Rahel Habegger (SP): «Das Label ‹Menschenrechtsstadt› wäre möglich»

Die Stadt soll mehr kleine Häuser kaufen, Verkehrsschilder diverser gestalten und einen stärkeren Fokus auf Menschenrechte setzen: Die SP-Gemeinderätin Rahel Habegger verfolgt ein klares Ziel.

Habegger final
Rahel Habegger sitzt seit 2022 im Gemeinderat. Seither hat sie ganze 19 Vorstösse eingereicht – mehr als die meisten Mitglieder.

Manchmal sind es zwei, vielleicht auch drei – bei Rahel Habegger sind es gleich sieben Interessenbindungen, die auf der Website des Gemeinderats vermerkt sind. Neben ihrem Engagement in der SP, sowohl im Kreis 3 als auch auf städtischer Ebene, setzt sie sich für eine Vielzahl weiterer Projekte ein. Sie ist unter anderem im Verein Züri City Card und in der Regionalgruppe des Mieterinnen und Mieterverbands Zürich aktiv. Und nicht nur diese Liste ist ungewöhnlich lang.

Auch die Anzahl Vorstösse, die sie seit ihrem Einzug ins Stadtparlament 2022 eingebracht hat, ist bemerkenswert. Vergangene Woche reichte sie zusammen mit ihren Parteikolleg:innen Marco Denoth und Anjushka Früh eine Motion ein, welche die Stadt dazu auffordert, vermehrt kleinere Liegenschaften zu erwerben. Die Immobilienstrategie soll dadurch erweitert werden. «Das entspricht der Richtung, in die bereits stadtnahen Institutionen vorstossen», sagt Habegger.  

Auch in ihrem beruflichen Alltag bei der Rechtberatungsdienstleister AXA-ARAG hat sie mit Wohnpolitik zu tun. Dort leitet sie ein Team von knapp 20 Jurist:innen und Anwält:innen, die im Bereich des Vertrags- und Immobilienrechts arbeiten. Mit der Erhöhung des Referenzzinssatzes hätten sie sehr viele Rechtsfälle von Mietenden gehabt, die Unterstützung beantragt haben. Dann prüften ihre Mitarbeitenden jeweils, ob die Mietzinserhöhung korrekt ist oder ob man sie anfechten kann. «Es ist also ein Job, der sehr nah an den politischen Geschehnissen liegt», sagt Habegger. 

«Wir müssen dringend schauen, dass es nicht vor unserer Haustür zu Menschenrechtsverletzungen kommt.»

Rahel Habegger

Ende September präsentierte die SP-Politikerin den Bericht der Ombudsstelle zum letzten Jahr vor dem Rat. Als Vize-Präsidentin der Geschäftsprüfungskommission eine ihrer Aufgaben. Ein Schwerpunktthema im Bericht ist die Rolle der Stadt Zürich bei der Einhaltung und Stärkung der Menschenrechte. Dieses Anliegen möchte Habegger politisch weiterverfolgen. Eine Möglichkeit: Das Label der «Menschenrechtsstadt» zu erwerben, das zum Beispiel Graz hat. «Wir müssen  dringend schauen, dass es nicht vor unserer eigenen Haustür zu Menschenrechtsverletzungen kommt», sagt sie, etwa bei Polizeikontrollen, bei der Bewilligung von Demonstrationen oder bei der Barrierefreiheit.

Für Aufsehen sorgte zudem ein Postulat, das zwar eingereicht, doch noch nicht besprochen wurde. Darin fordert sie mit Kolleg:innen eine geschlechtergerechte und diversitätsbewusste Gestaltung der Verkehrssignalisation. Bisher werden vor allem männlich gelesene Personen darauf abgebildet. Das Anliegen wurde bereits bei der Einreichung medial aufgenommen. «Dies hat mich überrascht», so Habegger. Es sei nur ein kleines Mittel, das etwas bewegen könnte. Aber es brauche noch viele andere Massnahmen, um alle Menschen in Zürich sichtbar zu machen.

Mit zwei kleinen Kindern jongliert Habegger ihre politischen, beruflichen und ehrenamtlichen Verpflichtungen. Für Hobbys bleibe wenig Zeit. Ihre Rolle als Mutter prägt auch ihre Politik. «Dinge, die wir angehen oder eben nicht angehen, haben einen grossen Einfluss auf zukünftige Generationen.» Dies müsse der Gemeinderat bei seiner Arbeit unbedingt mitdenken.

Warum sind Sie Gemeinderätin geworden?

Ich bin sehr dankbar für das Leben, das ich gemeinsam mit meiner Familie in der Stadt Zürich führen darf. Deshalb empfinde ich es als meine Verantwortung, etwas zurückzugeben und aktiv dazu beizutragen, dass unsere Stadt für kommende Generationen lebenswert bleibt – oder sogar noch lebenswerter wird. Es ist mir wichtig, dass auch meine Kinder in Zukunft bezahlbaren Wohnraum in Zürich finden und Schulen besuchen können, die ihre persönliche Entfaltung fördern.

Mit welcher Ratskollegin oder welchem Ratskollegen von der politischen Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Ich könnte mit jeder und jedem von der Gegenseite ein gutes Gespräch führen. Irgendeine Gemeinsamkeit findet man immer, sei es im politischen oder im privaten Bereich. Besonders gerne würde ich jedoch mit Deborah Wettstein von der FDP etwas trinken gehen – vorausgesetzt, wir finden die Zeit dazu. Wir sind beide Mütter von kleinen Kindern und ich würde mich gerne mit ihr über ihre Vorstellungen zur Gleichstellung austauschen. Im Gemeinderat gibt es die Interessensgemeinschaft Frauen, bei der momentan leider niemand von der FDP mitmacht. Es wäre schön, sie dafür zu begeistern, Teil dieser Gruppe zu werden.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Die Abstimmung über den Üetlihof vor zwei Jahren ärgert mich bis heute. Es ging darum, dass die Stadt Zürich den grossen Bürokomplex der Credit Suisse erwerben wollte, um dort bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Wir hätten eigentlich eine Mehrheit gehabt, doch aufgrund von Abweichler:innen bei den Grünen und der AL wurde das Geschäft am Ende doch verhindert.

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