Kultur am Wochenende: Verschwundene Musikorte hören

Das Wochenende hält kulturell einiges bereit: Zwei Künstler haben sich mit dem Verschwinden von Musikorten auseinandergesetzt und organisieren freie Konzerte. Ausserdem gibt es ein neues Pop-up und ein Festival zur Solidarität mit der Ukraine.

Der ehemalige Club Zukunft in Zürich
Der Club Zukunft an der Dienerstrasse ist seit März Geschichte. Am Wochenende soll er «hörbar» werden. (Bild: Stadt Zürich)

Rhythmus vergangener Orte

«Was bleibt, wenn ein Ort verstummt?»

Mit dieser Frage haben sich die Künstler Michael Meier und Christoph Franz in ihrem neuen Projekt «The Rhythm of Design» beschäftigt. Sie haben untersucht, welche Orte in jüngster Zeit prägend für Zürichs Musikszene waren – und wie diese durch städtebauliche Entwicklungen unter Druck geraten oder bereits verdrängt wurden.

Sechs solcher Orte haben sie ausgewählt, an denen von Donnerstag bis Samstag kostenlose Konzerte stattfinden werden, darunter auch neben dem ehemaligen Klub Zukunft. Doch was für Konzerte genau – und von wem? 

«An jedem Ort erklingt nur eine einzelne Stimme, gespielt auf einem Instrument, das aus dem dort geborgenen Baumaterial gefertigt wurde. Erst in der Bewegung zwischen den einzelnen Stimmen und Orten wird die Komposition als Ganzes erfahrbar», heisst es in der Mitteilung.

Dabei spielen Musiker:innen, die jeweils mit einem der ausgewählten Orte verbunden sind. Wann genau welche Konzerte stattfinden und wann man an einem Spaziergang mit den Künstlern teilnehmen kann, erfährst du hier.

«Ich habe nie hinterfragt, sondern einfach gemacht»

«Das isch de Ort, woni läbe – bi Summer oder Räge. Ich blib i mim Quartier, will ich weiss, ich liebe Wiedike!»

Mit dieser Liebeserklärung an sein Quartier Wiedikon sang sich der Reggae-Künstler Phenomden vor 20 Jahren nicht nur in die Zürcher Musikszene, sondern auch in die Herzen vieler Zürcher:innen.

Und er ist noch immer da: Am 19. September hat er sein neues Album «Casino True Love» veröffentlicht. Inhaltlich kein leichtes Werk – aber musikalisch voller Wärme und Zuversicht, genau das Richtige für kühle Herbsttage.

Zum Release hat der Tages-Anzeiger Phenomden getroffen. Auf das Video zu «Wiedike» angesprochen, erinnert er sich: «Ich war so jung … Was da noch auf mich zukommt.» Heute sehe er darin vor allem eine Frische, die man später kaum mehr einfangen könne.

«Ich habe nie hinterfragt, sondern einfach gemacht», sagt er. Heute gehe er anders an seine Musik heran: Er feile länger an Songs, mache sich dafür aber weniger Gedanken über Nebensächlichkeiten. Was geblieben ist: die Leichtigkeit, die seine Musik seit jeher trägt – damals bei «Wiedike» ebenso wie jetzt bei «Casino True Love». Hier reinhören.

Çaj trinken an der Kernstrasse

Neue Woche, neues Pop-up! 

An der Kernstrasse 57 hat am Samstag das erste albanische Pop-up-Kunstkafi in Zürich eröffnet. Hinter dem Projekt steht der Verein Brezi Ynë, getragen von freiwilligem Engagement.

Bis zum 22. Oktober sind im Shqipstër Kunst, Design und Kulinarik aus dem albanischen Kulturraum zu erleben – darunter Werke des kosovarischen Künstlers Driton Selmani, neu designte Shkama-Stühle von Ibrahim Beqiri sowie Lampen aus traditionellen Kürbissen von Fitore Syla. Ergänzt wird das Programm durch Teppiche von Knotorious Rugz, die traditionelle Muster in zeitgenössischem Stil neu interpretieren.

