Petition will Nackte von der Werdinsel verbannen

Unbekannte fordern ein Ende des einzigen offiziellen FKK-Bereichs in Zürich. Der Vorwurf: wiederholte Sexszenen und Belästigungen. Doch der Quartierverein und die Stadtpolizei winken ab.

Werdinsel
Am Spitz der Werdinsel ist FKK-Baden erlaubt. (Bild: Creative Commons)

Mit einer Petition fordern Anwohner:innen die Auflösung des Nacktbereichs auf der Werdinsel. Die Atmosphäre auf dem Inselspitz führe dazu, dass Familien das gesamte Landstück meiden würden, obwohl der Nacktbereich fast die Hälfte der Fläche beanspruche, heisst es in der Petition. 

Wer hinter dem Schreiben steht, ist nicht bekannt. Die Verfasser:innen nennen sich «Anwohner der Werdinsel» und als Kontakt ist lediglich eine unspezifische Mail-Adresse hinterlegt.

Die Petition hat es auch in einen Reddit-Post geschafft – und stösst dort auf wenig Verständnis. In der Kommentarspalte scheint niemand ein Problem mit den Nudist:innen zu haben.

«Wir sind mit meinen Kindern an ihnen vorbeigeschwommen, sie haben die nackten Menschen gesehen, und ich kann euch versichern, dass weder ihre Schwimmfähigkeiten noch ihre Stimmung oder ihre Werte durch den Anblick eines nackten Menschen dauerhaft geschädigt wurden», schreibt ein User.

Einziger offizieller FKK-Bereich

Die Werdinsel lockt zahlreiche Besucher:innen an. An heissen Wochenenden strömen tausende Menschen, Familien und Jugendliche an die Limmat in Höngg. Im oberen Teil im Flussbad verläuft alles in geregelten Bahnen. Kinder springen ins kalte Nass und versuchen gegen die Strömung anzuschwimmen, Badetuch reiht sich an Badetuch und am Kiosk gibt es Wienerli vom Biohof.

Auf der anderen Inselseite treiben Menschen in Gummibooten den Fluss runter. Sie trinken Bier aus der Dose und aus ihren Boomboxen schallert laute Musik.

Beim «Böötlen» erhaschen die Hobbykapitän:innen am unteren Teil der Insel einen Blick auf einen seltenen wilden Flecken in Zürich. Hinter dem steinigen Flussbett, zwischen den Pappeln und auf den ungemähten Wiesen sonnt sich hier ein bunt durchmischtes Völkchen.

Die älteren homosexuellen Dauergäste, junge Raver:innen, die ihre Ganzkörper-Tattoos in Szene setzen und dann noch die angezogenen Normalos, die die Ruhe geniessen. 

In Zürich ist die Werdinsel der einzige offizielle FKK-Bereich. Wer hier nackt sein will, darf das, muss aber nicht.

Ärger über angebliche sexuelle Handlungen rund um den Inselspitz flammt immer wieder auf. Bereits vor zwanzig Jahren war die Schwulenorganisation HAZ (Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich) noch zu Präventionszwecken unterwegs am unteren Teil der Werdinsel, zusammen mit Patrouillen der Stadtpolizei, wie aus einem NZZ-Bericht aus der Zeit zu entnehmen ist. Plakatwände mit Sätzen wie «Auf der Werdinsel gibt es keinen öffentlichen Verkehr» wurden aufgestellt.

2017 hat die Stadt hier aufgeräumt. Um Sexwillige zu vertreiben, wurde das gesamte Wäldchen und die Uferbestockung auf eine Höhe von zwei Metern ausgedünnt, indem Büsche und Unterholz entfernt wurden. Mehrere Tafeln weisen auf den FKK-Bereich hin, damit keine Spaziergänger:innen unverhofft in nackte Angelegenheiten geraten. 

«Mehrfach sexuelle Handlungen»

Im Petitionsbrief, den Anwohner:innen in ihren Briefkästen vorfanden, heisst es, dass am Inselspitz wiederholt sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit beobachtet worden seien. Auch würde der Bereich Männer von weit her anziehen und dadurch zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen führen.

Welche sexuellen Handlungen die Verfasser:innen beobachtet haben und woran sie festmachen, dass viele der männlichen Besucher von weit her kommen, wollen sie auf Nachfrage zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. 

Auch Alexander Jäger, Präsident des Quartiervereins Höngg, hat von der Petition gehört. Dem Vorstand des Quartiervereins seien jedoch keine Probleme bekannt. «Der Nacktbadebereich ist sehr gut gekennzeichnet und stellt daher kein Problem für die Mehrheit der Höngger:innen dar.» 

Die Stadtpolizei Zürich schreibt auf Anfrage, dass es seit 2022 lediglich fünf Anzeigen wegen Exhibitionismus gab. Da es nicht verboten sei, bei der Werdinsel nackt zu baden, könne die Polizei jedoch nichts unternehmen. 

Verkehrsaufkommen sei grösseres Problem

In einem Punkt sind sich jedoch der Quartierverein und die Petitionär:innen einig. Die angespannte Verkehrssituation sei ein grosses Problem. 

Die Überbelegung von Parkplätzen an der Winzerhalde, wo die Badegäst:innen, obwohl sie nicht parken dürfen, trotzdem parken und die Anwohner:innen keine Parkplätze finden, sei das Hauptproblem, schreibt Alexander Jäger auf Anfrage. 

An heissen Tagen drängen sich bei der Werdinsel hunderte Autos. Auch in dieser Angelegenheit fordern Anwohner:innen mit einer Petition die Stadt auf, den Zugang zu regulieren, um die Sicherheit zu erhöhen, wie 20 Minuten vor wenigen Tagen schrieb.

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