Steuersenkung Kanton Zürich

Wenn du im Kanton Zürich wohnst, bezahlst du bald weniger Steuern

Der Zürcher Kantonsrat hat den Steuerfuss um drei Prozentpunkte auf 95 Prozent gesenkt – die grösste Reduktion seit 23 Jahren. Davon profitieren vor allem Gutverdienende.

Eine Person fährt auf dem Velo
Die letzte grosse Steuersenkung erfolgte von 2002 auf 2003 um fünf Prozentpunkte. (Bild: Claudio Schwarz / Unsplash)

Wer im Kanton Zürich lebt und steuerpflichtig ist, muss in den kommenden zwei Jahren weniger in die Staatskasse abgeben. Das hat der Kantonsrat am Montag beschlossen. Demnach wird der kantonale Steuerfuss von 98 auf 95 Prozent gesenkt. Das ist die grösste Reduktion seit mehr als zwei Jahrzehnten.

Die Debatte drehte sich vor allem darum, wer stärker entlastet werden soll: Linke Parteien und die EVP wollten den Steuerfuss unverändert lassen, Mitte und bürgerliche Parteien forderten eine Senkung, die Alternative Liste (AL) eine Steuererhöhung. Am Ende setzte sich der Vorschlag der Mitte, unterstützt von der Finanzkommission, durch: Der Steuerfuss liegt ab 2026 bei 95 Prozent.

Wer profitiert – und wer trägt die Last?

Insgesamt entlastet die Steuerreduktion die Zürcher Bevölkerung in den nächsten zwei Jahren um 492 Millionen Franken. Für viele Haushalte dürfte der Effekt allerdings gering ausfallen, wie konkrete Berechnungen für alleinstehende Personen ohne Vermögen zeigen: 

  • Einkommen 43’700 Franken: Ersparnis 78.65 Franken

  • Bei 73’000 Franken: 175 Franken

  • Bei 105’500 Franken: 284.85 Franken

  • Bei 188’700 Franken: 622.70 Franken

Die Steuerprogression sorgt dafür, dass höhere Einkommen deutlich mehr von einer Reduktion profitieren, während der Mittelstand wenig spürbare Vorteile erhält.

Das ist ganz im Sinne der Bürgerlichen. SVP-Politiker Tobias Weidmann sagte im Rat: «Steuersenkungen machen wir nicht für die breite Masse, das ist klar.» Zürich müsse für die «guten Steuerzahler:innen» attraktiv sein – jene, die den Grossteil der kantonalen Einnahmen tragen.  

Daten des kantonalen Steueramts zeigen: Im Jahr 2020 verdienten rund 19,4 Prozent der Steuerpflichtigen im Kanton Zürich 100’000 Franken oder mehr und trugen damit zu über zwei Dritteln des Steuerertrags bei.

Die linke Ratsseite warnte vor langfristigen Konsequenzen: Tobias Langenegger von der SP mahnte, dass Mindereinnahmen zu Finanzierungslücken führen könnten. Familien, Bildung, Prämienverbilligungen, öffentlicher Verkehr und frühkindliche Förderung würden darunter leiden, während Gutverdienende profitieren. EVP-Kantonsrat Markus Schaaf ergänzte, dass viele Haushalte nur wenige Franken im Monat spürten, etwa für einen Kaffee mehr.

Mit jedem Prozentpunkt verliere der Kanton rund 82 Millionen Franken Einnahmen, sagte Ernst Stocker, Finanzdirektor des Kantons Zürich. Mit den drei Prozentpunkten wird das ursprünglich geplante Defizit im Jahr 2026 von 125 Millionen Franken um weitere 246 Millionen Franken steigen.

Fünf Anträge zur Steueranpassung

Ausgangspunkt für die Debatte waren mehrere Anträge: SP, Grüne, EVP und Regierungsrat wollten den Steuerfuss bei 98 Prozent belassen. Die Finanzkommission und die Mitte plädierten dafür, den Steuerfuss um drei Prozentpunkte zu senken. SVP, EDU und FDP für 93 Prozent, die AL für eine Erhöhung auf 100 Prozent.

176 Kantonsrät:innen waren anwesend, das absolute Mehr lag bei 89 Stimmen. Wegen krankheitsbedingter Absenzen auf der linken Ratsseite kam es zu mehreren Abstimmungsrunden. Am Ende setzte sich der Mittelweg durch: Der Steuerfuss wurde auf 95 Prozent gesenkt.

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jenny

Bachelorstudium der Psychologie an der Universität Zürich und Masterstudium in politischer Kommunikation an der Universität von Amsterdam. Einstieg in den Journalismus als Redaktionspraktikantin bei Tsüri.ch. Danach folgten Praktika bei der SRF Rundschau und dem Beobachter, anschliessend ein einjähriges Volontariat bei der Neuen Zürcher Zeitung. Nach einigen Monaten als freie Journalistin für den Beobachter und die «Zeitung» der Gessnerallee seit 2025 als Redaktorin zurück bei Tsüri.ch.

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