Keine Bussen an der Langstrasse: Die Stadt knickt vor sich selbst ein

Wer an der Langstrasse das Fahrverbot missachtet, wird von der Stadt Zürich nicht mehr gebüsst. Damit sendet die Stadt ein fatales Signal, findet Simon Jacoby im Kommentar.

Von Januar bis Juni gab es eine 100-Franken-Busse, wer hier durchs Fahrverbot fuhr – damit ist Schluss. (Bild: Lara Blatter)

Seit einem Jahr ist ein Teil der Langstrasse autofrei – zumindest tagsüber. Wer sich nicht an das neue Fahrverbot hielt, wurde ab Januar 2024 gebüsst. Bis zu 500 Bussen pro Tag hat die automatische Kamera-Anlage ausgelöst. Allein im Januar spülte das 1,7 Millionen Franken in die Stadtkasse.

Damit ist Schluss. Wie das SRF Regionaljournal berichtet, hat die Stadt Zürich im Juni die Bussen-Anlage abgeschaltet – und sendet damit ein fatales Signal.

Korrekt ist, dass die bisherige Signalisation schlecht war. Es war nicht klar genug ersichtlich, um welche Uhrzeit und an welchem Abschnitt genau das Fahrverbot gilt. Insofern fühlten sich einige gebüsste Autofahrer:innen zurecht fast schon in eine Falle gelockt.

Aktuell beobachtet die Stadt Zürich die Situation und hat für das Jahr 2025 Änderungen in Aussicht gestellt. Das Ziel eines Fahrverbots darf nicht sein, möglichst viele Bussen einzutreiben. Eine Sanktionierung darf immer nur dazu dienen, eine Regel durchzusetzen. Darum ist es richtig, die Situation neu zu beurteilen.

Das Fahrverbot jedoch einfach aufzugeben, weil man keine verständlichen Schilder aufstellen kann, darf aber auch keine Option sein. Faktisch ist aber genau dies passiert. Das Verbot steht zwar noch, aber wenn der Verstoss nicht sanktioniert wird, ist es lächerlich. 

Die Idee ist gut, man hat nicht fertig geplant und scheint dann unfähig, rasch und gezielt auf das auftretende Problem zu reagieren. 

Diese Kameras sind nicht mehr in Betrieb. (Bild: Lara Blatter)

Leider ist es nicht das einzige Beispiel, wo die zuständige Abteilung der Stadt Zürich die geltenden Verkehrsregeln nicht durchsetzt. Dutzende falsch geparkte Autos werden nicht gebüsst, zu schnelles Fahren in 30er-Zonen wird nicht gebüsst und auf der Velovorzugsroute auf der Baslerstrasse stauen sich noch immer morgens und abends die Autos. 

Verlangt sind keine mutigen Entscheide, keine Pionierleistungen, sondern das schlichte Durchsetzen der aktuell geltenden Regeln. Statt zu handeln, beobachtet die Stadt viel zu oft und zu lang. 

Gerade im Verkehr wären klare und deutliche Umsetzungen der Stadt Zürich gefragt, denn die Strassen sind umkämpft und für alle schwächeren Verkehrsteilnehmenden gefährlich. Nicht zuletzt darum ist das Thema Verkehr neben der Wohnkrise die grösste Sorge der Zürcher Bevölkerung. 

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