Neue Partei in Zürich? Das steckt hinter der «ZVP»

In Zürich gibt es eine neue Partei, die sich auch als «SVP-Frauen des Kantons Zürich» bezeichnet. Doch bei der SVP distanziert man sich klar von der «Zürcher Volkspartei».

Flaggen der Schweiz und des Kantons Zürich wehen im Wind
Die neu gegründete Partei gibt sich als Vertretung der SVP-Frauen des Kantons Zürich aus. Anders sehen das die städtischen und kantonalen Parteispitzen der SVP. (Bild: Unsplash/Peter Steiner)

Hat Zürich eine neue Partei? Am letzten Samstag habe die «Zürcher Volkspartei», kurz ZVP, ihre erste Mitgliederversammlung abgehalten, schreibt sie in einer Medienmitteilung

Dabei soll die Partei «aus den weiblichen Mitgliedern des bürgerlichen Lagers aus dem Kanton Zürich» bestehen. 19 Frauen seien Ende 2024 an der Gründungssitzung dabei gewesen. Als Präsidentin ist auf der Website Marion Tanja Müller eingetragen, selbst SVP-Mitglied und Schulpflegerin. 

Informationen über die anderen Frauen, die als Vorstandsmitglieder angegeben sind, sind schwer beizukommen, kaum eine von ihnen scheint politische Erfahrung zu haben. 

Auf den Fotos auf der Website sind gerade einmal zehn Frauen zu sehen, die sich am Samstag bei Zopf, Käse und Weintrauben in der «Röslischüür» getroffen haben sollen. Ansonsten werden in der dort aktuell vor allem Spiele der Frauenfussball-EM gezeigt. 

SVP-Spitze dementiert Zusammenarbeit

Auf der Website, die mit Stockfotos aus den Schweizer Bergen versehen ist, heisst es ausserdem: «Wir sind die SVP-Frauen des Kantons Zürich.»

Handelt es sich also um einen neuen Ableger der SVP? Das dementiert die Co-Präsidentin der städtischen SVP, Susanne Brunner. Sie sagt auf Anfrage, die SVP habe mit der neuen Partei nichts zu tun, Müller habe diese «im Alleingang und ohne Absprache» gegründet. Politisch gesehen habe die ZVP wenig Substanz. Also alles nur heisse Luft?

Marion Tanja Müller zeichnet ein anderes Bild: «Aus Respekt wurde die Gründung bei der Parteispitze der SVP vorgängig kommuniziert – schriftlich wie mündlich», gibt sie zu Protokoll und fügt an: «Wir bestreiten jegliche Vorwürfe einer Geheimhaltung des Projekts.» 

Co-Parteipräsidentin der städtischen SVP Susanne Brunner vorm Gemeinderat
Laut Susanne Brunner, Co-Präsidentin der städtischen SVP, gibt es keine Zusammenarbeit mit der ZVP. (Bild: Isabel Brun)

Doch auch Domenik Ledergerber, Kantonsrat und Parteipräsident der kantonalen SVP, stellt klar: «Die ZVP hat mit der SVP nichts zu tun.» Er erklärt: «Marion Müller ist vor einem Jahr mit der Idee einer Frauengruppe auf uns zugekommen. In der Folge haben wir aber bemerkt, dass sie auf der Website auch Fake-Personen aufgeschaltet hat, und ihr gesagt, dass sie sich damit in einer rechtlich schwierigen Sphäre bewegt.»   

Dann schien das Thema über längere Zeit erledigt – bis zur Medienmitteilung vom letzten Samstag. Konfrontiert damit, dass Müller sich auf der Website noch immer des SVP-Labels bedient, sagt Ledergerber: «Wenn das nicht aufhört, müssen wir uns rechtliche Schritte überlegen.»

«Wir sehen uns keineswegs als feministische Organisation»

Fakt ist: In der Schweiz und der Stadt Zürich lässt sich relativ einfach eine Partei gründen, eine Eintragung ins Parteienregister ist optional. Dadurch ist es möglich, lange Zeit ausschliesslich als Verein zu arbeiten. Kompliziert wird es erst, wenn es um die Teilnahme an Wahlen geht.

Das politische Programm der Neupartei ähnelt auf den ersten Blick jener der SVP. Im Internet fordert sie die «Aufhebung der Personenfreizügigkeit zur Entlastung der Überbevölkerung», die Bekämpfung von Cyberkriminalität und «keine Annäherung an die Europäische Union».

Zugleich wolle die Partei den Schutz vor Delikten an Frauen und Kindern erhöhen und höhere Strafen bei häuslicher Gewalt einführen. Also rechts und feministisch zugleich? Nein, sagt Marion Tanja Müller und betont: «Wir sehen uns keineswegs als feministische Organisation.» 

Vorstandsmitglieder ohne politische Erfahrung

Spurensuche: Als Vizepräsidentin der ZVP ist Lucia Müller angegeben. Die einzige Lucia Müller, die öffentlich der SVP angehört, stammt aus Ostermundingen bei Bern und ist seit acht Jahren nicht mehr in den Medien präsent. 

Eine weitere als Vorstandsmitglied aufgeführte Person sagt auf Anfrage: «Ich gehöre zu den SVP Frauen Kanton Zürich», weist jedoch öffentlich keine erkennbare Verbindung zur Partei auf.

Der Rest der Mitglieder kommt aus fachfremden Bereichen: Eine Person ist als «Beraterin für Atomenergie» tätig, eine andere hat sich kürzlich im Pflegebereich selbstständig gemacht. Politische Erfahrung oder eine erkennbare Anbindung an die SVP sind bei beiden nicht ersichtlich.

Marion Tanja Müller selbst beteiligte sich noch vor zwei Jahren gemeinsam mit der Co-Präsidentin der städtischen SVP Susanne Brunner an der «Tschüss Genderstern-Initiative» und ist Vorstandsmitglied der SVP Kreispartei 7&8. 

Auch dieses Jahr postete sie noch Bilder von SVP-Anlässen und Selfies mit Ueli Maurer, FDP-Stadtrat Michael Baumer und GLP-Gemeinderat Ronny Siev. 

Nun setzt sie allem Anschein nach zum Alleingang an und bezeichnet sich ohne Rückendeckung der SVP als Vertreterin der SVP-Frauen im Kantons Zürich. Offen bleibt, wie ernst Müllers politische Ambitionen sind – und wie die SVP auf die weitere Verwendung ihres Namens reagieren wird. 

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