Rosengartenstrasse: Zwei neue Übergänge mit Zebrastreifen und Ampeln
Das Zürcher Stimmvolk lehnte 2020 einen umfassenden Umbau der Rosengartenstrasse ab. Am Mittwochabend wagte der Gemeinderat einen neuen Schritt: Zwei oberirdische Querungen sollen nun umgesetzt werden.
Heute ist es kaum vorstellbar, aber früher war die Rosengartenstrasse eine idyllische Quartierstrasse, auf der Kinder spielten. Heute streitet der Rat darüber, ob es zu gefährlich sei, sie überhaupt zu überqueren – mit Zebrastreifen und Ampeln.
Die stark befahrene Achse – täglich passieren sie etwa 55'000 Fahrzeuge – soll sicherer werden und das Quartier weniger trennen. Der Gemeinderat hat darum am Mittwochabend einen Kredit von 3,5 Millionen Franken mit 80 zu 40 Stimmen bewilligt, damit du und ich bald zweimal quer die Strasse passieren können, einmal bei der Lehenstrasse und einmal auf Höhe Wibichstrasse.
Dort wird zusätzlich zu Ampel und Zebrastreifen eine Schutzinsel hingestellt und die Strassenführung leicht angepasst. Gleichzeitig soll mehr Platz für Velos geschaffen und die Busse an der Nordstrasse gegenüber anderen Autos priorisiert werden.
FDP und SVP kritisierten das Vorhaben entschieden. Martina Zürcher (FDP) erinnerte an die 2020 abgelehnte Tunnel- und Tramvorlage: Damals sei der letzte umfassende Versuch gescheitert, die Strasse unter den Boden zu legen und das Quartier nachhaltig zu entlasten.
Heute entstünden durch neue Ampeln mehr Lärm und Gefahren, sagte Zürcher: Wenn Lastwagen an Steigungen anfahren müssten, werde es lauter, und es sei «eine Frage der Zeit, bis heikle Situationen oder Unfälle passieren». Im Namen der FDP forderte Zürcher, die bestehenden Unterführungen zu verbreitern und hindernisfrei umzubauen, statt neue Querungen zu schaffen.
Unterstützung erhielt sie von der SVP. Stephan Iten nannte die geplanten oberirdischen Übergänge «ideologischen Schwachsinn» und warf der Ratslinken vor, «Autofahrende als Staatsfeind Nummer 1», zu schikanieren. Wer behaupte, die Lichtsignale blieben kapazitätsneutral, «glaubt an den Storch». Derek Richter (SVP) warnte zusätzlich vor Staus und bezweifelte die Zukunftsfähigkeit der Massnahmen: «Mehr Bevölkerung mit weniger Verkehr – das geht nicht auf.»
«Ideologie ist wie Mundgeruch: Man merkt ihn immer nur bei den anderen.»
Sven Sobernheim (GLP)
Die Ratslinke stellte sich klar hinter den Kredit. Markus Knauss (Grüne) sagte, das Rosengartenquartier habe «ebenso das Recht auf angenehme Lebensbedingungen wie alle anderen Quartiere». Anna Graff (SP) verwies auf die bestehenden Unterführungen, die «steil, eng, unübersichtlich und alles andere als hindernisfrei» seien. Die neuen Querungen seien dagegen «sofort und kostengünstig umsetzbar». Das Ziel sei eine «normale städtische Hauptstrasse».
Sandra Gallizzi (EVP) hob hervor, dass Unterführungen bei vielen Menschen «Angst auslösen, besonders am Abend oder in der Nacht». Die GLP stimmte den Sofortmassnahmen zu. Sven Sobernheim zeigte sich verärgert über die jahrelangen Verzögerungen und kommentierte die ideologischen Vorwürfe süffisant: «Ideologie ist wie Mundgeruch: Man merkt ihn immer nur bei den anderen.»
