Wahlkampf 2026: So viel Geld haben die Parteien zur Verfügung
Auf Bundesebene gelten klare Regeln zur Transparenz der Parteienfinanzierung, nicht aber auf kommunaler Ebene. Tsüri.ch hat deshalb bei allen Parteien in Zürich nachgefragt, wie hoch ihre Budgets für den Wahlkampf 2026 ausfallen.
An den Litfasssäulen prangen die ersten Köpfe von Politiker:innen, in den sozialen Medien werden schon Parolen gestreut. Der Wahlkampf um die Gemeinde- und Stadtratswahlen 2026 nimmt langsam Fahrt auf.
Dafür suchen die Parteien über Crowdfunding-Kampagnen und Spendenaufrufe aktuell zusätzliche Gelder. Während die Alternative Liste (AL) seit Ende Oktober bereits 50'000 Franken gesammelt hat, kommen die Grünen mit rund 30'000 Franken seit Beginn dieses Monats langsamer voran.
Wie stark sind die Parteien auf solche Spenden angewiesen – und wie gross sind ihre Wahlkampfbudgets insgesamt? Nicht alle Parteien waren bereit, Auskunft zu geben.
Grüne bleiben zuversichtlich
Zwar haben die Grünen erst rund 60 Prozent ihres Spendenziels beisammen, doch sind sie optimistisch, die 50'000 Franken bis Ende November zu erreichen. «Erfahrungsgemäss gibt es bei Crowdfundings gegen Schluss immer noch viele Spenden», schreibt Eticus Rozas, Co-Präsident Grüne Stadt Zürich, auf Anfrage.
Zudem sei für die letzten Tage noch einiges geplant. Am Dienstag gab die Partei bekannt, dass jede Spende durch einzelne «Unterstützende» verdoppelt werde. Die Einnahmen aus dem Crowdfunding fliessen etwa in Flyer, Social-Media-Inhalte oder Veranstaltungen.
Insgesamt rechnen die Grünen für die Gemeinderatswahlen mit einem Budget von rund 160’000 Franken, für die Stadtratswahlen stehen zusätzlich 120’000 Franken zur Verfügung. Mit dem Geld sollen indirekt die Wahlkämpfe einzelner Kandidierenden unterstützt werden, beispielsweise durch die Produktion von Werbevideos.
Das gesamte Budget der Grünen setzt sich zu rund zwei Dritteln aus Spenden zusammen; das restliche Drittel stammt aus Mitgliederbeiträgen und sogenannten Mandatsabgaben – dem Anteil der Entschädigung, den Gemeinderät:innen an ihre Partei weitergeben.
SP mit grösstem Budget
Die AL rechnet mit einem deutlich kleineren Wahlkampfbudget von insgesamt 142’000 Franken. Davon stammen 62’000 Franken aus Spenden, 80’000 Franken aus Mitgliederbeiträgen und Mandatsabgaben. Zusätzliche Einnahmen aus der laufenden Spendenkampagne, die vor allem über Medien und Newsletter beworben wird, könnten das Budget noch erhöhen, wie Sekretär Christian Caspar auf Anfrage mitteilt.
Über den grössten Batzen aller transparenten Budgets verfügt die SP Zürich. Oliver Heimgartner, Präsident der SP Stadt Zürich und Gemeinderat, schreibt: «Die SP wird wohl etwas über 400’000 Franken aufwenden können.»
Dieser Betrag setze sich aus Mitgliederbeiträgen und Spenden aus den letzten dreieinhalb Jahren zusammen. Zudem steuerten die vier Kandidierenden für den Stadtrat je rund 25’000 Franken bei.
Die Grünliberale Partei (GLP) verfügt über ein Budget von insgesamt 280’000 Franken und liegt damit gleichauf mit den Grünen. Finanziert wird es «massgeblich aus Mitgliederbeiträgen und Mandatsabgaben», erklärt Nicolas Cavalli, Co-Präsident der GLP Stadt Zürich. Spenden würden insbesondere für die Kandidatur für das Stadtpräsidium von Serap Kahriman eingesetzt.
