welches Projekt von dir können wir uns freuen?

Der aktuelle Krieg ist eine verdammte Katastrophe, es fällt mir schwer, damit klar zu kommen. Aber man muss sich den Kopf auch irgendwie freimachen, Lähmung hilft niemandem. Ich stecke gerade in einer intensiven Theaterproduktion mit jeweils sieben Vorstellungen in der Woche, danach gibts mal kurze Ferien. Ich war seit Jahren nicht mehr weg. Ich habe ein paar Pläne für den Rest des Jahres, möchte aber noch nicht zu offiziell werden. Meine «Gipfel der Freude»-Lesung aber jedenfalls weiterhin auf Tour.

Angenommen, Corona würde erst heute ausbrechen: Welches Produkt würdest du –  mit der Erfahrung aus den letzten zwei Jahren Pandemie – hamstern? 

Selbsttests.

Serie «So geht es Künstler:innen nach 2 Jahren Corona»

Am 16. März 2020 wurde in der Schweiz der erste Corona-Shutdown angeordnet, während dem das öffentliche Leben vom Bundesrat weitgehend zum Erliegen gebracht wurde: Leere Strassen, Plätze und Cafés boten ein ungewohntes Bild. Dass die Pandemie bis heute andauern wird, hätte damals wohl keine:r erwartet. Besonders die Kunst- und Kulturbranche wurde von den immer wieder neu definierten Corona-Massnahmen hart getroffen. Wir wollten deshalb wissen: Wie geht es den Zürcher Kunst- und Kulturschaffenden heute?

1. Schriftstellerin und Kolumnistin Julia Weber: «Aus der Ruhe entstand eine Sprache»

2. Musikerin und Frontfrau von Black Sea Dahu Janine Cathrein: «Als wäre ich konstant auf Abruf»

3. Malerduo Boskovic-Scarth: «Es lief bei uns so gut wie noch nie»

4. Autorin und Filmemacherin Lara Stoll: «Lähmung hilft niemandem»

5. Dancehall- und Reggae-Musiker Cali P: «Ich verbringe gern Zeit alleine; dann entstehen oft neue Ideen»

Das könnte dich auch interessieren