Who is Who? Wie ich (fast) zu meinen 15 Minuten Ruhm gekommen wäre

Am Donnerstag erschien das Jahrbuch «Who is Who 2016» mit den 200 prominentesten Zürcher*innen. Weil ich einer davon bin, wagte ich den Ausflug in einen Teil Gesellschaft, mit der ich sonst so gut wie keine Berührungspunkte habe.

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Angefangen hat alles ganz harmlos: Auf der Einladung zur Who is Who Party haben sie meinen Namen falsch geschrieben. Jakoby. Mit K. Ich fand das irgendwie witzig, weil ich doch offenbar einer der diesjährigen 200 Zürcher*innen bin, die man kennen müsste. Offenbar wissen aber nicht mal die Veranstalter, wie mein Name geschrieben wird. Ich dürfe eine Begleitung mitnehmen, hiess es auf der Einladung für Herrn Jakoby. Meine gewünschte Begleitung war zwar sofort dabei, löste allerdings mehrere Gespräche über die Funktion des «+1» und die Bedeutung als Anhängsel, als Accessoire quasi, aus. Ich wollte kein Anhängsel, sondern eine Komplizin für einen lustigen Abend. Trotz Club am Paradeplatz, trotz all diesen mega fancy A-, B-, C- und D-Promis. Ich selbst ordne mich in keine dieser Kategorien ein. Ich bin eher einer dieser «wer ist denn das?!». Ganz nach dem Motto des Buches, das an der Party gefeiert werden soll. Natürlich hat mich die Aufnahme in das Buch gefreut, so viel Stolz darf sein. Allerdings dachte ich lange, die Nomination sei eine Falle. Denn: In der Jury hocken neben einigen anderen Journis Weltwoche-Vize Philipp Gut und Gaudenz Looser, der Vize von 20 Minuten, der sich durch meinen Artikel über das «System 20 Minuten» scharf kritisiert fühlte. Warum sollen mich diese beiden in ihrem Buch haben wollen? Nicht mein Problem.

Mein Problem: Was anziehen? Wie verkleiden? Ich trage eigentlich immer Jeans, Shirt, Pullover. Ausser ich muss irgendwo eine wahnsinnig gute Falle machen. Dann ziehe ich ein Hemd über das Shirt. Für die Who is Who Party nicht. Ich will bei diesem Selbstbeweihräucherungsevent nicht voll mitmachen. Also ab in den Laden Nagellack und Lippenstift kaufen und mich verzieren, um den Abend wenigstens ein bisschen zu würdigen. Kombiniert mit Jeans, Pulli und einem tollen «+1» wird das sicher wunderbar aussehen. Jeder Mensch erhält in seinem Leben 15 Minuten Ruhm, soll Andy Warhol einmal gesagt haben. Also versuche ich im Icon-Club in der Innenstadt, während 15 Minuten Ruhm zu ergattern. Hoffentlich gibts Champagner. Mit Champagner ist alles ruhmvoller. Und lustiger. Und prickelnder. Volltreffer!

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Wir sitzen da also rum. Nachdem wir uns am Eingang an den Frisörinnen vorbeigeschlichen haben, welche den Gästen Dauerwellen verpassen. In der hintersten Ecke versprechen wir uns, zusammen zu halten. Was auch immer kommen mag. Die einzigen uns bekannten Gesichter sind Nicola Forster (ebenfalls berühmt) und sein Partner Max Stern. Wir fragen uns, wer all diese Leute sind. Aus Who is Who wird Who the fuck is that? Ich kenne kaum jemanden. Aber viele sehen so aus, als müsse man sie kennen: Botox, Frisuren, teure Anzüge. Wir sitzen in einem Teil der Gesellschaft, mit dem ich sonst keinen Kontakt habe; respektive: wir sitzen am Rande dieses Teils. Ich bin der einzige T-Shirt-Träger, aber auch der einzige Mann mit Nagellack und rotem Lippenstift. Insofern stimmt das schon.

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Ich halte mein Smartphone in Richtung Menschenmenge, bereit zum Fotografieren. Offenbar hat die eine Prominente einen Kamerasensor im Rücken, dreht sich zu mir um und lächelt freundlich in die Kamera. Neben ihr: ein Tischen zugestellt mit leeren Champagnergläsern. Es ist laut und heiss und Nicola Forster und sein Partner verabschieden sich (Essen & Arbeiten) mit einem Selfie mit dem Präsidenten der Jung-FDP und dessen «+1».

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(Foto: Andri Silberschmid)

Überall lauern Menschen mit Kameras und warten, bis jemand der A-D-Promis vor ihrem Objektiv auftaucht – und zäck, wie eine Wildfalle schnappt der Blitz zu. Wir werden nicht geblitzt, dafür schnabulieren wir die Häppchen (Risotto, Spiesschen, Sushi, Suppe), sitzen immer noch in der hintersten Ecke auf der Lounge und warten auf die Ansprache des Verlegers des Buches. Ok. Da ist er. Man solle ihn loben, wenn man findet, er habe es gut gemacht. Und man solle sein Buch mitnehmen. Wir tun wie geheissen. Die meisten der 200 Persönlichkeiten kenne ich nicht. Einige schon: Fifa-Sprecher de Gregorio, Natalie Rickli von der SVP oder Corine Mauch. Jene, die ich gerne getroffen hätte, sind an der Party leider nicht aufgetaucht: Constantin Seibt & Christof Moser, Sandro Brotz, Richi Wolff, Flavia Kleiner und andere. Ich finde mich selber in der Kategorie Newcomer. Und als hätten die Macher*innen von meinem heimlichen Fetisch gewusst: Auf der Rückseite meines Porträts ist Eleni Moschos, eine Zürcher Stadtpolizistin. Eine Falle wars also doch nicht, ich komme mit einem kleinen (unbeabsichtigten?) Seitenhieb davon. Aus den 15 Minuten Ruhm ist zwar nichts geworden. Dafür gibts beim Ausgang ein Geschenkli: Haarhaube, Shampoo und einen 15-Franken-Gutschein für einen Frisör.

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Simon Jacoby

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Lara. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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