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Von Simon Jacoby

Co-Geschäftsleitung & Chefredaktor

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4. Oktober 2022 um 04:00

«Die Stadt könnte ein punktuelles Rechtsabbiegeverbot für LKWs erlassen»

Am Freitag hat ein Lastwagen beim Lochergut eine Velofahrerin überfahren, die noch auf der Unfallstelle verstorben ist. Es ist bereits der fünfte schwere Unfall innert drei Jahren mit rechtsabbiegenden LKWs in Zürich. Wie können solche Unfälle verhindert werden? Thomas Hug, Verkehrsexperte von Urbanista.ch, schätzt die Lage ein.

Die Unfallstelle beim Lochergut. (Foto: zvg)

In verschiedenen Städten ist ein Rechtsabbiegeverbot für LKW in Diskussion, um schwere Velounfälle zu verhindern. Wäre dies auch für Zürich eine denkbare Lösung?

Ein generelles Verbot halte ich im Moment nicht für möglich; hierzu müsste die Gesetzgebung auf Stufe Bund verändert werden, was sehr lange dauern kann. Zudem scheint die Problematik in Bundesbern nicht höchste Priorität zu geniessen – erst kürzlich wurde ein Nachrüstobligatorium solcher Assistenzsysteme vom Bundesamt für Strassen (Astra) verworfen.

Generelle Verbote sind nicht möglich; wie sieht es mit punktuellen Rechtsabbiegeverboten aus?

Die Stadt könnte für schwere Motorfahrzeuge an Stellen, wo es zu vielen Unfällen kommt, ein Rechtsabbiegeverbot erlassen. Nur eine Strasse neben der jüngsten Unfallstelle wurde das auch schon in die Wege geleitet. Dabei findet eine Abwägung zwischen den entstehenden Umwegen und gewonnener Sicherheit statt – denn Schleichverkehr in den Quartieren soll möglichst verhindert werden. Die Schwierigkeit ist, dass durch ein Rechtsabbiegeverbot nicht diverse neue notwendige Rechtsabbieger geschaffen werden, was das Problem nur verlagern würde.

Gibt es einen Grund, warum es immer wieder an der Seebahnstrasse zu schweren bis tödlichen Velo-Unfällen mit LKW-Beteiligung kommt?

Die Situation an der Seebahnstrasse ist ein typisches Muster für diese Art Velounfälle: Eine tragische Kombination von schlechter Veloinfrastruktur und heikler Geometrie. Der Velostreifen liegt im toten Winkel des LKWs, suggeriert aber eine gewisse Sicherheit. Die Grünphase ist kurz und auf der Kreuzung viel los, was zu zusätzlicher Ablenkung und Stress bei den LKW-Lenkenden führt.

Ein Rechtsabbiegeverbot an der Unfallstelle bei der Kreuzung Badener-/Seebahnstrasse würde zu folgender Schlaufe ohne Rechtsabbieger (~8min, 2km) führen und maximal 80 LKWs betreffen pro Tag. (Screenshot/Google Maps)

An dieser Stelle kann neben einem Rechtsabbiegeverbot nur der Umbau der Kreuzung helfen, so dass die Velofahrenden mit Abstand in das Sichtfeld des LKWs geführt werden – so lösen das auch andere Velostädte. Das dürfte aber noch Jahre dauern. Bis dann ist die beste Lösung für Velofahrende, die unverhofft in die Nähe eines abbiegenden LKWs kommen: Schnellstmöglich auf das Trottoir ausweichen.

Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version haben wir geschrieben, dass Wien bereits ein Rechtsabbiegeverbot für LKWs habe. Dies ist nicht korrekt. Das entsprechende Vorhaben der Stadt Wien wurde verhindert, weil es gegen EU-Recht verstosse.

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