Gemeinderat erhöht Fansozialarbeitsbudget für den FC Zürich
Das Parlament hat einer Erhöhung des jährlichen Beitrags an die Fansozialarbeit des FCZ zugestimmt. Trotz Widerstand der Bürgerlichen wird der städtische Anteil nun fast verdreifacht.
Vielleicht lag es daran, dass die Gemeinderät:innen ihre Kräfte für den bevorstehenden feministischen Kampftag schonen wollten, oder vielleicht war es einfach das schöne Wetter, aber das meist antizipierte Traktandum wurde einiges gemässigter behandelt, als erwartet. Am Mittwochabend diskutierte der Gemeinderat über die Fansozialarbeit des FC Zürich und beschloss schliesslich, seinen Beitrag fast zu verdreifachen.
Doch von vorn.
Stadt baut Unterstützung für FCZ-Fansozialarbeit erheblich aus
Der Stadtrat beantragte beim Parlament für die Jahre 2025 bis 2028 einen Beitrag von jährlich 130`000 Franken für den Verein Fansozialarbeit des FC Zürich. Das sind 80`000 Franken mehr, als es früher pro Jahr jeweils gab.
Moritz Bögli (AL) präsentierte die Weisung und erklärte, dass die Fansozialarbeit der Prävention von Drogenkonsum und Fangewalt in der Szene dient. Mit der Budgetaufstockung solle das Angebot ausgebaut und ein Tutor:innenprogramm lanciert werden. In den letzten Jahren sei die Fangemeinde der Kurve um etwa 20 Prozent gewachsen und vor allem gebe es immer mehr Mädchen und junge Frauen in der Fanszene.
«Wenn es auch nur den Hauch eines Hinweises gäbe, dass der Verein etwas gegen Fangewalt tun kann, würde ich hier nicht nur zustimmen, sondern auch eine weitere Erhöhung vorschlagen. Doch diesen Hinweis gibt es nicht.»
Stefan Urech (SVP)
Widerstand gegen das Geschäft kam von der bürgerlichen Ratsseite. SVP und FDP stellten einen Ablehnungsantrag.
Stefan Urech (SVP) sagte, die Fangewalt sei ausser Kontrolle und «wenn es auch nur den Hauch eines Hinweises gäbe, dass der Verein etwas gegen Fangewalt tun kann, würde ich hier nicht nur zustimmen, sondern auch eine weitere Erhöhung vorschlagen. Doch diesen Hinweis gibt es nicht.»
Auch die FDP war gegen das neue Budget, obwohl sie im letzten Jahr gemeinsam mit der EVP/Mitte-Fraktion ein Postulat für ein «Vier-Säulen-Modell» gegen Fangewalt durch den Rat brachten – eine der Säulen ist die Prävention. Marita Verbali (FDP) erklärte diesen Widerspruch damit, dass ihre Partei nicht grundsätzlich gegen Fansozialarbeit sei. Bei dieser Weisung werde nun aber das Budget erhöht, ohne dass es konkrete Instrumente gebe, um die Effizienz der Arbeit zu messen. Die Bürgerlichen forderten deswegen auch, dass der Geschäftsbericht um ein Kapitel zu Fangewalt ergänzt und die Massnahmen im kommenden Jahr kontrolliert würden.
«Das Letzigrund am Samstagabend ist das grösste Jugendzentrum der Stadt.»
Raphael Golta (SP)
Der zuständige Sozialvorsteher Raphael Golta (SP) ging auf diesen Punkt ein und sagte, es sei schwierig, die Wirksamkeit von präventiven Massnahmen zu messen. Diverse Studien würden aber belegen, dass gerade Jugendarbeit Wirkung zeige. «Uns muss bewusst sein, dass das Letzigrund am Samstagabend, bezogen auf die Präsenz von Jugendlichen, das grösste Jugendzentrum der Stadt ist.» Und die Stadt Zürich müsse mit ihren Angeboten dorthin, wo die Menschen sind.
