Unternehmen, bitte weiterhin zur Kasse! Stadt ergreift Referendum
Der Gemeinderat entschied diese Woche nicht über Steuersätze von Unternehmen. Emotional wurde die Kündigung der drei Sugus-Häuser diskutiert – dabei kam es zur seltenen Einigkeit.
Solche Worte hört man nicht alle Tage von einem, dessen Aufgabe es ist, die Anliegen der Vermieter:innen zu verteidigen. Als «unprofessionell» verurteilte am Mittwochabend im Gemeinderat Albert Leiser, FDP-Mann und Direktor des Zürcher Hauseigentümerverbands die überraschenden Leerkündigungen der Sugus-Häuser. Sie würden den Fall im Verband thematisieren. «Ich unterstütze diese Kündigungen, so kurz vor Weihnachten nicht», meinte Leiser weiter.
Die Nachricht, die zuerst Tsüri.ch am Dienstag publik machte, dass im Röntgenareal über 200 Mieter:innen ihre Wohnungen verlassen müssen, bewegte am Mittwochabend auch das Stadtzürcher Parlament.
GLP Nicolas Cavalli bezeichnete es als «Entgleisung», Maya Kägi Götz (SP) nannte den Entscheid, Gebäude, die in den 1990er Jahren gebaut wurden, vollständig zu sanieren, «höchst fragwürdig» und meinte: «Ich appelliere dringend an Frau Bachmann, die Kündigungen zurückzunehmen und das Erbe ihres Vaters zu wahren.» Auch Reto Brüesch von der SVP kritisiert die Leerkündigung vor den Festtagen, «das macht man nicht».
Doch diese seltene Einigkeit hielt nicht lange an. Schon bei der Suche nach Erklärungen, wie es zu diesen Kündigungen kommen konnte, bezogen alle schnell ihre gewohnten politischen Posten. Für die SP ist damit eindeutig der Beweis erbracht, dass der Boden verstaatlicht werden muss. Die SVP schob in wenigen Sätzen der «masslosen Einwanderung» die Schuld in die Schuhe und für die FDP ist es eine Folge der Regulierungen (in diesem Falle die Annahme des Energiegesetzes), welche Leerkündigungen befürworten würde.
Auch beim meist antizipierten Geschäft des Tages, dem Gemeindereferendum gegen tiefere Steuern für Unternehmen, wurden die gewohnten Posten nicht verlassen. Schatzmeister Daniel Leupi (Grüne) eröffnete die Debatte und plädierte für das Referendum.
Ab 2026 würden der Stadtkasse rund 110 Millionen Franken entgehen, sollte eine Senkung der kantonalen Unternehmenssteuern beschlossen werden, so die Berechnungen des Stadtrats. Und diese 110 Millionen würden nicht so schnell durch neue Unternehmen ausgeglichen, die von den niedrigeren Steuern angelockt werden, erklärt Leupi. «Das dynamische Modell funktioniert nicht für die Stadt Zürich.» Neue Firmen fänden hier nicht auf einen Schlag die notwendige Arbeitsfläche und das Personal, um in kurzer Zeit den notwendigen Gewinn.
«Firmen sollen ihren gerechten Anteil zahlen. Es kann nicht sein, dass natürliche Personen den Steuerausfall tragen müssen.»
Tanja Maag, AL
Tanja Maag (AL) äusserte sich in ihrem Votum, dass vom geplanten Steuerrabatt nur Grossfirmen und ihre Aktionär:innen profitieren würden: «Firmen sollen ihren gerechten Anteil zahlen. Es kann nicht sein, dass natürliche Personen den Ausfall tragen müssen.» Die AL zog ihren gleichgerichteten Antrag zugunsten des stadträtlichen Antrags auf ein Referendum zurück.
«Zu sagen, die Stadt kann sich die Steuersenkung nicht leisten, ist einfach nur Populismus.»
Sven Sobernheim, GLP
Für die andere Ratsseite war die ganze Debatte reine «Politshow» der Linken, da im Kantonsrat bereits das Referendum zustande gekommen sei. «Sie legen hier die alte Platte auf», meinte Michael Schmid, dessen FDP sich gegen das Geschäftaussprach.
Sven Sobernheim (GLP) meinte, die Stadt Zürich könne sich eine Steuersenkung gut leisten, das hätten die letzten Schlussrechnungen der Stadt Zürich gezeigt, die jeweils ein deutlich grösseres Plus enthielt, als vom Finanzdepartement berechnet. «Deswegen könnten sie sagen, sie wollen keine Steuersenkung. Aber zu sagen, die Stadt kann sich das nicht leisten, das ist einfach nur Populismus. Das ist schwarz auf weiss falsch», so Sobernheim.
Doch die linke Ratsmehrheit setzte sich gegen Bürgerliche und GLP durch und beschloss mit 65 Ja- zu 49 Nein-Stimmen das Referendum gegen die Unternehmenssteuer-Senkung. Nun wird die Kantonsbevölkerung darüber abstimmen dürfen.
Weitere Themen der Woche
- Beschlossen wurde mit 85 zu 12 Stimmen eine Zonenplanänderung der «Harsplen». Das ist der Startschuss für den Bau der städtischen Siedlung, die in Witikon einst günstigen Wohnraum für bis zu 700 Menschen bieten sollte. Nicolas Cavalli (GLP) bezeichnete das Ganze als «Powerplay von linker Seite». Diese hatten einst angekündigt, die Umzonung nicht zu unterstützen, als das Areal noch der privaten Anlagestiftung Swisscanto gehörte.
- In einer Fraktionserklärung äusserte sich Fanny De Weck (SP) zur Absage des kantonalen Mindestlohns. Fast 70 Prozent der Stimmbevölkerung hätten sich für den Mindestlohn ausgesprochen und dass das Gericht diesen nun verbiete, erachtet De Weck als Angriff auf die Gemeindeautonomie. Die Sozialdemokrat:innen rufen zum Weiterzug zum Bundesgericht auf und fordern alle Parteien, diesen Schritt zu unterstützen.
- Ein Postulat der Grünen und AL wurde dem Stadtrat übergeben, das Schliessfächer für obdach- und wohnungslose Menschen will. Anna-Béatrice Schmaltz (Grüne) sagte in ihrem Votum, aktuell fehle es an Möglichkeiten, wie die Betroffenen ihre Wertsachen sicher lagern könnten. Von Seiten SVP kam der Ablehnungsantrag. Ein Grossteil dieser Menschen sei freiwillig draussen und bräuchte dieses Angebot nicht, das nur unsinnige Ausgaben bedeute. Sein Aufruf zum Sparen kam aber auch bei den FDP-Sitznachbar:innen nicht an, das Postulat wurde mit 94 Ja zu 20 Nein-Stimmen angenommen.
- Der Gemeinderat verabschiedete Martin Götzl (SVP), der nach zehn Jahren aus persönlichen Gründen aus dem Parlament zurücktritt. Präsident Guy Krayenbühl (GLP) lobte Götzl als «Oppositionspolitiker», der sich trotz inhaltlicher Differenzen mit Parlamentarier:innen über die Parteigrenzen hinaus verstanden habe. Nachrücken wird Attila Kipfer.