Kritik von Rassismuskommission

GLP-Gemeinderat nach problematischen Tweets von Partei verwarnt

Der Zürcher GLP-Gemeinderat Ronny Siev postet in den sozialen Medien problematische Inhalte. Nach heftigen Diskussionen innerhalb der Partei wird der Politiker verwarnt. Er sagt: «Es war ein Fehler.»

Ronny Siev
Der Politiker hat sich entschuldigt, die Partei hat ihn verwarnt. (Bild: Tsüri.ch/Jenny Bargetzi)

Muslim:innen seien «Judenhasser» und der Islam ein «Todeskult». Das re-postete Ronny Siev, ein Zürcher Gemeinderat der Grünliberalen Partei (GLP), auf den sozialen Medien. Nun läuft eine Strafanzeige wegen möglicher Verstösse gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm, wie die Staatsanwaltschaft gegenüber Baba News bestätigt hat. 

Die Sekretariatsleiterin der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus (EKR), Alma Wiecken, ordnet für Tsüri.ch ein: «Mit diesen Aussagen werden pauschalisierende Zuschreibungen vorgenommen, die Muslim:innen stereotypisieren und sie als feindlich sowie gefährlich darstellen.» Solche Äusserungen würden dazu beitragen, «zwei von Diskriminierung betroffene Gruppen gegeneinander auszuspielen». Das erschwere es Jüd:innen und Muslim:innen in der Schweiz, gemeinsam gegen Rassismus und Antisemitismus kämpfen zu können.

«Tut mir leid, dass ich religiöse Gefühle verletzt habe»

Innerhalb der Zürcher GLP haben die verbreiteten Inhalte von Ronny Siev zu intensiven Diskussionen geführt, wie verschiedene Quellen gegenüber Tsüri.ch bestätigen. Am Dienstagabend wurde der Fall in einer Sitzung besprochen, Siev selbst war ebenfalls anwesend – und wurde von der Leitung verwarnt.

Im Namen der Partei bestätigt Nicolas Cavalli, GLP-Gemeinderat und Co-Präsident, auf Anfrage die Gespräche – sowohl innerhalb des Vorstands als auch in der Stadtpartei. Ronny Siev sei angehört worden; er habe sich dafür entschuldigt, mit seinen Aussagen unabsichtlich eine Religion verletzt zu haben. 

Dies wiederholt Siev auf Anfrage gegenüber Tsüri.ch: «Ich distanziere mich ausdrücklich von jeder pauschalen Diffamierung von Musliminnen und Muslimen.» Und: «Dass ich religiöse Gefühle unabsichtlich verletzt habe, tut mir sehr leid und war nie meine Absicht. Ich bereue, dass ich Posts retweetet habe, der Angehörige einer Religion in ein falsches Licht stellt. Das war ein Fehler.»

Auch die GLP distanziert sich klar von jeglicher Diskriminierung und allen Formen von Rassismus, sagt Cavalli: «Wir leben eine aktive Fehlerkultur in der Partei und haben Ronny Siev verwarnt. Solche Posts dürfen nicht mehr vorkommen.»

Doch was, wenn Siev weiterhin diskriminierende Inhalte verbreitet? Sollte dies wider Erwarten geschehen, würde parteiintern erneut das Gespräch gesucht und weitere Konsequenzen gezogen, so Cavalli. «Uns ist wichtig, die Hassspirale nicht weiter anzukurbeln.»

«Zunehmend Kräfte, die jüdisches Leben aus öffentlichen Raum verdrängen wollen»

Die Stiftung Gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA) verurteilt die entsprechenden Aussagen, begrüsst jedoch Siev’s Entschuldigung. Die GRA beobachte mit Sorge, «dass gewaltverherrlichende und polarisierende Rhetorik im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt zunimmt». In der Schweiz, insbesondere in der Stadt Zürich, würden jüdische Personen zunehmend aus dem öffentlichen Raum verdrängt. «In diesem aufgeheizten Umfeld bewegen sich auch politische Akteurinnen und Akteure wie Ronny Siev», heisst es von der GRA.

Auch innerhalb der jüdischen Community, der auch Ronny Siev gehört, sorgen seine Äusserungen für Irritation und Ablehnung. Mehrere Personen verfolgen seine Aktivitäten und die von ihm verbreiteten Inhalte schon seit Längerem und würden immer wieder antimuslimischen Rassismus feststellen. Sie wollen aus Angst vor negativen Reaktionen nicht namentlich erwähnt werden.

Anders Adina Rom, Gemeinderatskandidatin der SP. Ihr mache Sorgen, wenn bei Rassismus gegenüber Muslim:innen weggeschaut wird. «Bei solchen Äusserungen stelle ich mir immer vor, wie es wäre, wenn Ähnliches über uns jüdische Menschen gesagt würde?», sagt sie. «Der Aufschrei wäre wohl gross, und das zu Recht.» Rassismus und Ausgrenzung gegenüber allen Minderheiten müsse ernst genommen und konsequent bekämpft werden.

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simon

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Vize-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und Mitglied der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK) und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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Kommentare

jakdfso8uwe
17. Dezember 2025 um 14:53

Schon etwas erstaunlich wie die Partei im Vergleich zum Post von Sanja Ameti reagiert.