Zürcher Parlament spricht mehr Geld für Tourismus-Branche

Neu kriegt der Verein für die Zürcher Tourismusförderung rund 1,3 Millionen Franken pro Jahr. AL und Grüne wehrten sich an der Gemeinderatssitzung vergeblich – sie hatten Bedenken wegen der Nachhaltigkeit.

Rosen beim Münsterplatz Brunnen
Zürich lebt vom Tourismus: Die Stadt verzeichnete im Jahr 2023 rund 7 Millionen Übernachtungen und 16,5 Millionen Tagesgäst:innen. (Bild: Christian Merz/Altstadtkirchen)

Das Parlament spricht mehr Geld für den Verein Zurich Tourismus. Dieser erhält neu für die Jahre 2025 bis 2028 je 1,3 Millionen Franken. Die Vorlage wurde gegen die Stimmen von AL und Grünen angenommen – begleitet von einer Debatte, die irgendwo zwischen PR-Sprech, Greenwashing-Vorwürfen und politischer Ratlosigkeit pendelte.

Die FDP zeigte sich begeistert: «Wir können nicht damit rechnen, dass jeden Tag ein Hollywoodstar ein Video von Zürich macht und viral geht», sagte Sabine Koch süffisant.

Ihre Partei findet: Wer Zürich als nachhaltige Destination vermarkten will, muss investieren – auch mit städtischem Geld. Immerhin besuchen jährlich rund 300'000 Personen die Tourist-Info im HB. 94 Prozent der Vereinsfinanzierung stammen aus privaten Quellen – ein starker Hebel also, so Koch. Sophie Blaser (AL) fand für die Tourismus-Organisation nur Spott:

«In den Broschüren wird gegendert, aber der Präsident redet nur von Männern.»

Sophie Blaser, AL

Dass dieser Präsident auch im Verwaltungsrat des Flughafens sitzt, gehe nicht zusammen mit den Nachhaltigkeitszielen von Zurich Tourismus. «Wir von der AL stehen nicht für eine Stadt mit mehr Tourismus. Darum lehnen wir dieses Geld ab.»

Die Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) verteidigte den Beitrag mit einem nüchternen Rückblick: Der Städtetourismus sei nach Corona eingebrochen – nun aber überraschend gut erholt. Der Anteil der Schweizer Gäste sei auf 38 Prozent gestiegen, die Aufenthaltsdauer habe zugenommen.

Die Grünen waren früher immer für die Beiträge, legten jedoch eine Kehrtwende hin. Urs Riklin begründete die neue Ablehnung ebenfalls mit der Klimakrise: Werbung in Fernmärkten passe nicht zu einer nachhaltigen Strategie. Die GLP ist zwar auch der Meinung, dass Tourismus nie nachhaltig sei, doch wenn die Stadt finanziere, können sie auch bei der Strategie mitentscheiden.

Und die SP? Sagte im Rat nichts, stimmte aber zu. Vielleicht, weil sie wusste, dass in der Debatte zwischen Wertschöpfung und Nachhaltigkeit nicht viel zu gewinnen ist.

Weitere Themen der Woche:

Nicht mehr Geld für Schulhaus-Provisorien beim Aemtler

Der Stadtrat wollte fast sechs Millionen Franken mehr für den Umbau des Aemtler-Schulhauses. Konkret für das Aufstellen von Provisorien, damit die Schüler:innen gemeinsam Mittagessen können. Von links und rechts gab es unterschiedliche Argumente, um den Antrag abzulehnen. Der Tenor: Zu teuer für ein kompliziertes und kurzfristiges Projekt. Die Einführung der Tagesschule wird sich damit im Aemtler verzögern, so der zuständige Stadtrat André Odermatt.

Gleichzeitig nahm der Gemeinderat hingegen ein Postulat der Grünen an: Die Stadt soll prüfen, ob die Provisorien gekauft statt gemietet werden – für 25 Millionen Franken. Der Clou: Gekauft könnten sie bei künftigen Projekten genutzt, oder als Spende weitergegeben werden.

Mehr Geld für Witikon

Für die städtische Wohnsiedlung «Harsplen» in Witikon hat der Gemeinderat einen Zusatzkredit von fast 10 Millionen Franken gutgeheissen – damit wird die Projektierung mit insgesamt 11,75 Millionen Franken weitergeführt und optimiert​. Allerdings wurde das Geld erst nach langer Diskussion gesprochen, einige im Rat stellten das Bauprojekt grundsätzlich infrage.

Gleichzeitig wurde ein SP-Postulat angenommen, das die geplante Anzahl Parkplätze (bisher 155) senken will​. Ziel: weniger Beton, tiefere Baukosten, günstigere Mieten – und ein Beitrag zum Netto-Null-Ziel. Ein zweites Untergeschoss für zusätzliche Parkplätze könnte damit entfallen. Urbaner Fortschritt mit ÖV-Anschluss.

Mehr Zeit für Solarstrom

Der Zürcher Stadtrat wollte für die Ausarbeitung eines neuen Vergütungsmodells für Solarstrom eigentlich sechs Monate mehr Zeit – bekommen hat er vom Gemeinderat aber nur die Hälfte: Drei Monate. Hintergrund ist eine Motion von Grünen und SP, die bessere Anreize für Photovoltaik auf Zürichs Dächern fordert. Der Stadtrat begründet seinen Antrag mit neuen Vorgaben des Bundes. Der Countdown läuft: Fristende ist nun im August.

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Simon Jacoby

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Lara. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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