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Von Kamil Biedermann

Redaktor

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21. November 2019 um 15:35

Zwei schwere Velounfälle mit LKWs in einer Woche – es reicht!

Die Unfälle der letzten Woche zeigen: Velofahrende riskieren in Zürich ihr Leben. Die Stadt muss ihre Verkehrspolitik sofort und radikal ändern.

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Foto: CC-BY 2.0 Niels Heidenreich

Freitagmorgen vor knapp einer Woche: Ein Lastwagen biegt am Letzigraben rechts ab und erfasst dabei eine 35-jährige Velofahrerin. Sie stirbt noch an der Unfallstelle. Diese Woche am Donnerstagmittag: Ein Lastwagen biegt von der Langstrasse kommend rechts in die Schöneggstrasse ab und erfasst dabei einen 50-jährigen Velofahrer. Er erleidet dabei schwere Beinverletzungen und muss notfallmässig ins Spital.

Zwei schwere Velounfälle innert einer Woche – und dazwischen viele andere, die es nicht in die Zeitung oder Polizeimeldungen geschafft haben, bei denen oft nur Glück zwischen Schürfwunden und Tod entscheidet.

Dabei wird gemäss einer ETH-Studie nur einer von sieben Velounfällen überhaupt erst gemeldet. Viele Velofahrende in Zürich kalkulieren einen Unfall mit Verletzungen früher oder später wohl einfach ein. Beinahekollisionen, Abgedrängt-werden und Überholabstände, wo kein Löschblatt zwischen Ellbogen und Rückspiegel passt, sind für viele Velofahrende in Zürich gar nicht mehr der Rede wert.

Die beiden Unfälle gleichen sich nicht zufälligerweise. Rechtsabbiegende LKWs sind ein häufiges Szenario bei Velounfällen, vermeintlich begünstigt durch den toten Winkel der grossen Lastwagen. Doch haben vorschriftsgemäss mit sechs Spiegeln ausgestattete Lastwagen heute gar keinen toten Winkel mehr. Zudem existieren schon lange lebensrettende Abbiegeassistenten, die trotz der hohen Anzahl Unfallopfer noch immer freiwillig sind.

«SMIDSY-Unfälle» (Sorry mate, I didn't see you) heissen die Unfälle in England, die von der Polizei durch ihre Standardformulierung «dabei übersah er den Radfahrer» auch noch legitimiert werden. Tara Goddard fand in ihrer Doktorarbeit heraus, dass besonders wenn wir Radfahrer*innen persönlich für unwichtig halten, deise dann auch nicht sehen. Sind also Velofahrende den Motorfahrzeuglenker*innen einfach egal?

Die Wurzeln des Problems liegt nicht bei unaufmerksamen Fahrzeuglenker*innen oder vermeintlich risikofreudigen Velofahrernden. Eine ernstgemeinte Veloinfrastruktur, die wirklich sicher ist, lässt solche Unfälle gar nicht erst zu. Allerdings drückt sich die Stadt Zürich seit Jahren dermassen vor dem Ausbau sicherer Velowege, dass es nur schwerfällt, den Behörden nicht eine Mitschuld an den Toten und unzähligen Verletzten zu geben.

2012 gibt die Limmatstadt den «Masterplan Velo» bekannt: Bis 2025 soll Zürich eine sichere und freundliche Stadt für Velofahrende werden. Deutlich mehr als die Hälfte der Zeit ist seither verstrichen, und die bisher getroffenen Massnahmen grenzen an eine Katastrophe.

Die insgesamt 3.8 Kilometer Velorouten Zürichs der Kategorie A+ würden in Holland gar nicht als Veloweg durchgehen.

Die neue Lagerstrasse bezeichnet die Stadt als ein Highlight ihres Velonetzes und kategorisiert sie mit «A+». Die insgesamt 3.8 Kilometer Velorouten Zürichs der Kategorie A+ würden in Holland gar nicht als Veloweg durchgehen. Die Veloroute durch die Lagerstrasse ist in Wahrheit nur ein Schutzstreifen auf einer vielbefahrenen Strasse, der durch die neuen Parkplätze am Strassenrand auch noch ein Paradebeispiel für eine Dooring-Zone ist. «It’s just paint», sagen Holländer, wenn sie einen solchen vermeintlichen Veloweg sehen.

Die Zürcher Velofahrenden können nicht mehr länger auf eine sichere Veloinfrastruktur warten. Der alltägliche motorisierte Individualverkehr ist ein Konzept des vergangenen Jahrhunderts und muss weitestgehend aus der Stadt verschwinden. Nur schon deshalb, weil wir die minimalsten Klimaziele erreichen wollen. Einige aufgelöste Parkfelder und aufgemalte Schutzstreifen werden dazu nicht reichen. Die Stadt muss ihre Verkehrspolitik radikal und sofort umdenken, denn jede*r Tote und Schwerverletzte im Strassenverkehr ist eine*r zu viel.

Was hältst du von der Veloinfrastruktur in Zürich? Sag es uns unten in den Kommentaren.

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