Gemeinderat der Woche: Reto Brüesch (SVP)

Reto Brüesch ist eher kein gewöhnlicher SVP-Politiker. Er ist Teil einer Baugenossenschaft und setzt sich für sozialen Wohnraum und eine «gesunde Verdichtung» der Stadt ein. Der Sport sei ihm wiederum wichtig, weil er ein Integrationsmittel sei, so der ehemalige Fussballtrainer. Als Sohn eines FDPlers hat er zudem das Gewerbe im Blick.

Reto Brüesch, SVP
(Bild: Steffen Kolberg)

«Es ist etwas speziell für einen SVP-Politiker, das stimmt», lacht Reto Brüesch, angesprochen auf seinen Themenschwerpunkt Stadtentwicklung. Brüesch ist nicht nur in der entsprechenden Sachkommission Hochbaudepartement/Stadtentwicklung, er ist auch Mitglied der Stiftung PWG zum Erhalt von preisgünstigen Wohn- und Gewerberäumen in der Stadt und im Vorstand der Baugenossenschaft Grubenacker, die auf dem städtischen Areal an der Thurgauerstrasse bauen möchte.

Wenn es um die Themen Wohnen und Bauen geht, dann ist es meist Brüesch, der für seine Partei ans Redner:innenpult tritt. Aber auch der Sport ist dem 50-Jährigen wichtig. Vier Jahre war er Fussballtrainer in Wallisellen, erzählt er, und er findet: «Sport ist ein Integrationsmittel. Er bringt Jugendliche in einen sozialen Zusammenhang.»

Bei der Sitzung am Mittwoch standen gleich mehrere Geschäfte zwischen Wohnraum und Sport auf der Tagesordnung, die Brüesch mit eingereicht hatte. Bei zwei von ihnen gewann er parteiübergreifende Unterstützung: Bei der Zonenänderung im Gebiet des Schützenhauses Hasenrain fand das von ihm und seinem Fraktionskollegen Jean-Marc Jung eingereichte Postulat, das die Sicherstellung eines ganzjährigen Betriebs des Hauses forderte, eine breite Zustimmung, der sich nur AL und Grüne verweigerten. Ein weiteres Postulat der beiden, das im Zuge der geplanten Erweiterung des Schulhauses Riedhof in Höngg einen Zugang zum benachbarten städtischen Grundstück sowie dessen zeitnahe Bebauung für breite Bevölkerungsgruppen forderte, bekam Unterstützung bis bis in die AL hinein.

Wenn man für die Erweiterung von Schulhäusern Umzonungen vornehme, müsse man zeitgleich auch Wohnzonen zur Verfügung stellen, erläutert er. Diese Haltung sei in seiner Fraktion nicht unumstritten, doch finde er, dass die Stadt eine gesunde Verdichtung durchaus vertrage. Zu viel Verdichtung jedoch führe zu mehr sozialen Konflikten und dem Verlust von Grünraum. Ein aktuelles Beispiel ist für ihn die Vorstellung der aktualisierten Hochhausrichtlinien der Stadt am Mittwoch. «Man verdichtet in den Quartieren, die sowieso schon sozial schwächer sind, im Norden und Westen», so Brüesch: «Irgendwann fehlt es dann an Grünraum, an Sozialverträglichkeit und Lebensqualität.»

Das Quartier Seebach beispielsweise, wo Brüesch aufwuchs und seit 30 Jahren im Quartierverein ist, sei in den letzten 20 Jahren um über 35 Prozent gewachsen und solle in den nächsten 20 Jahren noch einmal so kräftig wachsen. Vorbilder in Sachen Hochhausstrategie seien für ihn Städte wie Wien, Paris oder auch Genf, die Hochhaussiedlungen punktuell bauten und das Stadtbild sonst frei von ihnen hielten.

Auch beruflich hat Brüesch Erfahrungen mit Hochhäusern. Der heutige Geschäftsführer der Baugenossenschaft SILU in Kloten betreute früher Wohnbauten der Pensionskasse der Versicherungsgesellschaft Axa – unter anderem auch die Telli-Siedlung in Aarau mit fast 600 Wohnungen. Nachhaltigkeit im Wohnbereich, das sei nicht nur ökologisch zu verstehen, erläutert er, sondern auch sozialverträglich und ökonomisch. Die heutige überregulierung bevorteile nur noch Ersteres gegenüber den anderen beiden Faktoren. Womit wir bei Brüeschs drittem Schwerpunkt neben Wohnen und Sport wären, dem Gewerbe. Sein Vater sei FDPler gewesen, erzählt er. Er selbst sei wohl ein «liberaler SVPler».

Warum sind Sie Gemeinderat geworden? Viele in der Bevölkerung sagen sich, die da in der Verwaltung und im Parlament machen sowieso was sie wollen. Nur zuzuschauen und die Faust im Sack zu machen finde ich keine Lösung, daher habe ich mich für die Gemeinderatswahlen 2018 aufstellen lassen. Seit Frühling 2021 bin ich im Rat und konnte für Thomas Schwendener nachrücken. Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen? Ich würde gerne mit Selina Frey (GLP) und Matthias Probst (Grüne) etwas trinken und mich über Verdichtung, Wohnqualität, die Transformation der Stadt und ihre Folgen unterhalten. Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert? Am meisten geärgert hat mich die ablehnende Haltung von AL, SP und Grünen bei der Motion «Mehr Wohnungen für die ältere Bevölkerung in städtischen Liegenschaften» von Ernst Danner (EVP) und mir. Immer wieder heisst es von dieser Seite, man brauche mehr Alterswohnungen. Wenn dann ein Vorstoss von anderen Parteien kommt, wird er abgelehnt.

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Sein Studium in Politikwissenschaften und Philosophie in Leipzig brachte Steffen zum Journalismus. Als freier Journalist schrieb er für die WOZ, den Tagesspiegel oder die Schaffhauser AZ. Laut eigenen Aussage hat er «die wichtigste Musikzeitschrift Deutschlands, die Spex, mit beerdigt». Seit 2020 ist Steffen bei Tsüri.ch. Sein Interesse für die Zürcher Lokalpolitik brachte das wöchentliche Gemeinderats-Briefing hervor. Nebst seiner Rolle als Redaktor kümmert er sich auch um die Administration und die Buchhaltung.

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