Keine Vision, keine Kante

Zürcher Wahlumfrage zeigt: Rykart hat ein grosses Problem

Die Zürcher Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart steht vor einer unsicheren Wiederwahl 2026. Ihre zurückhaltende Haltung in Krisensituationen und das Fehlen einer klaren Vision für die Polizei könnten ihr den Sitz im Stadtrat kosten. Ein Kommentar.

Karin Rykart Grüne Stadträtin Polizei
Die grüne Sicherheitsvorsteherin hat ihre Wiederwahl nicht auf sicher. (Bild: Nina Graf)

Karin Rykart hat den undankbarsten Job im Zürcher Stadtrat. Als linke Polizeichefin kann sie es niemandem recht machen. Die Bürgerlichen wünschen sich mehr Repression (kürzlich gegen Linksautonome und Drogensüchtige), die Linken fremdeln ganz grundsätzlich mit der Polizei. 

Dieses Dilemma könnte Karin Rykart (Grüne) bei den kommenden Wahlen im März 2026 einholen, wie eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Tsüri.ch zeigt. 

Zwar steht Rykart aktuell auf dem neunten Platz, wird aber von allen anderen Bisherigen überholt und selbst die Neukandidierenden Balthasar Glättli (Grüne), Céline Widmer (SP) und Tobias Langenegger (SP) sind bei den Wähler:innen, Stand Oktober, beliebter als sie. 

Dass die Bürgerlichen grundsätzlich keine linken Kandidierenden wählen: geschenkt. Was Rykart aber Sorge bereiten sollte, ist, dass sie vom linken Block, der jeweils geschlossen alle Kandidierenden von AL, SP und Grüne wählt, fallen gelassen wird. 

Rykart übernimmt keine Verantwortung

In der aktuellen Wahlperiode gibt es einige Beispiele, mit welchen Rykart ihre linken Wähler:innen verärgert hat. Beispielsweise greifen ihre Polizist:innen bei gewissen Demonstrationen sehr hart durch oder rückte kürzlich die Polizei nicht aus, als eine Frau in einem Tram blutig geschlagen wurde. Die Erklärung: Zur gleichen Zeit waren bereits alle Einsatzkräfte im Einsatz. 

Die Sicherheitsvorsteherin betont in solchen Situationen jeweils, es sei nicht ihre Aufgabe, operative Entscheide zu treffen. Statt selbst Verantwortung zu übernehmen, verweist Rykart auf ihren Kommandanten. Eine andere beliebte Strategie: schweigen und hoffen, dass das Problem versandet. 

Doch die Stadtbevölkerung hat eine linke Politikerin in die Regierung gewählt und erwartet daher auch klare Kante, wenn es mal schlecht läuft. 

Eine politische Vision, wohin Rykart das Sicherheitsdepartement entwickeln will, fehlt. Beispiele dafür, wie eine solche aussehen könnte, gäbe es viele: eine Polizei ohne Gummigeschosse, ohne Racial Profiling und mit einer klaren Strategie gegen häusliche Gewalt und Femizide.

Diese Zurückhaltung und die fehlende Durchsetzungskraft gegenüber der operativen Polizeiführung könnten Rykart nun zum Verhängnis werden. Will sie in fünf Monaten wieder gewählt werden, muss sie ihren Wähler:innen ein glaubhaftes Angebot machen und aufzeigen, welche Polizei sie für Zürich will. 

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simon

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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Kommentare

Markus
29. Oktober 2025 um 07:39

Trifft den Nagel auf den Kopf

Ich teile ihre Meinung im Artikel. Jeden Tag erlebe ich auf der Straße den Hass gegen die Velofahrenden. Dabei wäre eine Sensibilisierung der Autofahrer:Innen und vielleicht mal ein paar Kontrollen, wenigstens eine Durchsetzung eines Fahrverbots für Autos ein kleiner Schritt. Dass die Polizei lieber eine Besetzung verhindert, als einer englisch sprechenden Ausländerin gegen einen Angreifer zu helfen, ist nur ein weiterer Punkt der langen Liste von Rykarts Versäumnissen. Dazu kommen ungeklärte Sachen wie die thin blue line Vorfälle und wieder vermehrt unnötig hartes Durchgreifen bei Demos. Ich glaube nicht, dass Rykart überhaupt jemals eine Vision gehabt hat, daher hoffe ich, dass sie ersetzt wird, am liebsten wäre mir allerdings Dominik Waser.

Stephan Maier
29. Oktober 2025 um 06:49

leider etwas unseriös

Obwohl mich das Ergebnis als Grüner freut, ist die Umfrage leider unseriös. Die Bekanntheit von Kahrimann, Bamert und Avdili dürfte zum jetzigen Zeitpunkt viel zu gering sein, um ein repräsentatives Stimmungsbild zu erhalten.