1. August: Das Äms Fäscht feiert den Nationalfeiertag mit Vielfalt statt Cervelat
Zum elften Mal lädt das Äms Fäscht zum interkulturellen Nationalfeiertag auf die Bäckeranlage. Geht es nach den Organisator:innen soll das Fest die Schweiz so zeigen, wie sie wirklich aussieht.
Während am 1. August vielerorts die Landeshymne ertönt und die Flagge geschwungen wird, ist die Bäckeranlage seit einigen Jahren Schauplatz der Gegenfeier zum Nationalfeiertag. Das Äms Fäscht ist laut Angaben der Organisator:innen ein Fest für all jene, die den Tag gar nicht zelebrieren wollen.
Kottu Roti statt Rösti
Zu Beginn der Woche gibt es auf der Bäckeranlage allerdings keine Anzeichen für eine Feier, egal welcher Art.
Die Zebra-Statue steht alleine auf dem nassen Untergrund. Die Park-Besucher:innen haben sich am Rand der Wiese unter Regenschirmen verkrochen.
«Wir beginnen am Mittwochabend mit den Aufbauarbeiten», erklärt Carim Aghrabi, Co-Präsident des Äms Fäscht. «Am Donnerstag um 17 Uhr sind wir dann startklar mit Essensständen, Zirkusprogramm und zwei Konzertbühnen.»
Das Äms Fäscht (der Name hat seinen Ursprung im Jugendwort «äms», das in den Nullerjahren für «der», «die» oder «das» gebraucht wurde) findet heuer bereits zum elften Mal statt. Das zwölfköpfige Organisationskommitee ist geübt. Sie werden von rund hundert Freiwilligen unterstützt.
Der gleichnamige Verein ist gemäss Angaben der Organisator:innen selbsttragend, die Einnahmen aus der Bar zahlen die Gagen für die Musiker:innen. Damit fahre man gut – «ausser es regnet, dann fehlt das Publikum», sagt Co-Präsidentin Yara Bhend.
Vor zwei Jahren fiel der 1. August buchstäblich ins Wasser, was ein Loch in die Kasse gerissen habe. Dieses sei im Winter mit einer Soli-Party wieder aufgefüllt worden.
«Das Äms Fäscht feiert eine vielfältige Gesellschaft. So wie wir sie in der Schweiz leben.»
Yara Bhend, Co-Präsidentin Äms Fäscht
Scheint hingegen die Sonne, sind jeweils bis zu 2000 Besucher:innen am Fest.
Statt Cervelat und Rösti gibt es dann Kottu Roti aus Sri Lanka und vietnamesische Bánh mì. Auch Alphörner oder Männerchöre sucht man vergebens. Stattdessen bringt die Sängerin Marlin eine Mischung von Trap, Afro-Beats und Pop auf die Bühne und die Künstlerin Ice Zaddy verbindet Latin und Hip-Hop mit elektronischen Elementen.
«Das Äms Fäscht feiert eine vielfältige Gesellschaft. So wie wir sie in der Schweiz leben», sagt Yara Bhend. Auch das musikalische Programm soll diesem Anspruch gerecht werden.
Im Gegensatz zu anderen Festivals lege sie beim Booking weniger Wert darauf, vor allem bekannte Bands zu engagieren. Wichtiger sei ihr, dass die eingeladenen Musiker:innen unterschiedliche Perspektiven und Hintergründe einbringen – damit «nicht nur weisse Cis-Männer auf der Bühne stehen», sagt Yara Bhend.
Am Äms Fäscht gehe es darum, das traditionelle Bild der Schweiz in die interkulturelle Gegenwart zu tragen, erklärt Bhend. «Der 1. August, wie er heute meist gefeiert wird, ist seiner Entstehung ja auch ein Mythos und geprägt von Bildern und Geschichten, die seit Jahren weitererzählt werden.»
Ihr Fest solle diese Sicht auf die Schweiz ergänzen, herausfordern, «einen Gegenentwurf schaffen», wie Carim Aghrabi sagt.
Die Organisator:innen verzichten auch bewusst auf Eingangskontrollen und Eintrittspreise. So soll das Fest allen offen stehen.
Feiern auf der Bäckeranlage
Auch die Bäckeranlage, wo das Fest stattfindet, unterscheidet sich als Veranstaltungsort vom gepflegten Zwingliplatz, wo die offizielle Bundesfeier der Stadt stattfinden. Der Park im Kreis 4 steht immer wieder in den Schlagzeilen, da er zunehmend als Drogenumschlag- und Konsumort genutzt wird.
Die Veranstalter:innen sind sich dem bewusst. «Uns ist wichtig, dass der Park während des Festes ein Ort bleibt, an dem sich alle willkommen fühlen – dafür sind wir auch im Austausch mit der SIP», sagt Carim Aghrabi. «Bis jetzt kam es aber noch nie zu irgendwelchen Zwischenfällen.»
Und schlussendlich gehe es beim Äms Fäscht ja genau darum: einen Weg zu finden, miteinander zu leben, anstatt Barrieren zu errichten.
Das Äms Fäscht findet am 31. Juli und 1. August auf der Bäckeranlage statt. Alle Informationen zum Programm sind auf der Webseite einsehbar.
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Medien. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Mittlerweile sind 2000 Menschen dabei und ermöglichen damit den Tsüri-Blick aufs Geschehen in unserer Stadt. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 2500 – und mit deiner Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für Tsüri.ch und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 8 Franken bist du dabei!
Aufgewachsen am linken Zürichseeufer, Studium der Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaft an den Universitäten Freiburg (CH) und Basel. Sie machte ein Praktikum beim SRF Kassensturz und begann während dem Studium als Journalistin bei der Zürichsee-Zeitung. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin untersuchte sie Innovationen im Lokaljournalismus in einem SNF-Forschungsprojekt, wechselte dann von der Forschung in die Praxis und ist seit 2021 Mitglied der Geschäftsleitung von We.Publish. Seit 2023 schreibt Nina als Redaktorin für Tsüri.ch.