Sarah Akanji und Mandy Abou Shoak: «Der Kanton muss Hate Speech ernst nehmen»
SP-Politikerin Sarah Akanji zieht sich aus dem Kantonsrat zurück. Grund sind rassistische und sexistische Angriffe. Gleichzeitig will ihre Parteikollegin Mandy Abou Shoak nachrücken. Ein Gespräch über Sexismus und Rassismus in der Politik und was es braucht, damit Politiker:innen besser geschützt sind.
Es ist wieder passiert. Eine junge Zürcher Politikerin zieht sich aus der parlamentarischen Politik zurück. Im September 2022 verkündete die Winterthurer Kantonsrätin Sarah Akanji, dass sie im Februar nicht zur Wiederwahl antreten werde. Die sexistischen und rassistischen Anfeindungen hätten ein Ausmass angenommen, das sie nicht mehr tolerieren könne. Sie müsse eine Grenze ziehen. Sie ist nicht die Erste. Die ehemalige AL-Gemeinderätin Ezgi Akyol trat 2020 aus ähnlichen Beweggründen aus dem Gemeinderat aus. Und Anfang dieses Jahres teilte die GLP-Gemeinderätin Sanija Ameti mit, dass sie von nun an regelmässig Hassmails, die sie bekomme, öffentlich teilen werde.
Frauen und besonders Women of Color, die politisieren und sich öffentlich äussern, sind häufiger Opfer von Hate Speech, Rassismus und Sexismus. Ein Armutszeugnis für unsere Demokratie?
Ein Gespräch zwischen zwei Schwarzen SP-Politikerinnen. Die eine, Sarah Akanji (29), zieht sich vorerst aus der parlamentarischen Politik zurück und die andere, Mandy Abou Shoak (33), befindet sich mitten im Wahlkampf und will in den Kantonsrat.
Lara Blatter: Aus Selbstschutz ziehst du dich aus der Politik zurück und trittst nicht erneut als Kantonsrätin an. Eine kompetente und junge Politikerin verlässt den Rat. Es folgten ein paar empörte Tweets, wenige Zeitungsartikel und dann ein grosses Schweigen. Warum tolerieren wir solche Vorfälle?
Sarah Akanji: Viele werten Rassismus, Sexismus oder andere Diskriminierungen nicht als «wirkliche» Probleme. Oder sie sehen es nicht als ihr eigenes Problem, sondern als das von Betroffenen. Man spricht zwar darüber und will wissen, was ich erlebe. Aber oft werden solche Vorfälle nur skandalisiert. Wirklich etwas unternehmen, also Diskriminierungen bekämpfen und Mechanismen schaffen, damit wir das vorbeugend verhindern können – dafür fehlt der Effort und das Interesse.
Mandy Abou Shoak: Menschen hören, dass Politiker:innen Rassismus erfahren und finden es skandalös. Aber es gibt kein gesellschaftliches Bewusstsein, dass Sexismus, Rassismus, Ableismus – all diese Diskriminierungsformen – tief in unserer Gesellschaft verankert sind. Dass es einen Zusammenhang gibt zwischen frauenverachtenden Witzen und sexualisierter Gewalt, die Politiker*innen in Form von Hate Speech erfahren, sehen viele Menschen nicht.
Wie waren die Reaktionen von anderen Politiker:innen und Parteien im Kantonsrat?
Sarah Akanji: Viele dankten mir für meine Arbeit, was schön war und ich sehr schätze. Aber es gab auch Fragen wie: «Ist es denn wirklich so schlimm?» Ja, war und ist es. Sonst würde ich mich nicht aktiv aus der Politik zurückziehen. Wieso reicht das nicht als Beweis? Ich fühle mich nicht mehr sicher und konnte meine Arbeit unter diesen Voraussetzungen nicht weiterführen.
Mandy, du stehst gerade an einem anderen Punkt. Du hast dich entschieden in die Politik zu gehen und kandidierst als Kantonsrätin. Was ermutigt dich?
Mandy Abou Shoak: You can be what you can see. Und ich habe Sarah Akanji gesehen.
Was muss sich in der Politik ändern, damit Politiker:innen besser geschützt sind?
