Attila Kipfer (SVP): «Eine Meinung zu vertreten ist schwieriger geworden»

Attila Kipfer hat die Zürcher SVP zwischenzeitlich für die FDP in Horgen verlassen. Zurück im Rat setzt er sich für Sicherheit, Meinungsfreiheit und ein klassisches Familienmodell ein. Und tritt damit manchmal Leuten auf die Füsse.

Attila Kipfer (SVP)
Attila Kipfer hatte eine eher abenteuerliche Reise in den Zürcher Gemeinderat. (Bild: Jenny Bargetzi)

Attila Kipfer war bereits 2022 im Zürcher Gemeinderat für die SVP. Dann ist er nach Horgen gezogen und dort der FDP beigetreten. Im vergangenen Dezember konnte er im Stadtzürcher Gemeinderat nachrücken und begrüsst seine Kolleg:innen im Rat nun wieder als SVP-Politiker. Wie kommt dieser Sinneswandel?

«Ich bin, seit ich 16 bin, bei der SVP. Das ist meine politische Basis», sagt Kipfer. Nach Horgen umgezogen, sei er, um die Familie zu priorisieren, nicht für die Politik.

«Ich bin nicht weg von der SVP und dann direkt zu einer anderen Partei, sondern ich habe mich zwischenzeitlich wirklich auf die Familie konzentriert.» Seine Familie in Horgen, wo der SVPler auch aufgewachsen ist, sei sehr FDP-nah. So sei er dort auch bei den Freisinnigen gelandet. Als er in Zürich für den SVP-Gemeinderat Martin Götzl nachrücken konnte, habe er diese Chance wahrgenommen. «Ich bin nach Zürich und zur SVP zurückgekehrt.»

In den zwei Jahren, in denen er weg war, habe sich im Rat einiges getan, deshalb brauchte er einen Moment, um sich wieder einzuleben, so Kipfer: «Es ist ein anderes Rathaus, im letzten hatten wir ein Rednerpult, das gibt es nicht mehr.» 

«Zürich hat viel Potenzial, aber ich sehe auch viele negative Entwicklungen, die mich besorgen.»

Attila Kipfer (SVP)

In der Sitzung vom 5. März meldete er sich im Rat erstmals wieder zu Wort. Bei der Debatte zur Fansozialarbeit des FCZ als auch zum «sicheren Hafen» Postulat der SP. Ohne das Pult sei es schwieriger gewesen. «Ein wenig nervös war ich schon, aber ich mache das ja nicht zum ersten Mal.»

Politische Anliegen konnte er in der Zeit seit Dezember noch nicht umsetzen. Er arbeite daran, doch dazu könne er noch keine Stellung nehmen. «Wenn meine Fraktion grünes Licht gibt, werde ich in den kommenden Wochen mehr dazu sagen können.»

Neben seinem politischen Amt ist Kipfer als Wirtschaftsinformatiker bei einem Finanzinstitut für Online-Zahlungen tätig. Ausserdem macht der 38-Jährige gerade seinen Master in Wirtschaftsinformatik.

Als Gemeinderat motivieren ihn vor allem die klassischen SVP-Themen. «Zürich hat viel Potenzial, aber ich sehe auch viele negative Entwicklungen, die mich besorgen», sagt er.

Trotz Parteiwechsel ganz auf SVP-Linie

So kritisiert der Politiker beispielsweise, dass die Kinderbetreuung immer mehr in Schule und Hort ausgelagert werde, weil beide Elternteile zu 100 Prozent arbeiten müssten, um sich überhaupt ein Leben in Zürich finanzieren zu können. «Das klassische Familienmodell stirbt immer mehr aus. Da sehe ich einige Probleme auf uns zukommen», sagt er.

Auch «das Recht auf freie Meinungsäusserung und Sicherheit generell» würden ihm Sorgen bereiten. Wenn man Ansichten habe, die von «einer gewissen Grundhaltung abweichen», werde man häufig angefeindet. «Es ist heute in der Politik schwieriger, eine eigene Meinung zu vertreten.» 

Das merke er zum Beispiel, wenn er an Standaktionen der SVP in Oerlikon teilnehme. «Die Leute reagieren zum Teil aggressiv und beschimpfen mich.» Auch sonst in Zürich fühlt sich Kipfer zum Teil nicht mehr sicher.

Als Politiker könne er etwas dagegen unternehmen, «das ist der Grund, weshalb ich in den Gemeinderat zurückgekommen bin».

