Gemeinderat der Woche: Guy Krayenbühl (GLP)

Guy Krayenbühl ist Staatsanwalt und Experte für Umweltstrafrecht. Er ist aber auch Vertreter einer «Hedonisten-Generation» und überzeugter Liberaler. Ab nächstem Mai wird der GLP-Politiker voraussichtlich das Amt des Gemeinderatspräsidenten innehaben.

Guy Krayenbühl, GLP
(Bild: Steffen Kolberg)

Dass das von Guy Krayenbühl zusammen mit seiner Fraktionskollegin Carla Reinhard eingereichte Postulat für die Entwicklung eines ganzheitlichen Velokonzepts für die Innenstadt unwidersprochen an den Stadtrat überwiesen würde, war nicht zu erwarten. Wie bei den meisten Velo-Vorstössen gab es einen Ablehnungsantrag der SVP, das Postulat wird nun also an einem anderen Termin diskutiert.

Es ist Teil einer Reihe von Velo-Vorstössen der GLP, die in dieser Woche von der SVP vorläufig abgebremst wurden. Doch es ist das einzige, das Krayenbühl mit ausarbeitete. Der 55-jährige Vizepräsident des Gemeinderats ist im Kreis 1 aufgewachsen und findet dort die Velo-Infrastruktur an vielen Orten problematisch. Selbst die Befreiung des Limmatquais vom Autoverkehr sei «sehr unglücklich gelöst», meint er. «Ich will auch, dass unsere Stadträtin Simone Brander sich noch aufs Velo setzt», lacht Krayenbühl. Die SP-Politikerin und Vorsteherin des Tiefbauamts hatte einmal gesagt, dass sie in Zürich kein Velo fahre, weil es ihr zu gefährlich sei.

Das Velo ist nicht der politische Schwerpunkt von Krayenbühl, auch wenn er sich schon vor einigen Jahren für eine Velokampagne der Stadt präsentierte. Seine Vorstösse behandeln mal das städtische Personalrecht, mal Suchterkrankungen oder die Wohnsituation älterer Menschen. «Wenn mir etwas in den Fingern juckt, dann mache ich das», sagt er selbst. Sein Hauptleitbild sei dabei eine liberale Gesellschaftspolitik. In jungen Jahren habe er durchaus mit der Alternativen Liste geliebäugelt, erzählt er. Er bezeichnet sich als Vertreter einer «Hedonisten-Generation», der als Kind während der Jugendunruhen der 80er die Gummigeschosse auf der Strasse zusammengelesen und später in den 90ern die Früchte der damit losgetretenen Liberalisierung genossen habe: die Lockerung des Gastgewerbegesetzes, die neue Fülle an kulturellem Angebot, die besetzten Areale. Zur GLP habe ihn später eine Begeisterung für Gründungsmitglied Martin Bäumle gebracht; was er an der Partei schätze sei unter anderem die klare Haltung zu Themen wie Europa, Umwelt oder der Ehe für alle.

2015 kam er in den Gemeinderat, und nach Stationen in der Gesundheits- und Umwelt- sowie der Redaktionskommission wechselte er 2022 in die Geschäftsleitung. Ab nächstem Mai wird er als Gemeinderatspräsident voraussichtlich die Sitzungen leiten. «Ich stehe hinter unseren demokratischen Institutionen und mir ist wichtig, dass sie funktionieren», erklärt er seine Motivation: «Mein Ziel ist es, gute, interessante undrespektvolle Debatten zu haben.».

Als Experte für Umweltrecht bemüht sich Krayenbühl um eine Vernetzung und Harmonisierung zwischen Zürich, den anderen Kantonen sowie der Bundesebene in diesem Gebiet. Er setzt sich beispielsweise dafür ein, dass die Umweltämter volle Parteirechte bei Strafverfahren bekommen und so selbst am Verfahren aktiv teilnehmen können, ähnlich wie es das Zürcher Veterinäramt derzeit schon beim Tierschutzgesetz kann. In seiner beruflichen Karriere war der Staatsanwalt bereits in Fribourg und bei der Bundesanwaltschaft beschäftigt, studiert hat er in Genf und Zürich. «Ich finde es extrem wichtig, über den Tellerrand zu schauen», sagt er: Zürich sei nicht der Nabel der Welt.

Warum sind Sie Gemeinderat geworden?

Ich habe 2007 das erste Mal die GLP gewählt, wurde sodann 2009 ordentlicher Staatsanwalt der GLP und trat im selben Jahr der Kreispartei 1 & 2 der GLP bei. Ich begann, mich sodann in der GLP zu engagieren, wurde ihr Kreispräsident und rutschte schliesslich 2015 für Samuel Dubno in den Gemeinderat nach. Ich politisiere sehr gerne und finde, das Gemeinderatsmandat gibt einen wahnsinnig tiefen Einblick in die Funktionsweise unserer Stadt. Nun bin ich 1. Vizepräsident des Gemeinderats und freue mich darauf – so der Gemeinderat will – im nächsten Jahr die Debatten führen zu dürfen.

Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Es gibt für mich nicht wirklich eine Gegenseite, sondern verschiedene politische Ideen. Ich freue mich schon jetzt darauf, im nächsten Jahr am 15. Mai, wenn ich Gemeinderatspräsident werde, mit allen Mitgliedern einen Prosecco, Weisswein oder Gin Tonic zu trinken.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Es gibt immer wieder Abstimmungsresultate, die mich ärgern. Im Rat war das zum Beispiel kürzlich die Ablehnung einer Motion, die in gewissen Gebieten eine Aufzonung durch ein zusätzliches Stockwerk erlaubt hätte, ohne dabei gleich die Liegenschaft abreissen zu müssen. Das fand ich unvernünftig, denn wenn man mehr Wohnraum schaffen und gleichzeitig den Bestand schützen will, dann muss man Anreize schaffen. Was mich auf nationaler Ebene zum Beispiel aufgeregt hat, war die Mehrheit für das Minarettverbot. Aber Alhamdulillah haben wir ja schon eines in der Stadt Zürich.

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