Sarah Akanji: Wir brauchen Schutzmechanismen für Menschen, die sich exponieren und Angriffsfläche bieten. Diese braucht es auf parlamentarischer Ebene und innerhalb der Parteien. Betroffene brauchen Anlaufstellen, wo sie sich melden können, wenn etwas passiert.
Mandy Abou Shoak: Nur so können wir neue Strukturen schaffen. Wenn ich etwa als Politikerin ein Interview gebe – wie auch hier jetzt –, dann gebe ich bei der Publikation gezielt meinen E-Mail-Account ab und lese auch keine Kommentare. Aber das sind Schutzmechanismen, die ich selber treffe. Es sollte nicht an mir hängen bleiben. Ein Parteisekretariat und nicht die Betroffenen müssten sich um Hassmails kümmern. Es braucht qualifizierte Ansprechpersonen und Ressourcen auf allen Ebenen.
Sarah, hättest du dir gewünscht, dass es im Kantonsrat eine entsprechende Anlaufstelle gibt?
Sarah Akanji: Definitiv. Auf kantonaler Ebene in der SP diskutieren wir nun über mögliche Schutzmassnahmen. Aber Rassismus- und Sexismus-Bekämpfung müsste im Aufgabengebiet des ganzen Rates sein. Das ist kein SP-Thema. Wir brauchen eine zuständige Stelle, an die man sich wenden kann, wenn man sich bedroht fühlt. Denn es raubt unheimlich Energie, sich ständig selbst zu wehren, sich ständig zu schützen, sich immer wieder mit Hass konfrontieren zu müssen. Energie, die ich lieber in politische Arbeit stecken würde. Der Kanton muss Hate Speech ernst nehmen. Da sehe ich ihn in der Verantwortung.
«Wollen wir Politik für alle machen, muss sie auch von allen gemacht werden.»
Sarah Akanji
Hast du dich ernst genommen gefühlt?
Sarah Akanji: Nach meiner Ankündigung zum Rücktritt oder vorher?
Generell.
Sarah Akanji: Nein. Aber ich habe die Angriffe anfangs selbst nicht ernst genommen. Zu einem grossen Teil habe ich das internalisiert. Erfährt man beispielsweise Sexismus, wird der Fehler von vielen bei der betroffenen Person gesucht. Und je öfter man das hört, desto mehr hinterfragt man sich selbst. In der Politik bekam ich häufig die Rückmeldung: «Das gehört eben dazu, wenn man sich als Politiker:in exponiert.»
Mandy Abou Shoak: Als Poltiker:innen ist es unsere Aufgabe, gesellschaftliche Probleme zu lösen. Rassismus und Sexismus sind gesellschaftliche Probleme. In dem Moment, in dem wir dagegen angehen, werden wir selbst zur Zielscheibe – und das ist ein strukturelles Problem.
Sarah Akanji: Ja. «Du musst halt ein dickes Fell haben», sagte man mir. Es wird dir eingetrichtert, dass Sexismus und Rassismus Teil der Arbeit sind.
Wird Diskriminierung in der Politik verharmlost?
Sarah Akanji: Ja. Konstruktive Kritik, andere Meinungen oder politische Ausrichtungen – das gehört alles zur Arbeit und diese nehme ich auch gerne entgegen. Aber Diskriminierung und persönliche Angriffe dürfen nicht Teil der Arbeit sein.
War es aber. Und eine junge Woman of Color zieht sich aus der Politik zurück. Sind Fälle wie jener von Sarah gefährlich für die Demokratie?
Mandy Abou Shoak: Ja, solche Vorfälle schaden unserer Demokratie. Sie zeigen ja auch, wo unser System noch Lücken hat.
Sarah Akanji: Haben wir das Demokratieverständnis, dass eine Demokratie die Teilhabe von allen sichern soll, dann sind wir noch meilenweit davon entfernt. Wollen wir Politik für alle machen, muss sie auch von allen gemacht werden.
Mandy Abou Shoak: Und dazu müssen auch alle im Rat repräsentiert sein. Darum bin ich für Quoten. Wer kann sich besser für Frauen einsetzen als Frauen? Wer kann sich besser für Migrant:innen einsetzen als Migrant:innen? Ich glaube an unsere Politik und daran, dass wir eines der besten Systeme haben. Aber wir sind da, um es noch besser und gerechter zu machen. Unsere diverse Gesellschaft muss endlich in der Politik abgebildet werden.