Der FDP «geht es nicht ums Geld»
Im bürgerlichen Lager ist einzig die Evangelische Volkspartei (EVP) transparent. Laut Sandra Galizzi, Gemeinderätin und Co-Präsidentin der EVP Stadt Zürich, investiert die Partei 91’000 Franken in den Wahlkampf.
Die übrigen bürgerlichen Parteien äussern sich nicht zur Höhe ihrer Mittel. Die Mitte erklärt, dass zum jetzigen Zeitpunkt «noch keine seriöse Aussage» über das Budget möglich sei, da es sich noch in Planung befinde.
Gemäss Ron Weinstock, Geschäftsführer der FDP Stadt Zürich, macht die FDP ihr Budget bewusst nicht öffentlich. «Uns geht es um Inhalte und nicht ums Geld», schreibt er als Begründung. Die Finanzierung der persönlichen Kampagnen hätten die Kandidierenden selbst zu tragen – «so wie es bei der FDP Tradition hat».
Die SVP nannte auf Anfrage weder Zahlen noch Gründe für die Geheimhaltung.
Zwei Vorstösse warten auf Umsetzung
Auf Bundesebene besteht bereits seit 2022 eine Pflicht für politische Akteur:innen, ihre Finanzierung offenzulegen. In Zürich warten zwei Vorstösse mit derselben Forderung auf ihre Umsetzung.
Eine parlamentarische Initiative im Kantonsrat – eingereicht von SP, GLP, Grünen, EVP und AL – sieht vor, dass Parteien sowie Wahl- und Abstimmungskomitees Zuwendungen über 10'000 Franken offenlegen müssen. Die Regelung soll für kantonale wie kommunale Wahlen und Abstimmungen gelten. Der Kantonsrat nahm die Vorlage 2021 trotz Widerstands von SVP und Teilen der FDP an.
Umgesetzt ist sie jedoch noch nicht. Sie liegt weiterhin bei der Kommission für Staat und Gemeinden, die offenbar die Erfahrungen mit der neuen Bundesregelung abwarten will. «Auf wann das Gesetz frühestens kommt, ist schwer abzuschätzen», sagt Rosmarie Joss, SP-Kantonsrätin und Initiantin des Vorstosses. Persönlich hoffe sie, dass es zumindest auf die kantonalen Wahlen im 2027 in Kraft sein wird.
Die Verzögerung betrifft auch eine Motion im Zürcher Gemeinderat, die Transparenzvorgaben auf städtischer Ebene fordert und 2022 an den Stadtrat überwiesen wurde. Da ein kantonales Gesetz die Stadt übersteuern könnte, schiebt der Stadtrat die Ausarbeitung bisher ohne klaren Zeitplan auf.
Transparenz stärkt Vertrauen
Laut der Politologin Sarah Bütikofer gebe es aus demokratiepolitischer Sicht gute Gründe für mehr Transparenz. «Studien zeigen, dass umfassende Information und der offene Umgang mit relevanten Daten das Vertrauen der Bevölkerung in das politische System tatsächlich fördern», sagt sie.
Welchen Einfluss höhere Wahlkampfbudgets tatsächlich haben, sei hingegen weniger eindeutig. «In einem demokratischen Rechtsstaat herrscht grundsätzlich die Auffassung, dass sich Wahlen nicht kaufen lassen», so Bütikofer.
Mehr Geld könne zwar den Bekanntheitsgrad von Kandidierenden erhöhen, doch würden die Menschen in der Schweiz nicht plötzlich jemanden wählen, der ihren Vorstellungen völlig widerspricht, nur weil dessen Kampagne sichtbarer ist. So seien die Möglichkeiten von Kandidierenden, Wählerstimmen allein über Sichtbarkeit zu generieren, begrenzt.
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Studium der Politikwissenschaft und Philosophie. Erste journalistische Erfahrungen beim Branchenportal Klein Report und der Zürcher Studierendenzeitung (ZS), zuletzt als Co-Redaktionsleiter. Seit 2023 medienpolitisch engagiert im Verband Medien mit Zukunft. 2024 Einstieg bei Tsüri.ch als Autor des Züri Briefings und Berichterstatter zur Lokalpolitik, ab Juni 2025 Redaktor in Vollzeit. Im Frühjahr 2025 Praktikum im Inlandsressort der tageszeitung taz in Berlin.