Michele Romagnolo (SVP) will Wildparkieren von E-Scootern verbieten
Die linksgrüne Mehrheit im Rat streckt zu selten die Hand für Kompromisse aus, findet der SVP-Gemeinderat Michele Romagnolo. Seine Devise für die Stadt lautet: Mehr Ordnung und weniger «Zwängerei».
So wie es im Gemeinderat aktuell läuft, ist es für Michele Romagnolo untragbar. Seiner Ansicht nach fehlen echte Kompromisse. «Links und rechts können heute nicht gemeinsam an einem Tisch sitzen und die Probleme im Sinne des ‹Volkes› lösen», kritisiert der SVP-Politiker.
Die Ursache dafür sieht er in der linken Mehrheit, die seiner Meinung nach ohnehin durchsetzt, was sie will. «Ich möchte nicht sagen, dass wir von der SVP die Oberhand anstreben, aber wir wünschen uns eine ausgewogene Politik. Die bestehenden Probleme sollten gemeinsam angegangen werden.»
Die vorgelagerte Schwierigkeit: die Problemwahrnehmungen divergieren je nach Partei sehr stark. Während die Mehrheit im Rat die klimaneutrale Mobilität auf Kosten der emissionsintensiven fördern möchten, lehnt Romagnolo und seine Partei solche Massnahmen ab – so etwa den Abbau von Parkplätzen und die Reduktion von Tempo 50 auf 30 Stundenkilometer.
Zwar zeigt er Verständnis für Tempo-30-Zonen vor Schulen, jedoch nicht für eine ganztägige Beschränkung. «An vielen Orten wären auch Wechselschilder möglich, die dann nur Tempo 30 aufzeigen, wenn die Kinder in die Schule oder nach Hause gehen», sagt Romagnolo.
«Auf dem Schwamendingerplatz muss Ordnung geschaffen werden.»
Michele Romagnolo
Romagnolo arbeitete als Automechaniker, ist aber seit zwei Jahren pensioniert und widmet sich seither intensiver der Politik. Der gebürtige Italiener wuchs in Wil auf, lebt seit 1984 in Zürich und wohnt nun mit seiner Familie in Oerlikon. Neben seiner Rolle als Gemeinderat ist er auch als Vizepräsident der SVP im Kreis 12 aktiv.
Um die Aufenthaltsqualität in diesem Teil der Stadt zu verbessern, hat Romagnolo gemeinsam mit Frank Rühli (FDP) und Patrick Tscherrig (SP) ein Postulat eingereicht. Der Stadtrat soll prüfen, wie der Schwamendingerplatz – etwa durch neue Grünflächen, Spielplätze und Cafés – aufgewertet werden kann. Dass dieser Vorschlag von einem SVP-Politiker kommt, ist ungewöhnlich. Doch Romagnolo schafft den Spin zur Parteilinie: «Der Schwamendingerplatz ist derzeit kein Ort, an dem man sich gern aufhält, da es viele Randständige gibt. Hier muss Ordnung geschaffen werden.» Der Vorstoss wurde diesen Mittwoch dem Stadtrat überwiesen.
Bald steht ein weiterer Vorstoss von Romagnolo und seinem Parteikollegen Walter Anken zur Diskussion. Sie fordern, dass in der Stadt eigens Parkplätze für E-Scooter eingerichtet werden, damit diese nur noch dort abgestellt werden dürfen. «Wenn ich mit meinem Hund spazieren gehe, sehe ich viele E-Scooter herumliegen. Das ist ein Hindernis für Blinde und Mütter mit Kinderwägen», ärgert sich Romagnolo. Er sei nicht a priori gegen E-Scooter, doch auch hier brauche es mehr Ordnung. Wichtig ist ihm, dass die neuen Abstellplätze nicht auf Kosten von Autoparkplätzen geschaffen werden. Alles andere sei «linksgrüne Zwängerei».
Warum sind Sie Gemeinderat geworden?
Ich bin seit rund zehn Jahren Mitglied der SVP. Irgendwann beschloss ich, aktiver zu werden, da ich in meinem Umfeld häufig hörte, dass die Politik ohnehin mache, was sie wolle. Viele Menschen gehen nicht einmal mehr zur Wahl. Für mich wurde klar, dass es besser ist, selbst mitzugestalten, als hier tatenlos zuzuschauen. So kandidierte ich für diese Amtszeit und konnte im Herbst 2022 nachrücken.
Mit welchem Ratskollegen oder welcher Ratskollegin der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?
Da könnte ich mir mehrere Personen vorstellen. Besonders sympathisch finde ich Benedikt Gerth (Die Mitte). Mit ihm würde ich gerne ein Bier trinken gehen – und dabei muss man ja nicht zwangsläufig über Politik sprechen. Verschiedene Meinungen zu haben, finde ich übrigens gut. Sonst würde es ja langweilig werden!
Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten gefreut?
Besonders gefreut hat mich, dass wir die Situation an der Bäckeranlage verbessern konnten. Die SVP hat letztes Jahr mehrere Vorstösse gegen die offene Drogenszene eingereicht. Diese haben dazu beigetragen, dass auf dem Kasernenareal im Kreis 4 eine provisorische Kontakt- und Anlaufstelle für Drogenkonsumierende eröffnet wurde.
Und welches Ergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?
Nachdem die Zürcher Bevölkerung die Idee abgelehnt hatte, vorläufig Aufgenommenen den Zugang zu Stipendien zu erleichtern, äusserte sich Stadtrat Raphael Golta dazu in der NZZ. Er kündigte an, dennoch auf städtischer Ebene eine entsprechende Lösung durchsetzen zu wollen. Dass er dies im Alleingang entschieden hat, finde ich problematisch, da die Bevölkerung des Kantons das Anliegen zuvor abgelehnt hatte. Solche Dinge ärgern mich besonders.
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Medien. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Mittlerweile sind 1800 Menschen dabei und ermöglichen damit den Tsüri-Blick aufs Geschehen in unserer Stadt. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 2000 – und mit deiner Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für Tsüri.ch und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 8 Franken bist du dabei! Natürlich jederzeit kündbar.