Laufen wir Gefahr, dass Frauen und/oder Menschen mit Migrationsgeschichte – also sowieso schon politisch untervertretene – sich nicht mehr engagieren?
Mandy Abou Shoak: Ja.
Wie nimmst du den Wahlkampf derzeit wahr?
Mandy Abou Shoak: Sehr bestärkend. Ich fühle mich durch viele Feminist:innen und Menschen aus der antirassistischen Bewegung getragen. Alleine würde ich das nie schaffen. Aber ich weiss auch, dass es schnell kippen kann. Je grösser die Bühne ist, die wir einnehmen, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass die sexistische und rassistische Gewalt kommt.
«Es kann und darf nicht sein, dass talentierte Frauen wie Sarah Akanji ihre Karriere an den Nagel hängen, weil sie das nicht mehr aushalten. Dieser Fall hat mich zum Nachdenken gebracht. Deshalb möchte ich nun endlich Veränderungen anregen», sagte Sanija Ameti, GLP-Gemeinderätin und Co-Präsidentin der Operation Libero, gegenüber Watson. Ameti hat Anfang Jahr angekündigt, dass sie ab jetzt regelmässig Hassmails, die sie bekommt, veröffentlichen wird. Dein Rücktritt hat also indirekt was ausgelöst, andere Frauen wehren sich und machen Rassismus und Sexismus sichtbar. Was löst das bei dir aus, Sarah?
Sarah Akanji: Das Thema hat mehr Öffentlichkeit gefunden. Schade aber, dass es mit Sanija Ameti wieder eine betroffene Person ist, die es selbst in die Hand nehmen muss.
Mandy Abou Shoak: Aber es ist wichtig, dass der Diskurs durch sie als GLP-Politikerin überparteilich stattfindet. Sexismus und Rassismus sind kein Sarah-, Sanija- oder Mandy-Thema. Und auch kein SP-Thema. Es ist ein Thema, mit dem sich alle beschäftigen müssen.
Sarah Akanji: Sanija Ameti macht Hassmails öffentlich, Mandy will Strukturen schaffen – wir brauchen diese verschiedenen Zugänge. Das stimmt mich hoffnungsvoll.
Die einen schweigen, andere veröffentlichen. Also reagieren oder ignorieren. Welche Strategie hat sich für euch bewährt?
Sarah Akanji: Reagieren. Soweit es meine Ressourcen zulassen. Es gibt Fälle, da mache ich auch nichts, andere zeige ich an. Choose your battle – es gibt keinen richtigen oder falschen Weg. Aber das Problem ist auch hier wieder: Ich als Einzelperson muss mir Gedanken darüber machen, ob ich handeln will oder nicht.
Mandy Abou Shoak: Ein Zitat von Toni Morrison trifft das sehr gut. «The function, the very serious function of racism is distraction. It keeps you from doing your work. It keeps you explaining, over and over again, your reason for being», sagt die US-amerikanische Schriftstellerin. Ja, Rassismus soll uns ablenken und Energie rauben.
Sarah Akanji: Das ist so treffend. Die Auseinandersetzung mit Rassismus lenkt ab. Das merkte ich auch im Kantonsrat – ich verschliss meine Energie, weil ich mich immer wieder gegen persönliche Angriffe wehren musste.
Klar ist auch: Rassismus wird von weissen Menschen gemacht und reproduziert. Fehlt diese Denkweise in der Politik oder generell in unserer Gesellschaft?
Mandy Abou Shoak: Absolut. Dabei trifft und betrifft Rassismus uns alle auf unterschiedliche Weise. Die einen profitieren davon, die anderen nicht. Das zeigt sich zum Beispiel in der Bewegungsfreiheit: Während es für gewisse Menschen selbstverständlich ist, sich überall frei zu bewegen, fragen wir uns, ob und wie wir uns in welchen Räumen bewegen können.
Sarah Akanji: Es fängt da an, wo wir beweisen müssen, dass ein rassistischer Vorfall auch wirklich, wirklich passiert ist. Und geht da weiter, wenn der Fokus auf unsere Reaktion gelenkt wird. Wieso ist Rassismus das Problem von Betroffenen und nicht der (weissen) Erzeugenden? Wenn wir in einer diskriminierungsfreien Welt leben möchten, müssen wir doch viel mehr jene, die Rassismus erzeugen, hinterfragen und bremsen.
