Gemeinderätin der Woche: Karin Stepinski (Die Mitte)

Karin Stepinski fordert mehr Mädchen-Treffs und bedauert, dass der Eurovision Song Contest nicht in die Stadt gekommen ist. Zur Mitte-Partei fand sie durch Zufall.

Sie plädiert bei den Ausgaben der Stadt für Augenmass: Karin Stepinski. (Foto: Kai Vogt)

Lange Zeit wollte Karin Stepinski gar nicht in die Politik – ihr fehlte die passende Partei. Rückblickend wäre einzig die GLP für sie in Frage gekommen, doch diese gab es damals noch nicht. Zur Mitte kam sie schliesslich eher zufällig. Sie half 2018 dem CVP-Politiker Markus Hungerbühler bei der Kampagne für die Stadtratswahlen und ist dadurch bei der Mitte-Partei reingerutscht. Nun sitzt sie seit Herbst 2023 im Gemeinderat, als Nachfolge von Josef Widler. 

«Würde man meine politische Haltung mit der nationalen Mitte-Partei vergleichen, wäre ich wohl am linken Rand zu verorten. In der Stadt stehe ich aber wahrscheinlich genau in der Mitte», sagt Stepinski. Ihr politischer Schwerpunkt liegt besonders auf sozialen Themen.

In diesem Bereich hat sie im April zusammen mit Ruedi Schneider (SP) und Anna-Béatrice Schmaltz (Grüne) ein Postulat eingereicht, das den Stadtrat dazu auffordert zu prüfen, wie die soziokulturellen Angebote in der offenen Jugendarbeit für Mädchen durch Standorte für Mädchen-Treffs ausgebaut werden können. Das derzeitige Angebot der Offenen Jugendarbeit Zürich werde hauptsächlich von Jungs genutzt. Mädchen bräuchten ihre eigenen Räume, findet Stepinski.

«Jugendarbeit leistet auch einen wichtigen Beitrag zur Integration und gerade für Mädchen mit fremdem kulturellem Hintergrund ist die Teilnahme an gemischten Treffs vielfach keine Option.»

«Dadurch, dass der ESC in Basel stattfindet, entgeht der Schweiz Wertschöpfung.»

Karin Stepinski

Passend dazu ist Stepinski auch Mitglied in der Sachkommission Sozialdepartement. Dort plädiert sie für Augenmass bei den Ausgaben. Ihr Leitspruch: «Der Stadt Zürich geht es sehr gut und wir müssen auch schauen, dass das auch so bleibt.» 

Angesprochen auf ihre politischen Pläne im Gemeinderat, nennt sie zweierlei. Einerseits wolle sie sich noch stärker für die finanzielle Entlastung der Eltern bei der familienergänzenden Kinderbetreuung einsetzen, denn mit den steigenden Mieten und Krankenkassenprämien werde es für Familien in Zürich nicht einfacher. Andererseits will sich die Altstetterin dafür einsetzen, dass die im Kreis 9 vermehrt leerstehenden Bürogebäude schneller und unkomplizierter zu Wohnungen umfunktioniert werden können.

Was sie ausserdem sehr bedauert: Dass der Eurovision Song Contest in Basel und nicht in Zürich stattfindet. Dadurch entgehe der Schweiz die Wertschöpfung: «Die Besucher:innen übernachten dann in Deutschland oder Frankreich. Ich finde, der Event hätte nach Zürich gehört», sagt die Mitte-Politikerin. 

Neben ihrem Amt im Gemeinderat ist Stepinski Kreisparteipräsidentin der Kreise 3 und 9 und arbeitet bei der katholischen Kirche St. Peter und Paul im Sekretariat. Sie ist Mutter von zwei Söhnen, spielt in der Freizeit Harfe und kümmert sich um das Einfamilienhaus und den Hund. Grössere politische Ambitionen hat die Stadtzürcherin derzeit nicht. «Der Gemeinderat ist enough for me», so Stepinski. 

Warum sind Sie Gemeinderätin geworden?

Die Zürcher Jugendunruhen prägten meine Kindheit und die offene Drogenszene war das Politikum meiner Jugend. Eigentlich wollte ich nie einer Partei beitreten, da mir keine richtig passte, aber zuhause wurde immer politisiert. 2018 wurden bei der Mitte-Partei noch Listenfüller gesucht und so kandidierte ich eher zufällig. Die Partei erreichte in keinem Wahlkreis den Wähleranteil von fünf Prozent und war deshalb nicht mehr im Gemeinderat vertreten. Diese Niederlage weckte meinen Ehrgeiz. 

Mit welcher Ratskollegin oder welchem Ratskollegen der politischen Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Als Mitte-Politikern ist es mir wichtig, dass man nach jeder noch so heissen Debatte anschliessend gemeinsam ein Bier trinken kann und bis jetzt habe ich auch noch nichts anderes erlebt. Müsste ich jedoch wählen, würde ich gerne Samuel Balsiger (SVP) und Moritz Bögli (AL) auf ein Bier treffen, um mit ihnen über Migrationspolitik und die Zürcher Polizeiarbeit zu diskutieren. Ob ich dabei jedoch zu Wort kommen würde, weiss ich nicht.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert? 

Die kürzlich verabschiedete Teilverordnung über die familienergänzende Kinderbetreuung beinhaltet, dass die Stadt Zürich künftig mit einem zweistelligen Millionenbetrag die Löhne von Mitarbeitenden privater Krippenanbieter mitfinanzieren wird. Dies ärgert mein bürgerliches Herz sehr: Erstens wünsche ich mir als Mitglied einer Familienpartei der ersten Stunde, dass vor allem die Eltern unterstützt werden und jedes Familienmodell gelebt werden kann. Zweitens widerstrebt mir, dass die Stadt den Krippen mehr Vorschriften machen wird und die Arbeit privater Unternehmer staatlich lenkt. Drittens wird durch die höheren Löhne, die in Zürich bezahlt werden können, das Personal aus den eher unterversorgten Umlandgemeinden nach Zürich abwandern, in einen Markt, der bereits heute genügend Krippenplätze bereitstellt. Dies könnte fatale Auswirkungen haben.

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