Escher-Wyss-Platz: Schulwegbegleiter:innen und neue Verkehrsmassnahmen sollen Kinder schützen
Seit einer Woche helfen Schulwegbegleiter:innen Kindern beim Überqueren des Escher-Wyss-Platzes. Aus Sicht der SP Kreis 5 löst das die Probleme nicht, sie fordert eine Umstrukturierung des Verkehrs.
Eine Plüsch-Eule mit grossen gelben Augen hängt am Brückenpfeiler, als wachte sie über den Verkehr. Mit Blick auf die donnernden Lastwagen, Trams und Autos, die hier zu hunderten vorbeiziehen.
Die Plüschtiere am Escher-Wyss-Platz erinnern an den fünfjährigen Jungen, der an dieser Stelle kurz vor Weihnachten 2022 von einem LKW erfasst wurde und starb.
Seit dem tragischen Tod des Buben hat sich die Situation nicht verbessert. Im Gegenteil. Zurzeit sorgen Gleisarbeiten für noch mehr Unsicherheiten und mit der neuen Wohnüberbauung im anliegenden Tramdepot Hard werden über 500 weitere Personen einziehen.
Jüngst hat die Stadt mit kosmetischen Mitteln versucht, die Sicherheit zu erhöhen. Mithilfe von Bodenlampen sollen Passant:innen vor durchfahrenden Trams gewarnt werden. Doch für Kindergartenkinder bleibt die Kreuzung lebensbedrohlich.
Um einen sicheren Schulweg zu garantieren, setzt die Kreisschulbehörde Limmattal seit diesem Schuljahr auf sogenannte Schulwegbegleiter:innen. Seit Ende August stehen eine Handvoll Personen bis zu viermal täglich für etwa 30 Minuten an kritischen Stellen entlang des Schulwegs am Escher-Wyss-Platz. So auch Alom, dessen Kinder ebenfalls im Quartier in die Schule und Kita gehen. Zusammen mit den anderen Schulwegbegleiter:innen wurde Alom von der Verkehrspolizei für die bezahlte Wegbegleitung geschult.
Kathrin Wüthrich, Leiterin der Kreisschulbehörde Limmattal, blickt auf einen guten Start: «Es ist natürlich ein schwieriger Ort, aber wir machen das Beste draus.» Nach dem Prinzip «Halte, luege, lose, laufe» lernen Kinder sich in einer Stadt zu navigieren, die voller Gefahren lauert.
Aus Sicht von Dominik Ogilvie von der SP Kreis 5 zeigt die Notwendigkeit von Schulwegbegleiter:innen, dass die Verkehrsplanung versagt habe. «Ich empfinde den Verkehr als unmenschlich», so Ogilvie, der selbst mit seinen Kindern im Quartier lebt und eine Petition für einen sicheren Escher-Wyss-Platz angestossen hat.
SP will Fahrspur abbauen
Anstatt die Kinder dem Verkehr anzupassen, setzt die SP im Kreis 5 auf die Anpassung des Verkehrs. Um die Sicherheit am Escher-Wyss-Platz zu verbessern, fordert sie in einer Petition, eine Autospur abzubauen.
Laut der SP profitierten auch Autofahrer:innen von diesen Änderungen. Sie argumentiert, dass die vielen Spuren zu hektischem Spurwechsel führten. Nach dem Spurabbau würde der Verkehr flüssiger rollen. Alle zuführenden Strassen seien einspurig, meint Dominik Ogilvie. «Die Verbreitung auf mehrere Spuren auf der Kreuzung führt nur zu mehr Gedränge.»
Bei einem solchen Gedränge kam es auch schon 2018 zu einem schweren Autounfall mit mehreren Verletzten. Nach einer Ampel beschleunigten die Autofahrer und fuhren in hohem Tempo in Richtung Hardturm. Bei der Verengung berührten sich die beiden Autos seitlich. Darauf wurde einer der Wagen gegen die Hardbrückenrampe geschoben und kollidierte heftig mit der Betonmauer.
Als zusätzliche Massnahme fordert die SP, dass auf der Wipkingerbrücke je eine Autospur durch einen Veloweg ersetzt wird. So sollen Fussgänger:innen den begrenzten Platz auf dem Trottoir nicht mehr mit Fahrrädern und Scooters teilen müssen.
Roger Suter, Gemeinderat der FDP, sieht in der Petition eher Wahlkampf als sinnvolle Lösungsansätze. Bereits 2023 habe der Gemeinderat ein Postulat überwiesen, das die Verkehrssicherheit am Escher-Wyss-Platz verbessern solle. Das Postulat ist noch beim Stadtrat hängig.
Auch bezweifelt er, dass zu schnell fahrende Autos das Hauptproblem seien: «Wer die Situation vor Ort kennt, weiss, dass man dort nicht rasen kann» so der Freisinnige. Er sieht das Hauptproblem im Strassenverkehr vor allem an der fehlenden Rücksichtnahme und Respekt gegenüber den anderen Verkehrsteilnehmenden, sei es nun der motorisierte Verkehr, Velofahrende oder auch Zufussgehende.
Auch die Stadt plant im Herbst bereits einen Spurabbau. Mit Baustart September wird die Mittelinsel auf dem Zebrastreifen für mehr Sicherheit vergrössert und ein Fahrstreifen in Richtung Wipkingerbrücke reduziert. Zu den städtischen Plänen meint Dominik Ogilvie: «Wenn die Stadt stadteinwärts schnell eine Spur abbauen kann, dann können unsere dringlicheren Vorschläge genauso schnell übernommen werden».
Die Petition hat bald 500 Unterschriften zusammen. Aus Sicht von Ogilvie reicht das als symbolische Grösse – es sind etwa gleich viel, wie im Tramdepot Hard neu im Quartier leben werden.
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Yann hat an der Universität Zürich einen Master in Germanistik, Sozialwissenschaften und Philosophie abgeschlossen. Erste journalistische Erfahrungen sammelte er bei 20Minuten, Tsüri.ch und der SRF Rundschau. Beim Think & Do Tank Dezentrum war Yann als wissenschaftlicher Mitarbeiter und in der Kommunikationsleitung tätig. Seit 2025 ist er Teil der Tsüri-Redaktion. Nebenher ist er als Freelancer im Dynamo Zürich und bei Dachsbau Sounds unterwegs.