Përparim Avdili ist der aufregendste Kandidat
Die FDP will mit ihrem Präsidenten den zweiten Sitz im Stadtrat verteidigen. Warum die Kandidatur von Përparim Avdili dem Wahlkampf guttun wird.
Die Zürcher FDP steht vor schwierigen Wahlen: Im kommenden März muss sie im Stadtrat den zurücktretenden Filippo Leutenegger ersetzen, wofür die Partei genügend Stimmen braucht. Schafft sie es nicht, haben die Bürgerlichen nur noch einen Sitz in der Regierung.
Angesichts der schieren Übermacht der Linken, ist dies eine anspruchsvolle Aufgabe, zumal die Konkurrenz auf der linken Seite stark ist: Neu wird voraussichtlich der ehemalige Grünen-Chef und Nationalrat Balthasar Glättli für einen dritten Sitz der Partei kandidieren.
Ihm am ehesten Paroli bieten kann Përparim Avdili, Präsident der städtischen FDP. Avdili ist seit sieben Jahren im Gemeinderat und ständig in den Medien – zum Beispiel, wenn seine Partei juristisch gegen die Critcal Mass oder andere linke Projekte vorgeht. Seit Mittwoch ist Avdili auch Stadtrats- und Stadtpräsidiumskandidat. Nun liegt es an ihm, dass die FDP ihren zweiten Sitz nicht verliert.
Neben ihm schickt die Partei den bisherigen Michael Baumer und die Gemeinderätin Marita Verbali ins Rennen. Baumer wird seinen Sitz wohl verteidigen können, auch wenn er in seiner Amtszeit bisher eher blass geblieben und in der Bevölkerung nicht sehr bekannt ist. Doch das Stimmvolk wählt in der Regel keine amtierenden Regierungsmitglieder ab. Dass die Partei einen dritten Sitz erobern will, grenzt an Grössenwahn.
Avdili muss besser sein als die schlechteste Kandidatur von Linksgrün
Avdili ist der aufregendste Kandidat für den kommenden Wahltermin. Er politisiert provokativ und wird wohl quasi im Alleingang den Wahlkampf aufmischen müssen – gegen die linksgrüne Harmonie. Für den amtierenden FDP-Präsidenten spricht auch seine gute Vernetzung innerhalb der grossen albanischstämmigen Diaspora. Von dort werden viele Stimmen zum FDP-Kandidaten gehen.
Bis vor Kurzem wäre es ohnehin undenkbar gewesen, dass der Zürcher Freisinn einen Secondo und eine Seconda nominiert. Mit diesem Ticket lässt die FDP die Diversitätspartei SP alt aussehen. Letztere hat sich erst vergangene Woche gegen die Nominierung von Mandy Abou Shoak entschieden (Tsüri.ch berichtete).
Doch ob es für den Einzug in den Stadtrat reichen wird? Die linksgrünen Wähler:innen werden ihre Leute wohl geschlossen auf den Zettel schreiben. Neben den stärksten Personen aus dem linken Lager hat es nur noch Platz für zwei andere: Andreas Hauri (GLP) und Michael Baumer (FDP).
Will Avdili weder Hauri noch Baumer verdrängen, hiesse dies für ihn, dass er besser abschneiden muss als die schlechteste Kandidatur von Linksgrün. Nur dann schafft er den Sprung in die Regierung. Die Frage ist also: Wie gut kommt Glättli an? Und wie schneidet Rykart (Grüne) ab? Stibitzen die Grünen der FDP den zweiten Sitz weg? Oder kommt es anders und schlägt Avdili seinen eigenen Parteikollegen Baumer?
Grüne können der FDP gefährlich werden
Abgesehen von Wahrscheinlichkeiten müssten Avdili und seine FDP vor allem inhaltlich zulegen. Bisher bleiben ihre Positionen vage, sie sprechen von «Politikwechsel», haben für Probleme kaum konkrete Ideen präsentiert. Aktuell hängen Plakate in der Stadt, auf denen die FDP die linke Sicherheitspolitik in der Stadt kritisiert und verspricht, «Zürich befreien» zu wollen. Was genau damit gemeint ist, bleibt offen.
Das derzeit wahrscheinlichste Szenario: Die FDP verliert ihren zweiten Sitz – und Linksgrün baut mit Glättli seine Macht weiter aus.
Doch der eigentliche Kampf bei den nächsten Wahlen findet gar nicht um den Stadtrat statt, sondern um das Parlament. Dort ist die Mehrheit knapp. Gewinnen GLP, FDP, SVP und Mitte/EVP nur zwei Sitze hinzu, wären etwa bürgerliche Ideen wie Steuersenkungen plötzlich möglich. Und dafür könnte es durchaus hilfreich sein, dass neben dem unaufgeregten Baumer und der chancenlosen Verbali der umtriebige Avdili die Party aufmischt.
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An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.