Viel Gas, kaum Fernwärme: So heizt das Seefeld

Der Gebäudebestand im Seefeld ist relativ alt, der Bestand an Heizungen oft auch. Nicht zuletzt deshalb haben Mieter:innen oft Angst vor einer Heizungssanierung und der meist daraus resultierenden Mietzinssteigerung. Wir haben einen Heizungsinstallateur im Seefeld zu Heizsystemen und -sanierungen befragt.

Heizung
Foto: Sigmund / Unsplash (Bild: Sigmund / Unsplash)

Steht der Austausch des Heizsystems in einem Mehrfamilienhaus an, ist das nicht selten ein Grund für Angst unter den Mieter:innen. Denn Massnahmen zur energetischen Sanierung wie der Einbau einer nachhaltigen Heizung gelten im Mietrecht als wertvermehrende Investitionen. Mit diesen werden teilweise starke Mietzinserhöhungen gerechtfertigt, auch wenn die gesetzlichen Grenzen eigentlich eng sind: «Häufig wird zu viel berechnet», erklärt der Zürcher Mieter:innenverband auf seiner Website und rät, die Erhöhung überprüfen zu lassen.

Auch im Seefeld ist die Angst vor Heizungssanierungen nicht unerheblich, wie die Beiträge zu unserer Crowdrecherche bereits nach wenigen Tagen zeigen. Hier prallen im Zuge der Aufwertung zwei Welten aufeinander: Auf der einen Seite eine relativ alte Bausubstanz mit privater Eigentümer:innenstruktur und teilweise noch ziemlich günstigen Mieten. Auf der anderen Seite der Trend zu stark wertsteigernden Totalsanierungen oder gar zum flächendeckenden Abriss und Neubau von Mehrfamilienhäusern durch Immobiliengesellschaften, Versicherungsfirmen oder Pensionsfonds. Dazwischen steht die klimapolitische Notwendigkeit, sich möglichst zeitnah von fossilen Heizsystemen zu verabschieden.

Doch wie hoch ist der energetische Sanierungsbedarf im Seefeld wirklich? Wie wird hier bisher geheizt, welche Heizsysteme werden neu verbaut, und was passiert eigentlich bei einer Heizungssanierung? Wir haben uns wieder einmal die städtischen Statistiken angeschaut und ausserdem bei einem lokalen Heizungsinstallateur nachgefragt.

Wem gehört das Seefeld?

Wie heizt du im Seefeld? Hilf uns in nur wenigen Minuten dabei, mehr über den Mietmarkt und den Klimafussabdruck im Kreis 8 zu erfahren. Hier geht es zu unserer Crowdrecherche.

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Blick auf eine Bürowand der Rob. Meier Söhne AG. Foto: Steffen Kolberg

Andrija Djokic: Heizungsinstallateur im Quartier

Andrija Djokic ist Filialleiter bei der Rob. Meier Söhne AG in der Seefelder Dufourstrasse. Er arbeitet seit 20 Jahren im Heizungsbereich. «Wir sind im ganzen Raum Zürich aktiv», erklärt er. Gleichzeitig sei man im Quartier verwurzelt. Seit 1896 besteht die Firma, seit 1962 ist sie im Seefeld ansässig und inzwischen ein Tochterunternehmen der Hans Brun AG. «Wir machen Heizung und Sanitär, von Neubauten bis Renovationen und Sanierungen sowie kleinere Reparaturen und Servicearbeiten», erzählt er. Gerade im Seefeld, wo viele Liegenschaften noch Privateigentümer:innen gehören, seien sie als Familienbetrieb schnell bei den Leuten. «Bei manchen Grossunternehmen landet man ja erstmal bei der Supporthotline», meint Djokic: «Bei uns kommt es dagegen auch heute noch vor, dass Anwohner:innen vorbeikommen und fragen, ob man mal schnell mit rüberkommen und sich ein Problem ansehen kann.»

Den Trend zu Ersatzneubauten im Seefeld sieht er mit gemischten Gefühlen, wie Djokic erzählt: «Da hat man etwas vielleicht schon zehn Jahre betreut, und dann wird es abgerissen, das ist auf der einen Seite schade. Auf der anderen Seite schafft man Platz für etwas Neues. Und wenn man sich das Neue dann anschaut, fragt man sich manchmal: Passt das ins Quartier? Aber ich bin kein Architekt, ich kann das nicht beurteilen.» Er findet, man müsse immer auch nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis fragen: «Wenn man ein altes, marodes Gebäude hat, muss man sich schon fragen, ob sich eine Sanierung überhaupt noch lohnt.»

