Internationaler Klimastreik Zürich: Wer demonstriert überhaupt noch?
Obwohl die Klimakrise in den medialen Hintergrund gerückt ist, zogen am 4. Oktober über tausend Personen zum globalen Klimastreik durch Zürich. Nicht alle aus demselben Grund, aber mit dem gleichen Ziel.
Einst demonstrierten in Zürich über 10'000 Menschen am internationalen Klimastreik. Doch auf die grüne Welle folgte die Ernüchterung. Bei den Parlamentswahlen, aber auch in der öffentlichen Wahrnehmung, scheint das Thema an Aufmerksamkeit verloren zu haben.
Im Jahr 2024, als der Klimastreik mit der Rad-WM kollidierte, gewann der kommerzielle Grossanlass und nicht die globale Krise. Weil die städtische Sicherheitsdirektion für den 20. September keine Bewilligung erteilte, fand der internationale Klimastreik in Zürich zwei Wochen später statt als auf dem Rest der Welt.
Doch trotz Verschiebedatum und regnerischem Wetter erscheinen am Freitagabend, dem 4. Oktober, immer mehr Leute am angekündigten Treffpunkt beim Landesmuseum. Gemäss Angaben der Organisator:innen mobilisierte der Aufruf über 2000 Menschen. Ausgestattet mit Regenschirmen und Transparenten zogen sie gegen 19 Uhr unter dem Motto «gemeinsam für einen Systemwechsel» durch die Innenstadt.
Wer sind diese Leute, die noch immer gegen die Klimakrise auf die Strasse gehen? Und was motiviert sie?
Luiza und Lu vom Organisationskomitee: «Die aktuellen Nachrichten zeigen, wie wichtig es ist, dass heute der internationale Klimastreik stattfindet. Hier sieht man die vielen Menschen, die nicht aufgeben und weiter kämpfen. Das gibt uns viel Energie.»
Rosmarie Wydler-Wälti und die Klimaseniorinnen: «Jetzt ist nicht die Zeit, aufzuhören. Wir müssen dranbleiben und den politischen Kampf fortsetzen. Wir sind schon gespannt auf die Antwort des Bundesrats zum Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, die am 9. Oktober erwartet wird.»
Bettina: «Ich arbeite im Bereich Klimaschutz und bereite mich auf die Klimakonferenz in Baku vor. Heute bin ich direkt vom Büro an den Streik gekommen. Ein bisschen bin ich auch für mich hier, denn es tut gut zu sehen, dass man nicht alleine ist, im Kampf gegen die Klimakrise, sondern sich viele andere auch dafür einsetzen.»
Manuel mit seiner Nichte: «Der Klimaschutz ist eines der wichtigsten Anliegen unserer Zeit. Deswegen finde ich es schon frustrierend, dass viele Leute nicht mehr an die Demos kommen. Wenn man bedenkt, wie viel Zeit man pro Tag auf den sozialen Medien verbringt, fühlt sich jede Minute, die ich hier für den Streik einsetze, für mich sinnvoll an.»
Iris: «Seit 45 Jahren bin ich aktiv in der Klimabewegung, zunächst vor allem gegen Atomkraft und für Solarenergie. Und es hat zwar gedauert, aber heute wird Solarenergie immer breiter eingesetzt. Doch am Ziel sind wir noch nicht, es muss noch mehr geschehen.»
Rara: «Ich bin heute mit dabei, weil immer noch viel zu wenig fürs Klima getan wird und einige Politiker:innen einfach unfähig sind.»
Tessa und Anouk: «Wir studieren beide Umweltwissenschaften und beschäftigen uns viel mit dem Thema. Viele sind müde, weil sich im Klimaschutz kaum etwas tut. Aber alle, die heute hier sind, ermutigen uns, weiterzumachen.»
Eva, Matthieu, Robert, Benjamin und Samira: «Wir sind hier, weil weiterhin zu viel in fossile Strukturen investiert wird. Es braucht positive Visionen für eine gerechte Gesellschaft.»
Susan und Anja: «Viel mehr Menschen sollten hier sein, denn die Welt steht in Flammen. Es sind wenige, die viel nehmen, während viele nur wenig haben. Wir müssen jetzt handeln, damit wir eine Zukunft haben.»
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Medien. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Mittlerweile sind 1800 Menschen dabei und ermöglichen damit den Tsüri-Blick aufs Geschehen in unserer Stadt. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 2000 – und mit deiner Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für Tsüri.ch und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 8 Franken bist du dabei!
Natürlich jederzeit kündbar.