Simon Diggelmann: «Nach drei Legislaturen ist genug»

Seit über einem Jahrzehnt prägt SP-Gemeinderat Simon Diggelmann die Stadtpolitik in den Kreisen 4 und 5. Bald ist Schluss: Der 42-Jährige tritt nicht mehr zur Wahl an.

Simon Diggelmann
Simon Diggelmann sitzt seit 12 Jahren im Zürcher Gemeinderat. (Bild: Sofie David)

Simon Diggelmann sitzt seit 2014 im Zürcher Stadtparlament und wird bei den nächsten Wahlen im Jahr 2026 nicht mehr antreten. «Wenn ich nicht so viel Freude an der Arbeit hätte, hätte ich das nicht so lange gemacht», sagt er. Doch nun sei es Zeit, Platz für neue Gesichter zu machen. «Ich denke, nach zwölf Jahren, also nach drei Legislaturen, ist es genug», erklärt der 42-Jährige.

Politisiert habe Diggelmann kein einzelnes Ereignis, sondern die Überzeugung vom Milizsystem: «Dass wir uns mit der direkten Demokratie so stark einbringen können, ist ein enormes Privileg.» Seit er stimmberechtigt ist, habe er nur eine Handvoll Abstimmungen verpasst.

Besonders freut ihn rückblickend, was bei den Velowegen, beim Wohnen und in der Klimapolitik angestossen wurde. «Natürlich geht vieles immer noch schleppend voran. Aber in den letzten Jahren wurden wichtige Pflöcke eingeschlagen, auch mit Rückhalt in der Bevölkerung. Ich hoffe, dass die nötigen Mehrheiten auch nach der nächsten Wahl bestehen bleiben.»

Sofie David: Herr Diggelmann, wenn man im Internet nach Ihnen sucht, findet man wenig, aber einen NZZ-Artikel von 2019, in dem es um Ihre Doppelrolle bei der Stadt und im Parlament geht. Arbeiten Sie noch immer für die Stadt?

Simon Diggelmann: Ich habe noch denselben Job wie damals und würde alle Aussagen weiterhin unterschreiben. Ich habe nie verheimlicht, dass ich bei der Stadt arbeite. Wichtig ist für mich, dass ich auf beiden Seiten korrekt handle. Ganz zu Beginn habe ich mit meinem Arbeitgeber vereinbart, dass ich bei Abstimmungen, an denen ich als Projektleiter beteiligt war, in den Ausstand trete. Das sind nur wenige, und das System funktioniert gut.

Inwiefern hat sich der Rat innerhalb Ihrer Amtszeit verändert? 

Als ich in den Rat kam, gab es den Klimastreik noch nicht, und auch die feministische Bewegung war an einem anderen Punkt. Diese Themen haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Der Rat ist zudem jünger, weiblicher und offener geworden – es gibt mehr neue Ideen, mehr frischen Wind.

Ihr Parteikollege Marco Denoth meinte, die Stimmung habe sich verschärft, es gäbe beispielsweise mehr persönliche Angriffe. Stimmen Sie dem zu?

Das finde ich schwierig zu beurteilen. Politische Debatten wurden schon immer in einem härteren Ton geführt, vor allem beim Thema Verkehr sind die Fronten verhärtet. Wo ich Denoth zustimme, ist die Wortwahl: Kolleg:innen, die privat sehr umgänglich sind, treten im Rat plötzlich sehr konfrontativ auf.

Es geht dann nicht mehr um Argumente, sondern um Wirkung. Manchmal ist es auch ein Ablenkungsmanöver, wenn gute Argumente fehlen.

Seit 2014 haben Sie fünf Vorstösse und eine Anfrage eingereicht, andere Gemeinderät:innen haben in derselben Zeit zehnmal so viele.

Ich habe mich bewusst auf die Kommissionsarbeit konzentriert. Dort kann man nachhaltiger und vertiefter arbeiten. Die Anzahl von Vorstössen sagt wenig über deren Wirkung aus. In der Spezialkommission Finanzdepartement, wo auch das Thema Wohnen angesiedelt ist, haben wir etwa wichtige Projekte beraten wie beispielsweise die Kaufkompetenz vom Stadtrat, den Gegenvorschlag zur Wohninitiative der SP oder jüngst die Verordnung zu den preisgünstigen Wohnungen bei Aufzonungen.

Kürzlich hat uns allerdings die Stadt bestätigt, dass sie vom Vorkaufsrecht gar nicht so sehr profitieren würde, da die Ressourcen bereits jetzt ausgereizt sind.

Trotzdem bleibt das Vorkaufsrecht ein wichtiges Puzzleteil in der Wohnpolitik. Ressourcen sind insbesondere eine Frage des politischen Willens, man darf das Wohnthema nicht einfach den Privaten überlassen. Immobilien sind immer eine gute Investition. 

Der Fehlschluss der FDP ist es, dass sie meinen, wenn man mehr baut, werden die Mieten günstiger. Die Abstimmung zum Vorkaufsrecht kommt im Herbst zur Abstimmung und ich bin sicher in der Stadt wird es eine hohe Zustimmung geben, es wäre ein wichtiger Pfeiler in die richtige Richtung.

Mit welcher Gemeinderätin oder welchem Gemeinderat der politischen Gegenseite würden Sie gerne ein Getränk nach Wahl trinken?

Mit Stefan Urech von der SVP würde ich vor dem nächsten Fussball-Derby ein Bier trinken. Er ist Fan vom GC und ich vom FCZ. 

Welches Abstimmungsergebnis im Rat hat Sie am meisten geärgert?

Mich hätte es zwar eh nicht mehr betroffen, doch die Abstimmung zur Entschädigungsverordnung hat mich geärgert. Das Parlament entschädigt seit 30 Jahren gleich. Eine Anpassung wäre also durchaus angebracht.

Nun werden Sie sich nicht noch einmal zur Wahl stellen. Wie geht es weiter? Wollen Sie weiter Politik machen?

Das sehen wir dann. Zunächst einmal werde ich die zusätzliche Freizeit geniessen.

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Sofie David

Sofies Begeisterung für die Medienbranche zeigt sich in ihren diversen Projekten: Sie leitete den Zeitungs-Kurs im Ferienlager, für die Jungen Jorunalist:innen Schweiz organisiert sie seit mehreren Jahren das Medienfestival «Journalismus Jetzt» mit. Teilzeit studiert sie an der ZHAW Kommunikation. Zu Tsüri.ch kam sie zunächst 2022 als Civic Media Praktikantin. 2024 kehrte sie dann als Projektleiterin und Briefing-Autorin zurück und momentan macht sie als erste Person ihr zweites Tsüri-Praktikum.

Sophie Wagner

Ausbildung als Polygrafin EFZ an der Schule für Gestaltung in Bern und aktuelle Studentin Kommunikation mit Vertiefung in Journalismus an der ZHAW Winterthur. Einstieg in den Journalismus als Abenddienstmitarbeiterin am Newsdesk vom Tages-Anzeiger, als Praktikantin bei Monopol in Berlin und als freie Autorin beim Winterthurer Kulturmagazin Coucou. Seit März 2025 als Praktikantin bei Tsüri.ch

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