Gewinnsteuervorlage hält an Privilegien für Grossanleger:innen fest

Am 18. Mai stimmt der Kanton Zürich über die Gewinnsteuervorlage ab. Der Regierungsrat sah höhere Steuern auf Dividenden vor, doch der Kantonsrat stellte sich quer. Aktuelle Zahlen zeigen, dass dies fast nur den Grossaktionär:innen nützt.

UBS Bank Zürich
Bei einem Ja zur Steuergesetz-Revision könnten Grossanleger:innen profitieren. (Bild: Unsplash/Claudio Schwarz)

Am 18. Mai entscheidet die Zürcher Stimmbevölkerung über die nächste Gewinnsteuersenkung für Unternehmen nach 2019. Die Vorlage des Regierungsrats sah vor, dass die Dividendenteilbesteuerung von 50 auf 60 Prozent steigen sollte.

Bei einem Ja zur Steuervorlage hätte dies potenzielle Gewinnsteuerverluste leicht abfedern können. Doch der Vorschlag wurde letzten Herbst von einer bürgerlichen Mehrheit im Kantonsrat gekippt. Dabei zeigen neue Zahlen: Davon profitieren werden hauptsächlich Grossanleger:innen.

Geheimniskrämerei um Zahlen 

Denn während die Renten und Löhne von Normalverdiener:innen zu 100 Prozent besteuert werden, zahlen Grossaktionär:innen bloss auf die Hälfte ihrer Dividenden Steuern. Der Rest ist seit einer Gesetzesänderung aus dem Jahre 2008 steuerfrei. Jedoch nur, wenn man Unternehmensanteile in Höhe von zehn Prozent oder mehr hält. Kleinanleger:innen sind von dieser Regelung folglich nicht betroffen. 

Stattdessen profitieren vor allem jene Menschen, die über teilsatzbesteuerte Dividendeneinkünfte von mehr als einer Million Franken verfügen. Das zeigen die Zahlen der Finanzdirektion des Kantons Zürich aus dem Jahr 2021, die dieser Redaktion vorliegen.

Im Jahr 2014 waren dies im ganzen Kanton nur 261 Personen, 2020 waren es 287 Personen – sie erhielten aber fast die Hälfte der privilegiert besteuerten Dividenden. In anderen Worten: Werden weiterhin nur 50 Prozent der Dividenden besteuert, kommt das hauptsächlich den Grossanleger:innen zugute.

Obwohl die Finanzdirektion diese Zahlen offensichtlich kennt, hat sie eine Schriftliche Anfrage von AL und Grüne dazu im Kantonsrat von 2022 unbeantwortet gelassen. Eine ähnliche Forderung im März dieses Jahres wurde beantwortet, jedoch ohne konkrete Zahlen zu nennen. 

Referendumskomitee warnt vor Steuerausfällen

In einer Stellungnahme erklärt die links-grüne Minderheit des Kantonsrats, warum sie die Änderung des Steuergesetzes abgelehnt hatte. Darin argumentiert sie, dass jährlich zahlreiche Unternehmen in den Kanton Zürich ziehen und die Zahl der Arbeitsplätze stetig weiter steigen würde. Dafür seien auch öffentliche Leistungen wie das Bildungssystem, die Verkehrsinfrastruktur und das Gesundheitswesen ausschlaggebend. 

Die Steuerbelastung allein entscheide somit nicht darüber, wo sich Unternehmen ansiedeln, so die Ratsmitglieder.

Um aber mögliche Steuerausfälle durch die Vorlage auszugleichen, könnten in Zukunft gerade bei diesen Leistungen gespart werden. So würde zum Beispiel das geplante Tram Affoltern aus finanziellen Gründen verschoben werden, heisst es in der Mitteilung.

Auch das Referendumskomitee, das gegen die Steuererhöhung kämpft, warnt vor den prognostizierten Steuerausfällen in Höhe von 350 Millionen Franken und schreibt: «Das ist viel Geld, das an anderen Orten schmerzhaft fehlen wird – sei es in der Bildung, bei der Gesundheit, dem Klimaschutz oder der Kultur.» 

Der Regierungsrat dürfte derweil davon ausgehen, dass eine Senkung der Gewinnsteuer den Standort Zürich für Unternehmen attraktiver macht und so die zu erwartenden Steuerausfälle zumindest teilweise ausgeglichen werden können.

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