Velofahrer:innen kritisieren Absenkung des Velowegs an der Kornhausstrasse

Das Tiefbauamt macht seinem Namen alle Ehre. Im Rahmen des Strassenbauprojekts mit Lärmsanierung an der Kornhausstrasse soll der erhöhte Veloweg zwischen Schindler- und Rotbuchstrasse auf Fahrbahnniveau vertieft werden. Damit sinkt auch die Laune der Zürcher Velo-Community.

Kornhausstrasse
Momentan sind die Velowege auf Höhe des Trottoirs. (Bild: Steffen Kolberg)

Alle Wege führen ins Letten. Auch die Kornhausstrasse. Auf ebendieser sind nun städtebauliche Änderungen geplant. Zwischen Kafischnaps und Café des Amis sieht der Projektplan Tempo 30 und Mittelinseln auf Höhe der Fussgängersteifen vor. Zudem soll die Bushaltestelle «Rotbuchstrasse» behindertengerecht ausgebaut und der Velostreifen bergaufwärts leicht verbreitert werden. In Planung sind ausserdem die Pflanzung von Bäumen, die Erneuerung von Strassenbelag und Leitungen sowie die Neuanordnung von Veloabstellplätzen – und: die Absenkung des roten Velostreifens, der zurzeit auf Höhe des Trottoirs liegt.

Farbe ist keine Infrastruktur

Mit dem geplanten Abbau des Velowegs stösst die Stadt bei der Velo–Community auf Unverständnis. Der erhöhte Radweg sei einer der wenigen Orte der Stadt, an dem man sich als Velofahrer:in relativ sicher fühle, schreibt ein:e User:in auf der Plattform bikeable.ch. Die Absenkung sei unverständlich. Die Velofahrerin, Stadtplanerin und ehemalige Mitarbeiterin der Verkehrssicherheit Zürich, Yasmine Bastug, begrüsst eine Sanierung des betreffenden Velowegs grundsätzlich. Die Velospur sei uneben und von Wurzeln durchdrungen. Die Absenkung sei jedoch unverständlich: «Aus Sicht der Verkehrssicherheit müssen Velowege und Autostrassen durch eine bauliche Trennung markiert sein, nicht nur durch Farbe.» Velowege müssten auch für Kinder sicher sein. Dass das Tiefbauamt sogar bestehende erhöhte Velowege abbaue, sei schade.

Auch Yvonne Ehrensberger, Geschäftsleiterin von Pro Velo Zürich, versteht die geplante Massnahme nicht: «Das subjektive Sicherheitsempfinden ist besser auf abgesetzten Radwegen. Das weiss man aus internationalen Studien.» Man spiele die Velofahrer:innen einmal mehr gegen die Bäume und Fussgänger:innen aus, während man den Autoverkehr nicht hinterfrage. Eine Option die man prüfen könne, so Ehrensberger, wäre bergwärts ein Richtung Fahrbahn schräg abfallender Radweg. So wäre die Grenze zwischen Veloweg und Trottoir eindeutig und schnelle Velofahrer:innen könnten auf der Autostrasse überholen. Weil die Erfolgschancen einer Einsprache jedoch zu klein seien, habe Pro Velo Zürich nicht vor, direkt gegen die Baupläne vorzugehen. Mit Blick auf die Velorouteninitiative und die Velostrategie 2030 warte man aber ungeduldig auf die neuen Velostandards der Stadt.

«Im Stadtrat sitzt niemand, der oder die das Velo wirklich als Priorität sieht. Deswegen passiert nichts.»

Lukas Bühler

Davon, dass Farbe keine Infrastruktur sei, ist auch der Klimawissenschaftler und Mitgründer von Velo Mänsche Züri Lukas Bühler überzeugt. Obwohl die Stadt schon lange vorhabe, Veloinfrastruktur zu schaffen, geschehe nichts. Er sieht das Problem in der Politik: «Im Stadtrat sitzt niemand, der oder die das Velo wirklich als Priorität sieht. Deswegen passiert nichts. Das soll sich ändern.»

Article image for Auf diesen 6 Velowegen fährst du bequem zum Ziel
(Bild: Michael Schallschmidt)

Platz für Alle 

Auf Anfrage lässt das Tiefbauamt der Stadt Zürich verlauten, man habe bei dem Projekt bewusst auf einen abgetrennten Radweg verzichtet. Roger Schaad, Projektleiter Kommunikation des Tiefbauamts, erklärt, man löse mit der Absenkung der Velospur einerseits die «Konfliktstelle zwischen wartenden Zufussgehenden und Velofahrenden» und ermögliche insbesondere E-Bikes sowie schnellen Velofahrer:innen bergabwärts ein einfacheres Überholen sowie ein sicheres Abbiegen. Hinzu komme, dass die geplanten Fussgängerschutzinseln einen abgetrennten Veloweg zu Gunsten von Schulwegsicherheit und Erhalt der Bäume unmöglich machten. Und schliesslich gewichte man – insbesondere in Anbetracht der geplanten Senkung der Höchstgeschwindigkeit auf Tempo 30 – kohärente, einheitliche Veloführung höher, als die «subjektive Sicherheit ungeübter Velofahrender».

Bis zum 21. Februar 2022 liegen die Baupläne zum Projekt an der Kornhausstrasse beim Tiefbauamt der Stadt Zürich zur öffentlichen Einsichtnahme. Gegen das Strassenbauprojekt kann bis zum Ende der Planauflage Einsprache erhoben werden.

2022-02-08 Alice Britschgi 2

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Darum bin ich Journalistin: Des Schreibens wegen: lockerer als an der Uni und deeper als in der Werbung. Zudem höre ich mir gerne Geschichten an und interessiere mich für fast alles – aber meistens nur auf Zeit. Perfekt.

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