«Es hilft nichts, wenn man von der Fansozialarbeit fordert, dass in vier Jahren sämtliche Gewalt aus den Stadien verschwunden sein muss, weil sie sonst als gescheitert gilt.»
Luca Maggi (Grüne)
Und dann sprach er doch noch. Luca Maggi (Grüne), Sicherheitsverantwortlicher beim FCZ, schweigt oft, wenn es im Gemeinderat um Fangewalt geht. An diesem Mittwochabend aber ergriff er das Wort.
Maggi sagte, es sei wichtig zu unterscheiden, was die Fansozialarbeit leisten könne und was nicht. «Sie kann unter dem Siegel «FCZ» Leute abholen, die von anderen Stellen nicht mehr erreicht werden.» Die Mitarbeitenden der Fansozialarbeit könnten mit einzelnen Exponent:innen das Gespräch suchen und ihr Verhalten reflektieren. Sie könnten aber weder der ganzen Kurve vorschreiben, wie sie sich zu verhalten hätte, noch einzelne Gewaltvorkommnisse aus der Welt zaubern. Fansozialarbeit als Allheilmittel gegen Fangewalt zu verklären, helfe daher nicht weiter, sagte Maggi, «ebenso wenig, wie wenn man fordert, dass in vier Jahren sämtliche Gewalt aus den Stadien verschwunden sein muss, weil sie sonst als gescheitert gilt.»
Die Mehrheit des Rates sprach sich mit 83 Ja zu 33 Stimmen für die erhöhte Unterstützung aus und der Antrag von SVP und FDP auf eine Anpassung im Geschäftsbericht wurde abgelehnt.
5,8 Millionen für das GZ-Provisorium in Witikon
Um Treffpunkte für Jugendliche ging es bei auch der Diskussion über das Gemeinschaftszentrum (GZ) Witikon. Das GZ muss wegen Neubauplänen im Herbst 2026 die aktuellen Lokalitäten räumen. Bis der neue Ort 2029 bezugsbereit ist, beantragt die Sachkommission Sozialdepartement einen einmaligen Kredit von 5,8 Millionen Franken für ein Container-Provisorium.
«Der Spass kostet den Steuerzahler 5,8 Millionen Franken für zwei Jahre Provisorium.»
Michele Romagnolo (SVP)
Widerstand kam von Seiten der SVP. In erster Linie störte man sich dort am Geld, das für das Provisorium beantragt wird. «Der Spass kostet den Steuerzahler 5,8 Millionen Franken für zwei Jahre Provisorium», sagte Michele Romagnolo (SVP) und präsentierte den Rückweisungsantrag. Die Partei kritisierte ebenfalls, der Stadtrat habe nicht genügend nach anderen, günstigeren Alternativen geschaut.
Hier knüpfte das Votum von Ronny Siev (GLP) an. Er präsentierte einen Änderungsvorschlag. Und zwar könnte das Provisorium zwei- statt dreistöckig ausfallen, was die Rechnung gemäss seinen Kalkulationen um 20 Prozent reduzieren sollte.
«Der Rückweisungsantrag der SVP ist ein Schuss aus der Hüfte ohne Rücksicht auf das Quartier.»
Balz Bürgisser (Grüne)
Karin Stepinski (Mitte) wies einerseits den Vorwurf zurück, man habe nicht genügend nach Alternativen geschaut. Andererseits betonte sie die Relevanz des GZ für die Quartierbevölkerung. Witikon sei abgelegen und deswegen sei es sehr wichtig, einen Treffpunkt für die Bevölkerung zu haben – vor allem die Jugendlichen. «Gerade die sehr Jungen sollten am Abend nicht in die Stadt gehen, sondern besser im Quartier bleiben», sagt Stepinski.
Und was wäre eine Diskussion über Witikon ohne Mr. Witikon, Balz Bürgisser (Grüne). «Der Rückweisungsantrag der SVP ist ein Schuss aus der Hüfte ohne Rücksicht auf das Quartier», sagte Bürgisser. Witikon habe eine eine viel höhere Dichte an Jugendlichen als der Rest der Stadt und diese würden den Platz benötigen, der ihnen das Provisorium der Stadt zusagt. Bürgisser sprach sich deswegen auch gegen den Änderungsvorschlag der GLP aus, denn «darunter leiden hauptsächlich die Jungen.»
