Neue Parkplatz-Regeln in Zürich: Was lange währt, wird fast perfekt
Über Jahre zog sich die politische Erarbeitung einer neuen Parkkartenverordnung in Zürich hin. Nun ist ein Entwurf da – spürbar inspiriert von Paris oder Basel, aber auch mit einer Schwachstelle, schreibt unser Kolumnist Thomas Hug.
Eines vorweg: Was nach bösem Beamtendeutsch klingt, ist eines der bedeutendsten Gestaltungsinstrumente des öffentlichen Raumes. Es regelt die Nutzung von 310’000 Quadratmetern Strassenflächen in Zürich. Das entspricht einer Fläche von 14 Josefwiesen, 43 Fussballfeldern oder eben 31’000 Parkplätzen in der blauen Zone. Denn wer regelmässig in der blauen Zone parkieren möchte, braucht dazu eine Parkkarte.
Diese kostet heute dreihundert Franken pro Jahr. Ein läppischer Betrag, wenn man ihn mit den Kosten für private Parkplätze vergleicht, wo das teilweise schon für einen Monat fällig ist. Natürlich will sich dieses Schnäppchen kaum eine Person mit Auto entgehen lassen. Deshalb stehen die abgestellten Fahrzeuge heute vorzugsweise da, wo sie eigentlich nicht hingehören: Im öffentlichen Raum. Es ist schliesslich nicht die Aufgabe der öffentlichen Hand, für einen Aufbewahrungsort von Privatfahrzeugen sorgen zu müssen.
Ja, manchmal wünschte ich mir auch, dass ich meinen alten Stubensessel nicht im Estrich einlagern müsste, sondern auf der Strasse parkieren könnte – aber was wären das auch für Zustände, wenn die Strasse plötzlich von allen mit Stubensesseln zugestellt würde!
Ganz so weit geht die neue Parkplatzverordnung nicht: Das Strassenparkieren bleibt weiterhin möglich. Nicht wie in Tokyo, wo das gar nie erst in diesem Ausmass toleriert wurde. Wer in der japanischen Hauptstadt ein Auto kauft, muss zuerst nachweisen, dass man bereits über einen Parkplatz verfügt. Zuerst der Parkplatz, dann das Auto. So bleibt auch sichergestellt, dass nicht plötzlich die öffentliche Hand für einen Abstellraum für das Privatfahrzeug sorgen muss.
Die Zürcher Verkehrskommission hat aber trotzdem einen schlauen Kniff eingebaut: Einerseits erhält nur noch eine Parkkarte, wer keinen Parkplatz auf eigenem Grund hat. In Biel wurde diese Regelung bereits vor acht Jahren eingeführt, was die Anzahl verkaufter Parkkarten innert zwei Jahren um vierzig Prozent reduziert hat.
«Im Grundsatz ist es richtig, dass man dem Gewerbe eine Erleichterung schafft. In der Praxis droht nun aber noch mehr Ärger.»
Thomas Hug
Andererseits hat sich die Kommission an Paris ein Vorbild genommen. Seit Kurzem werden da für grössere Autos höhere Parkgebühren fällig – allerdings nur für auswärtige Autos. Zürich ist konsequenter, denn hier gilt für alle: Je schwerer das Auto ist, desto teurer wird das Parkieren.
In einer Zeit, wo Autos immer grösser werden, ist das ein unvermeidbarer Schritt – ein erster Schritt zum SUV-Blocker, wie ich ihn schon in einer früheren Kolumne gefordert hatte. Auch wenn etwas teurere Parkkarten nur ein Tropfen auf den heissen Stein sind, brechen sie hoffentlich die Welle an SUVs etwas.
Ein kleiner Wermutstropfen bleibt: Neu sollen gewerbliche Fahrzeuge auf dem Trottoir parkieren dürfen. Ein Zugeständnis an den Gewerbeverband, damit dieser nicht mit dem Referendum droht. Im Grundsatz ist es richtig, dass man dem Gewerbe so eine Erleichterung schafft. In der Praxis droht nun aber eine Regelung, die kaum kontrollierbar ist und zu noch mehr Ärger führt. Eine Verschärfung der heutigen Situation, die es nicht verträgt.
Stattdessen sollte sich die Kommission hier noch eine andere Stadt zu Herzen nehmen: Barcelona. In dezidierten Zonen darf nur vom Gewerbe parkiert werden, mit einer App müssen die Betriebe jeweils einchecken. Eine Lösung, die in Spanien gut zu funktionieren scheint.
Vielleicht braucht es dann ja nochmals ein paar Wochen mehr, bis die Parkkartenverordnung wirklich kommt. Aber wir wissen ja: Was lange währt, wird endlich gut.
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