Gemeinderätin der Woche: Selina Walgis (Grüne)

Die Co-Fraktionspräsidentin der Grünen hat in nicht einmal drei Jahren bereits 27 Vorstösse zu unterschiedlichsten Themen eingereicht. Das habe auch mit ihrem Anspruch als Jungpolitikerin zu tun, so die 30-Jährige.

Selina Walgis
(Bild: Steffen Kolberg)

Ganze 27 Vorstösse hat Selina Walgis in den nicht mal drei Jahren eingereicht, in denen sie im Gemeinderat sitzt. Ihre Produktivität erklärt sie damit, dass sie als Mitglied der Jungen Grünen in den Gemeinderat kam: «Gerade auch als Jungpolitikerin habe ich den Anspruch, viel mitzuwirken, zu beeinflussen und zu hinterfragen.» Sie arbeite gern mit anderen zusammen, wodurch oft Vorstösse entstünden. Diese wiederum decken die verschiedensten Themen ab. Für Gesprächsstoff sorgten vor allem die feministischen Anliegen, die sie mit in den Rat einbrachte. Zum Beispiel die Forderung nach kostenlosen Menstruationsprodukten in den öffentlichen Toiletten der Stadt, die sie zusammen mit ihrem Fraktionskollegen Urs Riklin stellte, die bezahlte Dispensierung bei Menstruationsbeschwerden für städtische Angestellte, die sie zusammen mit Anna-Béatrice Schmaltz einforderte, oder ihr Beschlussantrag für ein Genderwatch-Protokoll im Gemeinderat zusammen mit Marion Schmid (SP). Beim Thema Klimaschutz schaue sie vor allem, welchen Punkten noch zu wenig Beachtung geschenkt werde, erklärt die Co-Fraktionspräsidentin. Darauf setze sie dann den Fokus. So kümmerte sie sich in einem Vorstoss zusammen mit Nicolas Cavalli (GLP) um den CO2-Ausstoss der Schulmenus und fordert in einem aktuellen Postulat zusammen mit Fraktionskollegin Schmaltz eine Senkung der Treibhausgasemissionen beim Textilien-Konsum. Neben dem Klimaschutz sei auch die Bildung ein Kernthema von ihr, so die Primarlehrerin. Als sie als Klassenlehrerin in Schwamendingen tätig war, sei ihr bewusst geworden, vor welchen Herausforderungen Schüler:innen stehen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben und wie wichtig es für sie sei, gezielt unterstützt zu werden. Sie vertiefte sich in diesem Bereich, bildete sich zur Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache (DaZ) weiter und arbeitet nun als Förderlehrperson in diesem Bereich.

Chancengerechtigkeit sei ihr ein zentrales Anliegen, sagt sie. Aktuell will sie mit zwei Vorstössen erreichen, dass sich die Situation rund um die Kurse in heimatlicher Sprache und Kultur (HSK), die fremdsprachige Kinder besuchen können, verbessert. Die kürzlich veröffentlichten Umfragen, nach denen sich eine Mehrheit der Zürcher:innen eine Abkehr von integrativen Klassen zugunsten von Kleinklassen wünscht, findet sie «spannend»: «Das zeigt mir, dass es nicht selten Situation gibt, die belastend für Kinder, Eltern und Lehrpersonen wahrgenommen werden und dass es mehr finanzielle und personelle Ressourcen braucht, um flexibel auf Herausforderungen reagieren und die Schüler:innen individueller fördern zu können.» Seit dieser Legislatur ist die 30-Jährige Teil der Geschäftsleitung des Gemeinderats. Dort stehe aktuell die Überarbeitung der Entschädigungsverordnung für die Ratsmitglieder an. «Ich setze mich dafür ein, dass darin die Vereinbarkeit von Familie und Beruf berücksichtigt wird», so Walgis: «Und dass sich mehr Menschen das Gemeinderats-Mandat finanziell leisten können.»

Warum sind Sie Gemeinderätin geworden? Weil ich mich politisch für Chancengerechtigkeit und Klimaschutz einsetzen wollte, bin ich vor rund acht Jahren bei den Jungen Grünen aktiv geworden. Die Chance, für die Jungen Grünen zu kandidieren, habe ich genutzt und bin Verlaufe der vergangenen Legislatur für Katharina Prelicz-Huber nachgerückt. Ich bin sehr dankbar dafür, im Gemeinderat zu sein und mich im Parlamet der Stadt Zürich für diese und weitere Anliegen einsetzen zu können. Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen? Mit Yasmine Bourgeois von der FDP. Wir vertreten oft gegensätzliche Meinungen. Spannend fände ich es, mich mit ihr über den Lehrpersonenmangel auszutauschen, welche Ansätze zur Verbesserung wir sehen und wo die gemeinsame Schnittmenge liegt. Auch andere bildungspolitische Themen würden Gesprächsstoff liefern. Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert? Mich enttäuscht immer wieder, dass die FDP zwar in der Theorie für Netto-Null ist. Wenn es aber um die konkrete Umsetzung geht, ist sie doch wieder dagegen. So hat sie beispielsweise beim Vorstoss von Anna-Béatrice Schmaltz und mir zur Sdenkung der Treibhausgasemissionen im Bereich der Textilien den Ablehnungsantrag gestellt. Ich hoffe, der Vorstoss wird dann doch noch dem Stadtrat überwiesen, denn rund acht Prozent der Klimabelastung durch Treibhausgasemissionen sind auf den Konsum an Textil- und Schuhproduktion zurückzuführen.

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