Simone Brander (SP), Vorsteherin des Tiefbau- und Entsorgungsdepartements, sprach von einem pragmatischen, schnell umsetzbaren ersten Schritt. Weiter sagte sie: «Ein Ausbau der Unterführungen wäre aufwendig, weil sie grösser, breiter und länger gebaut werden müssten. Das ist schlicht nicht sinnvoll.»
Die neuen Querungen sollen bis Ende 2026 fertig sein. Die grundsätzliche Diskussion über Tempo 30, Kapazitäten und eine langfristige Lösung der Rosengartenfrage bleibt jedoch offen.
Cycle Week erhält zwar Geld, steht dennoch vielleicht bald vor dem Aus
Als nächstes diskutierten die Gemeinderät:innen über das Sackgeld der Cycle Week – der grössten Veloveranstaltung der Schweiz. Der Stadtrat beantragte, die Veranstaltung von BikeDays.ch GmbH ab 2026 mit jährlich 289'900 Franken zu unterstützen und die Polizei weiterhin kostenlos einzusetzen.
Die Kommission schlug hingegen vor, weniger Geld zu sprechen und dieses aufzuteilen: 90'000 Franken Subventionen, 50'000 Franken Gebührenverzicht und 80'000 Franken für die städtische Teilnahme.
Michael Schmid (AL) kritisierte, die Cycle Week bewerbe das Velo «vor allem als Freizeitgerät» statt Alltagsgerät und erreiche damit die Ziele der städtischen Velostrategie kaum. Die Stadt solle ihren Beitrag zwar erhöhen, aber einfach weniger stark als vorgeschlagen. So, dass die Teuerung ausgeglichen werde. Ob die Cycle Week mit diesen Bedingungen weiterbesteht, sei für ihn zweitrangig.
Unterstützt wurde die AL von der SP, FDP, SVP. Laut Oliver Heimgartner (SP) hilft die Cycle Week, das Velo in Zürich sichtbarer zu machen. Dennoch seien die hohen Kosten «nicht gerechtfertigt», sodass die SP den AL-Vorschlag unterstütze. Auch die FDP sprach sich klar für die Cycle Week aus, wollte aber die Ausgaben stabil halten. Martina Zürcher (FDP) sagte, der Anlass bringe Leben in die Stadt, doch «220'000 Franken genügen».
«Die Cycle Week hat die anfängliche Euphorie verloren.»
Markus Knauss (Grüne)
Die Mitte/EVP-Fraktion hob hervor, dass Gastronomie, Hotellerie, Detailhandel und Velofachhandel vom Event profitieren würden. Die Cycle Week ziehe Menschen aus dem In- und Ausland an und stärke eine «nachhaltige, lebendige und innovative Stadt Zürich». Mehr Geld helfe laut Gallizzi, «die Erfolgsgeschichte weiterzuschreiben».
Gegen mehr Geld sprachen sich die Grünen und die GLP aus. Laut Markus Knauss (Grüne) ist Velofahren in allen Bevölkerungsschichten immer wichtiger geworden. «Wer ‹in› ist, fahrt Velo, wer ‹out› ist, sitzt immer noch im Strassentraktor.» Die Cycle Week habe aber «die anfängliche Euphorie verloren». Die Sponsor:innen sprängen ab, die Wirkung für die Velokultur sei gering. In der Fraktion habe es deutlich geheissen: «Dä Alass, dä wömer nöd.»
Darum lehnten die Grünen den Änderungsantrag wie auch die Vorlage ab. Ebenso die GLP. Sven Sobernheim (GLP) erinnerte daran, dass seine Fraktion schon früher gezweifelt habe: «Wir haben damals den Nutzen schon nicht gesehen. Ich bin froh, dass uns die Grünen folgen.» Die Stadt wisse, dass der Beitrag nicht reiche – also solle sie «ehrlich Nein sagen».
Simone Brander (SP) verteidigte die Cycle Week energisch. Sie bringe Menschen ins Gespräch, mache Velosicherheit erlebbar und schaffe eine Bühne für nachhaltige Mobilität. Die Besucherzahlen stiegen, zwei Drittel kämen aus Zürich und der Region. Das sei ein hoher Anteil an Stakeholder:innen. «Das Engagement kostet etwas, ist aber eine gute, sinnvolle und wirkungsvolle Investition», sagte Brander. «Mit dem reduzierten Beitrag können wir die Cycle Week nicht mehr durchführen.»