«Wir müssen Gefässe schaffen, wo wir Gewalt thematisieren können.»
Mandy Abou Shoak
Mandy, du gibst regelmässig antirassistische Coachings. Wie können nicht-betroffene Politiker:innen dazu gebracht werden, dass sie reagieren, wenn sie Rassismus mitbekommen?
Mandy Abou Shoak: Bekommt man Gewalt mit, dann lähmt das teilweise. Menschen wissen nicht mehr, was sie tun sollen und machen dann lieber gar nichts. Das ist vielleicht auch ein bisschen eine helvetische Tradition: «Lieber nichts machen, als etwas Falsches.» Aus dieser Lähmung müssen wir rauskommen und Vorfälle ansprechen. Sei es in Ratssitzungen, Fraktionssitzungen, in Kommissionen oder innerhalb der Partei – wir müssen Gefässe schaffen, wo wir Gewalt thematisieren können. Wir brauchen Weiterbildungen und Handlungs- und Schutzkonzepte, damit wir wissen, wie wir handeln, wenn etwas passiert. Konzepte sind nicht einfach ein Stück Papier, das gezückt wird – es geht um eine Kultur, die man innerhalb einer Partei pflegt. Wie gehen wir miteinander um? Das ist viel Arbeit, die viel Zeit braucht. Aber nur so kriegen wir einen strukturellen Wandel hin. Plus, das kostet alles, auch finanzielle Ressourcen sind unabdingbar.
Wenn sich Schwarze Menschen öffentlich gegen Rassismus wehren, setzen sie sich zugleich einer neuen Rassismus-Welle aus. Auch dieses Interview könnte negative Reaktionen auslösen, die dann schlussendlich auf euch zurückfallen. Wie sehr seid ihr als Politikerinnen damit beschäftigt, zu entscheiden, ob, wo und wie ihr euch zu einem Thema äussert?
Sarah Akanji: Seit ich im Kantonsrat bin, wäge ich bei jeder Medienanfrage ab und frage mich: Wer ist das Publikum und was ist das Thema? Ich bin sehr vorsichtig geworden und habe auch viel abgesagt.
Mandy Abou Shoak: Gewalterfahrungen wie Hate Speech hemmen Menschen in ihrer politischen Arbeit. Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist, was hätte es gebraucht, damit Politiker:innen wie Sarah Akanji ihre Arbeit tun können und wer übernimmt in welcher Weise Verantwortung?
Da sind wir wieder bei der Frage, inwiefern Hate Speech der Demokratie schadet.
Sarah Akanji: Extrem. Dadurch werden Menschen, die sonst schon eher wenig Raum in unserer Gesellschaft einnehmen, noch mehr aus der Politik gepusht.
Mandy Abou Shoak: Aber wir sind Sozialdemokratinnen. Wir lassen uns nicht von unserem Ziel, einer gerechten Gesellschaft, abbringen. Denn das ist genau das, was Menschen, die rassistisch und sexistisch handeln, wollen. Das Schöne ist, ich weiss, ich bin nicht alleine (schaut zu Sarah). Vor mir, hinter mir, rechts und links neben mir stehen sehr viele Menschen, die bereit sind, mit mir zu kämpfen.
Die ehemalige AL-Gemeinderätin Ezgi Akyol trat aus ähnlichen Gründen wie Sarah 2020 aus dem Gemeinderat aus. «Ich bin hier geboren, ich habe hier die Schule besucht. Ich bin sogar in die Pfadi. Ich arbeite hier, mein ganzes Umfeld ist hier, ich engagiere mich hier. Und trotzdem: Offenbar reicht es nicht», schrieb sie in ihrem Rücktrittsschreiben. Ab wann ist man «von hier»?