Dies sei der richtige Ort für ihn: «Ich habe schon in der Schule gemerkt, dass mich manche Themen politisch beschäftigen und ich wollte mich engagieren.» Damals sei national viel über die Personenfreizügigkeit diskutiert worden. «Ich habe mir Gedanken gemacht, was das für uns bedeutet.»

Er habe als Jugendlicher viele ältere Menschen erlebt, die «in Spunten geflucht haben über alles Mögliche. Ich wollte nicht einer von denen werden, die ein Leben lang nichts machen und dann unzufrieden sind».

Damit, dass er schon früh politisiert war, sei er bei seinen Mitschüler:innen aufgefallen. «Viele hatten noch keine richtige Meinung zu Politik, also war man tolerant gegenüber anderen Meinungen.» Diese Aufgeschlossenheit fehle heute oftmals: «Deshalb setze ich mich für die Meinungsfreiheit ein.»

Dabei sei er selbst jemand, der immer mal wieder aneckt. «Ich sage, was ich denke. Das ist eine wichtige und gute Eigenschaft, die auch Leute ausserhalb der Partei an mir schätzen.» Davon würden sich auch immer mal wieder Leute provoziert fühlen, aber: «Wenn man sich immer danach richtet, was andere Leute denken, wird man nicht glücklich im Leben.» Man solle sich selber treu sein, das sei generell sein Motto.

Warum sind Sie Gemeinderat geworden?

Zürich liegt mir sehr am Herzen und ich möchte dazu beitragen, dass Zürich grösser, schöner, besser und sicherer wird. Als Gemeinderat kann ich mich dafür einsetzen.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie am meisten gefreut?

Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Gemeinderat und da die SVP mit nur 14 Sitzen eher eine kleinere Fraktion ist, kommt es nicht häufig vor, dass wir Abstimmungen gewinnen. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich auch über kleine Erfolge umso mehr freue. Ich bin generell stolz auf die Gemeinderäte der SVP in Zürich. Weil sie der linken Übermacht die Stirn bieten. Auch wenn wir mal nicht gewinnen, lassen wir nicht locker und kämpfen weiter. 

 Ein Beispiel dafür ist die Abstimmung zum Verkehrsrichtplan, bei der wir überstimmt wurden. Nach der Niederlage hat die SVP die Initiative «Parkplatz-Kompromiss» mit-lanciert, die nun eingereicht wurde. Das werte ich auch als Erfolg aus dem Gemeinderat heraus und darauf bin ich sehr stolz.

Welches hat Sie am meisten geärgert?

Erst kürzlich haben wir über ein Postulat der SP abgestimmt, das Zürich zu einem «sicheren Hafen» machen und die Patenschaft für ein Sea-Eye-Schiff aufnehmen will.

Dass die Stadt mehr Flüchtlinge aufnehmen will, finde ich nicht gut. Dieses Geld könnten wir sinnvoller einsetzen, sodass es auch mehr dem Interesse der Bürger:innen entspricht. Aber da muss man halt durch, wenn man verliert.

Mit welcher Gemeinderätin oder welchem Gemeinderat der politischen Gegenseite würden Sie gerne ein Getränk nach Wahl trinken?

Also ich würde mein Glas Wein mit allen Leuten der Gegenseite trinken. Ich kann mit anderen Meinungen umgehen und habe keine Berührungsängste.

Ich würde mich gerne mal mit Moritz Bögli von der AL unterhalten. Er hat politisch eine ganz andere Meinung als ich, mich würden seine Beweggründe und persönlichen Erfahrungen interessieren. Ich finde es immer wieder interessant, wenn wir unsere Horizonte erweitern und unterschiedliche Ansichten kennenlernen.

Welcher ist Ihr liebster Stadtteil und warum?

Ich fühle mich sehr verbunden mit dem Kreis 11. Ich studiere und wohne dort. Ausserdem ist mein Vater in Oerlikon aufgewachsen. Der Kreis 11 ist meine politische Heimat, da gehöre ich hin.

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Sofie David

Sofies Begeisterung für die Medienbranche zeigt sich in ihren diversen Projekten: Sie leitete den Zeitungs-Kurs im Ferienlager, für die Jungen Jorunalist:innen Schweiz organisiert sie seit mehreren Jahren das Medienfestival «Journalismus Jetzt» mit. Teilzeit studiert sie an der ZHAW Kommunikation. Zu Tsüri.ch kam sie zunächst 2022 als Civic Media Praktikantin. 2024 kehrte sie dann als Projektleiterin und Briefing-Autorin zurück und momentan macht sie als erste Person ihr zweites Tsüri-Praktikum.

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