Trotz geringer Chance: GLP-Kahriman will Stadtpräsidentin werden

Gemeinderätin Serap Kahriman von der GLP will Stadtpräsidentin werden. Obwohl sie an der Urne kaum Chancen haben wird, ergibt ihre Kandidatur trotzdem Sinn. Eine Analyse.

Serap Kahriman GLP-Gemeinderätin
Die GLP-Gemeinderätin will in den Stadtrat und auch das Stadtpräsidium erobern. (Bild: Kai Vogt)

Von allen Parteien hat sich die GLP am meisten Zeit gelassen mit der Frage, ob sie um das Stadtpräsidium kämpfen wird. Am Mittwoch gab Gemeinderätin Serap Kahriman in einem Interview mit der NZZ bekannt, dass sie kandidieren wird. 

Auch wenn sie an der Urne kaum Chancen haben wird, ist es ein logischer Schritt – dazu später mehr. 

Mit der Ankündigung von Kahriman ist das Kandidat:innenfeld für das Stadtpräsidium voraussichtlich komplett. Neben Favorit Raphael Golta (SP), kämpfen Përparim Avdili (FDP), Ueli Bamert (SVP) und eben Kahriman um die Gunst der Wähler:innen.

Etwas fällt besonders auf:

Die linken Parteien (SP, Grüne und AL) treten mit nur einem Kandidaten an, während die Bürgerlichen gleich drei Politiker:innen aufgestellt haben. 

Sichtbarkeit statt Erfolg an der Urne

Der grösste Erfolg der Bürgerlichen wäre es, Kronfavorit Raphael Golta in einen zweiten Wahlgang zu zwingen. Denn dass der SP-Kandidat am Ende gewählt wird, bezweifelt niemand.

Ein Rechenspiel: Damit Golta nicht im ersten Wahlgang bereits mehr als 50 Prozent der Stimmen erhält, müssen die drei Herausforderer:innen über das Wähler:innenpotenzial ihrer Partei hinaus mobilisieren. 

Angenommen, Avdili kommt auf rund 20 Prozent, Kahriman auf rund 15 und Bamert auf 10, fehlten dem bürgerlichen Lager noch 5 Prozent der Stimmen für den zweiten Wahlgang. Erreichen sie dieses Minimalziel, müssten sich die Bürgerlichen auf eine gemeinsame Kandidatur einigen und diesen dann geschlossen unterstützen. Dies ist zumindest im Moment kaum vorstellbar.

Warum also nehmen Avdili, Kahriman und Bamert trotz geringer Erfolgschancen die Mühen eines intensiven Wahlkampfs auf sich?

Dabei geht es vor allem um Sichtbarkeit: Wer für das Stadtpräsidium kandidiert, kriegt mehr Interviews, wird an mehr Anlässe eingeladen und kann mehr Spenden sammeln für den Wahlkampf. Dies hilft vor allem den Parteien im wichtigen Kampf um die Sitze im Gemeinderat. Und den Politiker:innen hilft es in ihrem Kampf um einen Sitz im Stadtrat.

Die Parteien setzen also auf ihre tollkühnsten Köpfe, damit diese als Zugpferde in den Wahlkampf stürzen. 

Das mit Abstand wahrscheinlichste Szenario ist allerdings die absolute Schmach der Bürgerlichen, weil sich diese nicht auf eine Kandidatur einigen konnten und nun die Stimmen von mitte-rechts auf drei Personen verteilt werden. 

Somit wird Raphael Golta im ersten Wahlgang Stadtpräsident – was für ein Triumph! – weil es die Bürgerlichen verbockt haben.

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simon

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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