Züritipp vor dem Aus, Kultur kämpft um Sichtbarkeit

Weil der Züritipp eingestellt werden soll, schlagen nun etliche Kulturhäuser Alarm. Sie sind besorgt um ihre Präsenz in der Öffentlichkeit. Gleichzeitig plant die Fachstelle Kultur den Ausbau eines kantonalen Kulturkalenders.

Schauspielhaus Tram
Der Züritipp soll eingestellt werden – und die Zürcher Kulturorte haben Angst, nicht mehr gesehen zu werden. (Bild: Kai Vogt)

Sie werden immer mehr: Mittlerweile haben bereits 61 Kulturinstitutionen den Appell gegen die Einstellung des Züritipps unterzeichnet. 

Nahezu alle grossen Museen, Theater, Kinos und zahlreiche weitere Zürcher Kulturstätten setzen sich für den Erhalt des Stadtmagazins ein, das Tamedia auf Ende Jahr plant einzustellen (wir berichteten). Gleichzeitig zeigen sie sich besorgt über die aktuelle Lage des Kulturjournalismus. Sogar Akteur:innen aus der Bar- und Clubszene sowie der Gastronomie unterstützen den Aufruf – auch sie sind darauf angewiesen, dass ihr Angebot von den Medien wahrgenommen und diskutiert wird.

«Ob eine Rettung des Züritipp möglich ist, können wir derzeit nicht abschätzen», sagt Inés Maloigne, Kommunikationsverantwortliche des Tanzhaus Zürich, das die Koordination des neuen Zusammenschlusses übernimmt. Es gelte nun, verschiedene Optionen zu prüfen. Fest stehe jedoch, dass man mit dem Aufruf gegenüber der Medienbranche, der Politik, der Öffentlichkeit und dem Publikum Stellung beziehen wolle. Die Institutionen blicken mit Sorge auf den öffentlichen Diskurs und die Sichtbarkeit von Kunst und Kultur. 

Im Appell heisst es, man sei «im Gespräch mit verschiedenen Stellen und bestrebt, aktiv an Lösungsvorschlägen mitzuwirken und durch strategische Partnerschaften neue Wege zu finden». Auf die Frage, welche Stellen hier gemeint sind, bleibt Inés Maloigne vage und erwähnt lediglich «die Politik, Medien, Verbände und bestehende Plattformen». Konkrete Projekte könne sie noch keine nennen. 

«Wir sehen das Projekt Kulturzüri.ch nicht als Ersatz für den Züritipp.»

Lisa Fuchs, stellvertretende Leiterin der kantonalen Fachstelle Kultur

Eine mögliche Lösung für das Problem der Sichtbarkeit wird derzeit von der Fachstelle Kultur des Kantons Zürich erarbeitet. Die Idee: Ein elektronischer Kulturkalender für den gesamten Kanton, der für alle zugänglich ist. Dafür soll die bestehende Plattform Kulturzüri.ch mit finanzieller Unterstützung des Kantons ausgebaut werden. Hinter der Plattform steht der Verein Forum Kultur, der von Akteur:innen grosser Kulturhäuser wie etwa der Gessnerallee Zürich, dem Kunsthaus Zürich und dem Moods betrieben wird.

«Wenn Informationen zu Kulturveranstaltungen nicht öffentlich zugänglich sind, finden sie in unserer Wahrnehmung nicht statt», erklärt Lisa Fuchs, stellvertretende Leiterin der kantonalen Fachstelle Kultur. Deshalb seine Kulturschaffende dringend auf die Medien angewiesen.

Laut einer Mitteilung der Fachstelle wird die Erweiterung von Kulturzüri.ch in der Pilotphase von 2025 bis 2027 jährlich mit 80’000 Franken unterstützt. Grundlage dieser Förderung ist die Kooperation und gemeinsame Finanzierung durch verschiedene Gemeinden und Städte im Kanton. Viele Gemeinden haben derzeit noch eigene Kulturkalender, deren Angebote künftig ebenfalls auf Kulturzüri.ch zu finden sein sollen. Die Erweiterung der Plattform ist laut Fuchs für Sommer 2025 geplant.

Doch kann diese Plattform das Angebot des Züritipp ersetzen? Auch auf Kulturzüri.ch wird es weiterhin – wie bereits jetzt – kleinere redaktionelle Beiträge geben, erklärt Fuchs. Aber: «Wir sehen das Projekt nicht als Ersatz für den Züritipp. Das wird in keiner Weise möglich sein, da es sich um kein Magazin handelt.» Die journalistische Einordnung des kulturellen Geschehens in Zürich bleibt damit bedroht.

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Kai Vogt

Kai hat Politikwissenschaften und Philosophie studiert und als Redaktor und später als Co-Redaktionsleiter der Zürcher Studierendenzeitung (ZS) das Treiben der Uni und ETH kritisch beleuchtet. So ergibt es nur Sinn, dass er seit 2024 auch für 
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Das mache ich bei Tsüri.ch:

Über Lokalpolitik berichten und Züri Briefings schreiben.

Das mache ich ausserhalb von
Tsüri.ch:

Ins Kino oder Theater gehen, Dokus bingen und bei Gelegenheit zum Surfen an die Atlantik-Küste fahren.

Über diese Themen schreibe ich am liebsten:

Alles, was spannend und wichtig ist.

Darum bin ich Journalist:

Irgendwas zwischen Idealismus, Masochismus und Selbstüberschätzung.

Das mag ich an Zürich am meisten:

Die Tramlinie 8, das Gewässer und die Quartierfeste im Sommer. Aber vor allem das Weggehen und Heimkommen.

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Kommentare

Jean
16. Oktober 2024 um 20:06

Gerade lese ich in meinem Gessnerallee Newsletter das die erste Printausgabe der "Zeitung der Gessnerallee" erschienen ist. Notabene mit Hinweis auf die Einstellung Züri-Tip. Gessnerallee wird von der Stadt und anderen öffentlichen Trägern stark subventioniert. Auch wenn Züri-Tip und Gessneralleezeitung nicht 1:1 vergleichbar sind - vielleicht ist ja doch etwas daran dass subventionierte, gratis-Kulturzeitungen es nicht einfacher machen um eine auf Gewinn angewiesene private Züri-Tip herauszugeben. Vor allem wenn Leser und Werbung schon aus demographischen Gründen wegbleiben...