Schlussendlich sprach sich der Rat mit 102 Ja- zu 13 Nein-Stimmen für das Provisorium aus und billigte die 5,8 Millionen. Auch der Änderungsantrag der GLP hatte keine Chance.
Weitere Themen aus dem Rat
- Zürich soll «sicherer Hafen» für Geflüchtete werden: Links-Grün setzte sich mit 63- Ja zu 53- Nein-Stimmen für ein Postulat der SP, gegen den Widerstand der Bürgerlichen durch. Dieses fordert den Stadtrat auf zu prüfen, inwiefern Zürich ein «sicherer Hafen» für Geflüchtete werden kann. Dazu gehört auch die Frage, inwiefern die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten Menschen sichergestellt werden kann. Die bürgerliche Ratsseite sprach sich dagegen aus, weil das Postulat laut Samuel Balsiger (SVP) «illegale Migration» fördere und gemäss Ronny Siev (GLP) Kompetenzen vermische: Asylrecht sei Sache von Bund und Kanton.
- Mehr Sozialarbeitsstellen für die Zürcher Schulen: Ein Grünen-SP-Postulat fordert den Gemeinderat auf, eine Anpassung des Berechnungsschlüssels für die Stellen der Schulsozialarbeit vorzulegen. Neu sollen 900 statt 600 Schüler:innen auf das Angebot zurückgreifen können. Widerstand gab es von bürgerlicher Seite. Stefan Urech (SVP) sagte, er sei als Lehrer auch immer wieder mal froh um die Schulsozialarbeit, vor allem dann, wenn es um speziell herausfordernde Fälle ginge und beispielsweise die KESB eingeschaltet werden müssen. Urech sprach sich aber gegen das Postulat aus, da dies eine Institution aufblähe und aus jeder latent herausfordernden Situation einen Fall für die Sozialarbeit mache. Tamara Bosshardt (SP) entgegnete, dass es wichtig sei, die Schulsozialarbeit auszubauen, da dies die präventive Hilfe stärke, bevor Angelegenheiten zu einem akuten Problem werden. Anna-Béatrice Schmaltz (Grüne) meinte an die Adresse der SVP (und wohl auch im Zusammenhang mit der vorangegangenen Diskussion über Fangewalt): «Wenn es Ihnen heute wirklich darum ginge, etwas gegen Jugendgewalt zu unternehmen, dann würden Sie hier Ja stimmen.» Mit 101 Ja- zu 13-Nein-Stimmen kam das Postulat durch.
- Stadtrat bekommt mehr Zeit: Das Parlament gibt dem Stadtrat, konkret dem Hochdepartement mehr Zeit für die Teilzeitrevision des kommunalen Richtplans, damit dort ein Kapitel zu inklusiver Stadtplanung und -gestaltung aufgenommen werden kann. Stadtrat André Odermatt (SP) sagte dazu, das Anliegen, dass die Stadt Zürich inklusiv gestaltet und geplant werden soll, sei absolut berichtigt. Er beantragte eine Fristverlängerung bis im Sommer 2026, damit bei der nächsten Teilrevision geprüft werden könne, wie dies noch stärker verankert werden könne . Der Gemeinderat hiess die Fristverlängerung mit 101 Ja- zu 13 Nein-Stimmen gut.
Nina musste als Kind mit ihrer Familie zu oft umziehen und wahrscheinlich ist das der Grund, warum sie sich dem Lokaljournalismus verschrieben hat. Sie schrieb als freie Journalistin für die Zürichsee Zeitung, Bajour und jetzt für Tsüri.ch. Nina studierte Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaft an den Universitäten in Fribourg und Basel und verbrachte kurze Zeit in der Medienforschung, wo sie unter anderem auch wieder Lokaljournalismus untersuchte. Seit 2021 ist Nina Mitglied der Geschäftsleitung bei We.Publish.