In Zürich soll mehr umgebaut, statt abgerissen werden

Nach aktuellen Gesetzen werden Gebäude häufiger abgerissen, statt umgebaut. Dies will der Zürcher Gemeinderat ändern – dem Klima zuliebe.

Auch die Seebahn-Kolonie im Kreis 4 soll abgerissen werden, weil gesetzliche Vorgaben einen Umbau erschweren. (Bild: Isabel Brun)

Der Zürcher Gemeinderat hat zwei Postulate angenommen, die Umbauten gegenüber Neubauten attraktiver machen sollen. Ziel: Klimaschutz durch Ressourcenschonung.

Das erste Postulat von Jürg Rauser (Grüne) fordert, dass Private einfacher umbauen, statt neu bauen können. «Bereits geringe Änderungen lösen eine Flut von Auflagen aus. Schnell wird es kompliziert»​, so Rauser. Er fordert Erleichterungen bei Abstandsregelungen, Gebäudehöhen und Parkplatzerstellungs-Pflichten. Reto Brüesch (SVP) konterte: «Ob Bestand oder Neubau – das sollen die Eigentümer:innen entscheiden.»

Das zweite Postulat der AL verlangt, dass städtische Architekturwettbewerbe nicht nur Ersatzneubauten, sondern auch Projekte im Bestand zulassen. Patrick Maillard (AL) kritisierte: «Beim Ersatzneubau Salzweg wurde das ‹Bauen im Bestand› gar nicht erst zugelassen». Hans Dellenbach (FDP) unterstützte den Ansatz, mahnte aber, dass Neubauten nicht blockiert werden dürften.

Trotz SVP-Widerstand wurden beide Vorstösse mit grosser Mehrheit angenommen.

Effiziente Verwaltung

Nach langer Debatte hat der Zürcher Gemeinderat den Bericht zur Verwaltungsreform zur Kenntnis genommen und das Postulat der linken Parteien aus dem Jahr 2018 abgeschrieben.

Ziel war es, die Stadtverwaltung effizienter aufzustellen, Doppelspurigkeiten abzubauen und Querschnittsthemen wie Klima, Mobilität und Digitalisierung besser zu koordinieren. Denn nicht selten sind mehrere Departemente involviert, was die Abläufe verkompliziert und verlangsamt.

Der Stadtrat lehnt eine umfassende Reorganisation ab und setzt stattdessen auf schrittweise Anpassungen. Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) betonte: «Es ist eine Daueraufgabe, diese Prozesse zu verbessern. Wir wollen kein riesiges und aufwändiges Projekt, sondern gezielte und pragmatische Optimierungen.»

«Der Stadtrat ist nach wie vor sehr von sich überzeugt und weiss es selber eh am besten.»

Sophie Blaser, AL

Die SP begrüsst das Vorgehen, wie die Gemeinderätin Maja Kägi Götz erklärte: «Die Stadt Zürich ist ein grosser Apparat, aber er funktioniert gut. Die SP unterstützt das pragmatische, schrittweise Vorgehen des Stadtrats.»

Auch die GLP, vertreten durch Christine Huber, zeigte sich grundsätzlich einverstanden, fordert jedoch weiterhin wachsame Kontrollen bei den Reformen.

Kritik kam von der SVP, FDP und AL. Stefan Urech (SVP) war enttäuscht: «Der Stadtrat hat sich einen Gefälligkeitsbericht schreiben lassen. Es braucht Leute von aussen, die die Verwaltung aufräumen.» Auch Përparim Avdili (FDP) übte scharfe Kritik: «Das war ein Theaterschauspiel, leider ohne Happy End. Ein Alibi-Postulat hat ein Alibi-Gutachten ausgelöst – das ist nicht ernst zu nehmen.»

Sophie Blaser von der AL: «Der Stadtrat ist nach wie vor sehr von sich überzeugt und weiss es selber eh am besten.» Deshalb sei es wichtig, dass der Gemeinderat auch mitsprechen könne. Aktuell liegt die Kompetenz für die Verwaltungsorganisation beim Stadtrat.

Trotz unterschiedlicher Meinungen war das Ergebnis klar: Der Bericht wurde zur Kenntnis genommen, das Postulat abgeschrieben.

Weitere Themen der Woche:

  • Die Kündigungen der Sugus-Häuser stecken allen in den Knochen. ​​Der Gemeinderat hat gestern ohne Diskussion und einstimmig das Postulat von Reto Brüesch und Jean-Marc Jung (SVP) überwiesen. Es fordert detailliertere Daten zu Leerkündigungen, inklusive Eigentümergruppen und Bauperioden, sowie ein regelmässiges sozialräumliches Monitoring. Ziel ist es, Ursachen und Folgen von Entmietungen besser zu verstehen und sozialverträgliche Lösungen zu fördern​.
  • Jonas Keller von der SP ist neu im Gemeinderat. Er folgt damit auf seine zurückgetretene Kollegin Heidi Egger. Der Politiker mit Jahrgang 1987 vertritt den Kreis 11 und sitzt auch in der Geschäftsleitung der SP Stadt Zürich. Lustigerweise befand sich Keller während seiner ersten Sitzung in den Ferien, er wird nächste Woche erstmals anwesend sein.
  • Bei zukünftigen städtischen Bauten sollen Mehrfachnutzungen in Betracht gezogen werden. Dies fordert ein Vorstoss der SP und AL. Der Fokus auf Mehrfachnutzungen lohne sich bezüglich Diversität und Ressourceneinsatz, sagt Pascal Lamprecht von der SP – auch wenn es bei einigen Infrastruktur-Bauten natürlich kompliziert sein könnte. Die SVP stellte sich gegen den Vorstoss. Man solle nicht frühzeitig in die falsche Richtung abbiegen, sagt Jean-Marc Jung. Vieles werde bereits heute gemacht, zusätzlicher Aufwand sei nicht sinnvoll. Die Mehrheit sprach sich für das Postulat von Pascal Lamprecht (SP) und Tanja Maag (AL) aus; nur die SVP war dagegen.
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