Sarah Akanji: Gemäss dem Bund haben in der Schweiz gut 40 Prozent der Menschen einen sogenannten «Migrationshintergrund». Nach Ezgis Schreiben habe ich beim Bundesamt für Statistik nachgeschaut. Geht es nach deren Typologie, gehöre ich zur «Bevölkerung ohne Migrationshintergrund», obwohl ein Elternteil von mir eingewandert ist und ich ständig migrantisiert werde. Je nachdem, wie «Migrationshintergrund» also definiert wird, haben sogar noch viel mehr als diese 40 Prozent einen solchen. Und eben, ab wann ist man «von hier»? Im besten Fall, wenn ich sage, ich bin von hier. Nur gibt die Gesellschaft migrantisierten Menschen ein anderes Gefühl. Die Frage, die ich aber lieber stelle, ist: Warum ist das überhaupt wichtig?
Mandy Abou Shoak: Die Frage, ob wer von hier ist oder nicht, hat die Funktion, Menschen mit Zuschreibungen zu versehen, sie abzuwerten und ihnen ihre Rechte zu verwehren. Darum ist diese Konstruktion von «von da» und «nicht von da» ein Problem. Oft ist es egal, wie wir sprechen, welche Begriffe wir nutzen, dass wir Alphorn blasen oder die Hymne auswendig können – irgendwann merkst du, egal wieviel Mühe du dir machst, es reicht sowieso nicht. Menschen werden immer einen Grund finden, um uns nach Aussen zu verorten
Sarah Akanji: Dabei ist die Schweiz ein Migrationsland. Das kann man nicht abstreiten.
Mandy Abou Shoak: Migrant:innen haben die Schweiz aufgebaut.
«Die SP und auch der Kantonsrat haben es nicht geschafft, Sarah zu schützen.»
Mandy Abou Shoak
Gegenüber der Republik sprach Ezgi Akyol über ihren Rücktritt. Auch sie war rassistischen Angriffen von Politiker:innen ausgesetzt. Und gerade von linken Politiker:innen fühlte sie sich alleingelassen. Geht es euch auch so?
Mandy Abou Shoak: Klar, die SP und auch der Kantonsrat haben es nicht geschafft, Sarah zu schützen. Die Probleme betreffen aber die gesamte Gesellschaft, den gesamten Rat.
Sarah Akanji: Es gibt viel zu tun, innerhalb der SP, aber auch überall ausserhalb unserer Partei.
Hat dein Rücktritt Konsequenzen – in der SP oder im Kantonsrat?
Sarah Akanji: Die Zeit wird es zeigen. Mit meinem Rücktritt habe ich aber für mich beschlossen: Ich ziehe eine Grenze. Und hoffe, dass mein Rückzugsgrund etwas auslöst. Dass sich Politiker:innen fragen, was sie machen können, damit das nicht mehr passiert. Ich will, dass zukünftige Politiker:innen das nicht erleben müssen. Ich will, dass Mandy das nicht erleben muss.
Was kannst du Mandy oder auch anderen Women of Color, die in die Politik wollen, mit auf den Weg geben?
Sarah Akanji: Mut, Selbstvertrauen und Kraft für deine Themen. Und an alle Women of Color: Baut auf euer Netzwerk, das euch unterstützt, kreiert euch Safe Spaces. Denn die politische Arbeit ist riesig und fordernd. Zuspruch ist wichtig, wir brauchen Menschen, die einfach mal sagen: «Geil wids machsch.» Und die den Hatern ein Gegengewicht verleihen.
Und was wünscht ihr euch von der weissen Mehrheitsgesellschaft?
Sarah Akanji: Die weisse Mehrheitsgesellschaft profitiert von einer diversen Gesellschaft und Politik. Ich wünsche mir, dass das gesehen wird und sich auch privilegierte Menschen für mehr Diversität und Chancengerechtigkeit einsetzen. Und dass Menschen mit Migrationsgeschichte genau so zur Schweiz gehören, wie diejenigen ohne.
Mandy Abou Shoak: Ich verstehe, dass ihr hin und wieder in eine Schockstarre geratet. Aber irgendwann wacht man aus dieser Starre auf und dann ist es wichtig, gewisse Dinge nicht stehen zu lassen. Dass man sich wehrt und etwas sagt. Auch wenn man so selbst mal zur Zielscheibe wird. Verstummt nicht. Holt euch darum auch Unterstützung und fordert diese ein, von Freund:innen, von Partei- und Abeitskolleg:innen. Nur so können wir kollektive Verantwortung praktizieren.