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So wird im Seefeld kaum noch geheizt: Cheminee in einer Villa an der Bellerivestrasse 1946. Heute steht dort ein Bürokomplex aus der 70er Jahren. Foto: Baugeschichtliches Archiv ETH, Wolf-Bender's Erben

Wie heizt das Seefeld?

Laut Statistik Stadt Zürich werden Stand 2020 im Kreis 8 noch 23 Prozent der Wohnungen mit Heizöl beheizt, im Quartier Seefeld ist es noch ein knappes Prozent mehr. Damit liegen Kreis und Quartier im städtischen Durchschnitt, der bei 23,6 Prozent liegt. Anders sieht es beim Gas aus, mit dem in Kreis und Quartier rund zwei Drittel der Wohnungen beheizt werden. In der ganzen Stadt ist es nur knapp die Hälfte. Bei Wärmepumpen liegen Kreis und Quartier wieder etwas über dem städtischen Durchschnitt von knapp neun Prozent.

Ein Problem des Kreis 8 beim Umstieg auf nachhaltige Energieträger ist der fehlende Anschluss an das Zürcher Fernwärmenetz. Während stadtweit knapp 17 Prozent der Wohnungen mit Fernwärme beheizt werden, sind es im Kreis 8 lediglich 0,1 Prozent. Und das wird sich zukünftig nur wenig ändern: Der Stadtrat hat erst kürzlich bekanntgegeben, dass das Fernwärmenetz in sechs Quartieren ausgebaut wird, so dass bis 2040 150’000 Zürcher Haushalte daran angeschlossen sein werden. Riesbach gehört aber, wie der angrenzende Kreis 7, nicht dazu. Statt der grossen Fernwärmenetze werden hier aber vermehrt kleinräumige Lösungen zum Einsatz kommen. Der «Seewasserverbund» der EWZ soll ausgebaut werden und bis Mitte des Jahrzehnts zumindest in Teilen des Seefelds eine Wärmeversorgung mit Wasser des Zürichsees ermöglichen. In Tiefenbrunnen plant auch Energie 360° eine solche Lösung für ungefähr 300 Liegenschaften.

Welche Heizungsanlagen werden aktuell im Seefeld verbaut?

Im Seefeld mache die Firma hauptsächlich Heizungssanierungen, so Andrija Djokic von der Rob. Meier Söhne AG. Denn der Gebäudebestand sei hier relativ alt, «und dann ist das natürlich irgendwann Thema.» Vor allem in den letzten Monaten hätten sich einige Eigentümer:innen für einen Heizungsersatz entschieden, und zwar häufig für den Eins-zu-Eins-Ersatz einer alten Gasheizung. Ein Grund dafür sei das neue kantonale Energiegesetz, das im letzten November von der Stimmbevölkerung angenommen wurde und voraussichtlich Mitte dieses Jahres in Kraft tritt: «Wenn man unter dem neuen Energiegesetz einen Gaskessel einbauen will, dann gibt es zusätzliche Auflagen, die man erfüllen muss. Zum Beispiel die Gebäudehülle, die Fenster oder das Dach zu sanieren. Das sind dann natürlich auch zusätzliche Kosten, die in diesem Fall auf die Hausbesitzer:in zukommen.»

Er empfehle niemandem, einen drei Jahre alten Gaskessel jetzt schon zu ersetzen: «Aber wenn der Kessel 20-jährig ist, würde ich einen Ersatz empfehlen. Denn dann hat man die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre Ruhe und einen finanziellen Puffer für die nächste Sanierung.»

«In einem Neubau habe ich einen Ölkessel mit Öltank noch nie eingebaut»

Andrija Djokic

Natürlich verbaue die Firma auch Wärmepumpen, «wenn die Möglichkeit dazu besteht.» Denn auch hier gebe es Auflagen für die Bewilligung, vor allem was die Schallemissionen angeht: «Ich kann eine Wärmepumpe natürlich nicht gerade beim Nachbarn unter dem Fenster aufstellen.» Wärmepumpen, die mit Erdsonden funktionieren und deshalb leiser als solche mit Luft oder Wasser sind, bekämen eher eine Bewilligung in Bereichen, in denen die Häuser nah aneinander gebaut sind. Wichtig sei beim Einbau einer Wärmepumpe auch der Kostenaspekt: «Bei einer Eins-zu-Eins-Sanierung sind wir inklusive Warmwasserkreislauf schnell bei Kosten von etwa 28’000 Franken. Bauen wir eine Wärmepumpe ein, sind wir schnell mal beim Doppelten.»