Am Ende wurde der Änderungsantrag der AL angenommen. Die Cycle Week erhält für die Jahre 2026 bis 2030 220’000 statt 289’900 Franken. Die Polizeidienstleistungen der Stadtpolizei, die mit der Cycle Week anfallen, werden nicht verrechnet.
Weitere Themen aus dem Rat
Die Frauenbadi soll gratis werden
Die AL-Fraktion forderte, dass alle Frauen während der regulären Öffnungszeiten gratis das Frauenbad am Stadthausquai nutzen können. Begründet wird dies mit der besonderen Atmosphäre: Frauen sollen ungestört unter sich schwimmen und sich unbeschwert am Wasser aufhalten können. Zudem ist das Frauenbad das einzige Flussbad in Zürich mit Eintritt, während andere Bäder frei zugänglich sind – auch die Männerbadi.
Die SVP, FDP und Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP) lehnten die Motion ab. Sie argumentieren, die Eintrittspreise seien moderat, ein Gratiszugang führe zu Überfüllung und Qualitätsverlust. SP, AL, Grüne sowie EVP/Mitte unterstützten die Motion. Sie betonen, dass Frauen weniger Freizeit und Geld haben und der Eintrittsbeitrag eine Barriere und unfaire Ungleichbehandlung darstellt. Die GLP gab Stimmfreigabe.
Am Ende wurde die Motion dem Stadtrat überwiesen. Er muss nun prüfen, wie ein kostenloser Eintritt für Frauen umgesetzt werden kann.
Kinderbetreuung in Zürich
Der Gemeinderat diskutierte die Weisung zur familienergänzenden Kinderbetreuung. Die Vorlage fasste eine Motion und drei Postulate zusammen, unter anderem zu Nachmittags- und Abendbetreuung und Tarifen. Der Stadtrat hat bereits Splitting der Nachmittagsbetreuung, Tarifreduktionen und einen Pilotversuch für Abendbetreuung umgesetzt.
SP, Grüne und AL kritisierten, dass nicht alle Forderungen erfüllt seien, und verlangten, Motion und zwei Postulate nicht abzuschreiben. SVP, FDP und GLP sahen die Umsetzung als ausreichend. Schlussresultat: Ein älteres Postulat von 2018 wurde abgeschrieben, Motion und zwei Postulate werden weiterverfolgt.
Fachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt im Sport
Der Gemeinderat hat eine Motion von Anna-Béatrice Schmaltz (Grüne), Sophie Blaser (AL) und Balz Bürgisser (Grüne) überwiesen. Sie fordert eine Fachstelle, die Prävention sexualisierter Gewalt im Sport stärkt und die Arbeit des Vereins VERSA professionell fortführt.
Der Stadtrat unterstützt das Anliegen grundsätzlich, schlägt aber vor, die Motion in ein Postulat umzuwandeln, da zunächst Abklärungen zu Struktur, Finanzierung und organisatorischer Einbettung nötig sind. Ein städtisches Projekt soll bis Ende 2025 prüfen, wie Präventionsarbeit effektiv umgesetzt werden kann. Am Ende wurde das Anliegen als Motion mit 63 Ja- zu 53 Nein-Stimmen dem Stadtrat überwiesen.
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Bachelorstudium der Psychologie an der Universität Zürich und Masterstudium in politischer Kommunikation an der Universität von Amsterdam. Einstieg in den Journalismus als Redaktionspraktikantin bei Tsüri.ch. Danach folgten Praktika bei der SRF Rundschau und dem Beobachter, anschliessend ein einjähriges Volontariat bei der Neuen Zürcher Zeitung. Nach einigen Monaten als freie Journalistin für den Beobachter und die «Zeitung» der Gessnerallee seit 2025 als Redaktorin zurück bei Tsüri.ch.