Neben der Kunst bietet Shqipstër auch etwas für den Gaumen: Besucher:innen können Flija, Korça Bier, Wein von Mrizi Zanave sowie traditionellen Çaj und Kafe te Zez geniessen.

Rest der Woche

  • Brocki: Heute Abend lädt das Zürcher Brockenhaus ab 19 Uhr zu einem Fest ein, das laut Flyer «zum Ziel hat, Menschen dazu zu inspirieren, mehr Secondhand zu kaufen und Dinge zu flicken, statt wegzuwerfen». Auf dem Programm stehen ein Vortrag zum Thema Konsum, ein Apéro aus geretteten Lebensmitteln, ein Reparaturtisch für Kleidung, ein Kleidertausch sowie Live-Musik der Schülerband Gnusch.
  • Talk: Das Tanzhaus Zürich startet am Donnerstag seine Diskursreihe zu sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit. In der ersten Ausgabe sprechen die Politikerin und Aktivistin Mandy Abou Shoak und die französische Autorin Emilia Roig über systemischen Wandel, persönliche Verantwortung und radikale Hoffnung für eine gerechte Zukunft. Mehr Infos findest du hier.
  • Kino: Am Donnerstag beginnt das Zurich Film Festival, das in elf Tagen 114 Filme zeigt. Zu den Highlights gehört «The Secret Agent» mit dem brasilianischen Schauspieler Wagner Moura, der dafür mit einem Goldenen Auge ausgezeichnet wird. Weitere Höhepunkte sind «Dossier 137» und «After the Hunt». Erwartet werden Stars wie Dakota Johnson, Benedict Cumberbatch, Russell Crowe und Colin Farrell.
  • Kunst: Die erste Einzelausstellung der in Berlin und Seoul lebenden Künstlerin Haegue Yang öffnet am Samstag in der Schweiz. Gezeigt werden im Migros Museum Skulpturen, Installationen, Videos und Collagen, die Themen wie Identität, Migration und kulturelle Begegnungen erforschen. Es heisst, die Künstlerin «schafft immersive Umgebungen, die sowohl sinnlich als auch konzeptionell aufgeladen sind».
  • Herbstfest: Am Samstag verwandelt sich der Bullingerplatz in ein Herbstfest. Geboten werden Markt- und Essensstände, eine Kirchturmbegehung, Karussellfahrten, Kinderprogramm, Portrait-o-mat, Photobooth sowie Maskenbasteln mit dem Maxim-Theater. Von 15 bis 22 Uhr sorgen ausserdem mehrere Konzerte für Stimmung. Der Eintritt ist frei.
  • Tag der urbanen Produktion: Kommenden Samstag laden 75 lokale Macher:innen in ganz Zürich zum Blick hinter die Kulissen ein. In Manufakturen, Werkstätten und Ateliers öffnen sich die Türen – etwa bei der Brauerei Oerlikon oder der laflor Schokoladenmanufaktur. Laut den Veranstalter:innen sind die meisten Betriebe von 11 bis 17 Uhr geöffnet und ohne Anmeldung zugänglich.
  • Festival: Das Ukrainan Solidarity Festival in der Zentralwäscherei kommenden Sonntag stärkt ukrainische Stimmen und fördert den Austausch in der Schweiz. Auf dem Programm stehen die Buchvorstellung von «Russian Colonialism 101» mit Autor Max Eristavi, ein Kunstmarkt, Musikbeiträge oder ein Brotback-Workshop. Alle Einnahmen gehen an humanitäre Organisationen in der Ukraine.
  • Konzert: Während der Pandemie haben die Zürcher Künstler:innen Faber, Sophie Hunger und Dino Brandão das gemeinsame Album «Ich liebe Dich» veröffentlicht. Diese warmen Mundart-Lieder werden nun wieder auf der Bühne gespielt: Vom 21. bis 23. Dezember treten die Musiker:innen zusammen im Kaufleuten auf. Tickets gibt’s hier.
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