Um bei dieser Belastung durch Mehrkosten entgegenzukommen, hat der Kanton im Rahmen des neuen kantonalen Energiegesetzes eine deutliche Erhöhung der Förderbeiträge beim Umstieg auf ein nachhaltiges Heizsystem beschlossen.

Der Trend zur Wärmepumpe sei definitiv da, meint Djokic, vor allem bei Neubauten: «Da schaut man zuerst nach Fernwärme, sofern es dafür einen Anschluss gibt. Die nächste Option ist meist die Wärmepumpe mit Erdsonden. Erst dann wird manchmal noch zum Gas gegriffen, zu Öl fast nicht mehr.» Das mache man nur noch beim Ersatz in Ein- oder Mehrfamilienhäusern, die weder einen Fernwärme- noch einen Gasanschluss in der Nähe hätten und bei denen die Wärmepumpe nicht im Budget liege. «Aber in einem Neubau habe ich persönlich einen Ölkessel mit Öltank noch nie eingebaut», so Djokic.

Braucht es für den Austausch des Heizsystems eine Totalsanierung?

Während des Abstimmungskampfes zum kantonalen Energiegesetz wurde vielfach behauptet, der Einbau einer nachhaltigen Heizungsanlage erfordere die Totalsanierung einer Liegenschaft und damit den Auszug der Mieterschaft, weil zum Beispiel der Einbau einer Fussbodenheizung notwendig werde. Der Hauseigentümerverband HEV und die SVP hatten deshalb argumentiert, das schärfere Energiegesetz führe zu drastischen Mietzinserhöhungen durch hohe Renovationskosten und Neuvermietung nach der Sanierung.

Eine Totalsanierung sei beim Einbau einer Wärmepumpe jedoch «sehr selten», meint Heizungsinstallateur Djokic: «Aber es kommt immer wieder vor.» Denn eine Wärmepumpe sei durchaus effizienter bei einer Fussbodenheizung, weil sie dann regelmässiger und konstanter laufen könne. Sie sei aber in der Regel auch dazu geeignet, Radiatoren aufzuheizen, wenn man beim Heizungsaustausch noch zusätzliche Komponenten mit einbaue. «Man muss das individuell anschauen», so Djokic: «Nicht jedes Haus ist gleich. Und dann ist da immer die Frage: Was lässt sich mit dem veranschlagten Budget machen? Das ist ja nicht bei allen Eigentümer:innen nach oben offen, und eine Totalsanierung ist ein enormer Kostenfaktor.»

Wie merke ich, dass in meiner Liegenschaft die Heizung ausgetauscht wird?

«Die Mieterschaft wird bei einem Heizungsaustausch natürlich informiert», erklärt Djokic: «Wir machen das in Abstimmung mit der Verwaltung. Entweder übernimmt sie das oder wir.» Seine Firma mache das meistens über einen Aushang an der Türe, erzählt er: «Ausserdem legen wir einen Zettel mit allen wichtigen Daten und Telefonnummern in den Briefkasten.» Es habe sich bewährt, das wenige Tage im Voraus zu machen. «Wenn man das zwei Wochen im Voraus macht, klingelt schon am nächsten Tag das Telefon und die Leute fragen, wann wir denn anfangen. Meistens machen wir deshalb den Aushang am Mittwoch oder Donnerstag, wenn wir am Montag mit den Arbeiten anfangen.»

Heizsysteme werden normalerweise ausserhalb der Heizssaison im Sommer ausgetauscht. «Für die Mieter:innen kommt es zwischenzeitlich zu Warmwasserausfällen, ansonsten bekommen sie davon normalerweise nicht viel mit», meint Djokic. Es sei denn, die Vermieter:in entscheide sich dazu, die Ölheizung zu ersetzen: «Dann reisst man natürlich den alten Öltank raus, und das führt kurzzeitig zu Gestank im Treppenhaus.»

In einer früheren Version dieses Artikels wurde das Wärmeverbundnetz von Energie 360° nicht erwähnt. Das wurde nach einem Hinweis ergänzt.

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