Gemeinderat der Woche: Matthias Renggli (SP)
Matthias Renggli ist Verwaltungsmitarbeiter beim Kanton Zürich. Im Gemeinderat der Stadt setzt er sich für Verbesserungen in der Verwaltung ein – aber auch für die Umgestaltung der Parkanlagen am Seebecken oder die Unterstützung von Musikveranstaltungen in den Quartieren.
Eine zentrale Compliance-Stelle in der städtischen Verwaltung, die das Bewusstein für ethisch korrektes Verhalten fördert und korruptes oder betriebsschädliches Verhalten bekämpft, das ist ein Anliegen von Matthias Renggli. Im Frühjahr reichte er zusammen mit seinen Fraktionskolleg:innen Rahel Habegger und Pascal Lamprecht ein entsprechendes Postulat ein. Renggli sieht den Kanton Zürich als Vorbild, der bereits über eine solche Stelle verfügt.
Beim Kanton sei dies eine Folge der Wirteaffäre um Bestechungsgelder in der Finanzdirektion, erzählt Renggli. Auch die Stadt Zürich habe beispielsweise mit der Affäre um die Vorgänge bei Entsorgung und Recycling Zürich (ERZ) bereits ein negatives Beispiel produziert. «Eine Compliance-Stelle ist in jedem Fall gut angelegtes Geld», schliesst er.
Dabei betont Renggli, dass ein solcher Vorstoss nicht als Kritik am Status Quo zu verstehen sei, sondern als Verbesserungsvorschlag. Der Jurist arbeitet selbst beim Kanton Zürich. «Von daher habe ich Sympathien für die Verwaltung und frage mich immer, wie man sie noch besser machen kann», erklärt er. Als Beispiel für einen weiteren Verbesserungsvorschlag seinerseits nennt er eine Motion aus dem Jahr 2020, in der er den digitalen Zugang von städtischen Mitarbeitenden auf ihr Personaldossier forderte.
«Mein Ziel bei einem Vorstoss ist es, sachlich zu formulieren und nicht mit irgendwelchen stürmischen Behauptungen Emotionen zu schüren, die am Ende kontraproduktiv sind», so der 47-Jährige: «Und gegen eine gut funktionierende Verwaltung hat ja grundsätzlich niemand etwas.»
Rengglis politisches Engagement beschränkt sich aber nicht nur auf die Verwaltung. Seine Vorstösse umfassen unterschiedlichste Themen wie die Begrünung von Tram- und Bushaltestellen, die Umgestaltung der Parkanlagen am Seebecken oder die Unterstützung von Musikveranstaltungen in den Quartieren. Nur Verkehrsthemen bringe er nicht in den Rat ein, sagt er. Im kantonalen Amt für Mobilität ist er als stellvertretender Leiter des Rechtsdienstes tätig, und er achte darauf, Job und Politik nicht zu vermischen: «Ich kann ja schlecht Compliance fordern und mich selbst nicht daran halten.»
Eine Ausnahme bildet sein Postulat für eine Verbesserung der Schulwegsicherheit vor der Eröffnung der Schulhäuser Guggach und Brunnenhof, das diese Woche für dringlich erklärt wurde. Das sei ein Anliegen aus seinem Wohnquartier, so der Vater von zwei Kindern. Das Quartier neben dem vielbefahrenen Bucheggplatz sei stark gewachsen, es habe inzwischen sehr viele Wohnungen, in denen Familien lebten. «Da müssen wir schauen, dass die Sicherheit der Schulwege nicht auf der Strecke bleibt.»
Als Renggli Ende 2016 in den Rat nachrückte, war er zunächst Mitglied der Geschäftsprüfungskommission, die eine Aufsichtsfunktion gegenüber städtischen Institutionen und Behörden einnimmt. Das sei ein sehr arbeitsintensives Gremium, erzählt er. Gleichzeitig biete es die Möglichkeit, Parlamentarier:innen aus allen Parteien sehr gut kennenzulernen. Der Austausch dort sei nämlich sehr sachlich, «denn es geht mehr um Vergangenheitsbewältigung als um den Blick nach vorne».
Nach einem zweijährigen Ausflug in die Sozialkommission kam Renggli 2021 in die Geschäftsleitung des Rats sowie in die Redaktionskommission. Letztere bezeichnet er als «die unpolitischste Kommission des Rats». «Als Jurist konnte ich schlecht Nein sagen, als mir das Gremium nahegelegt wurde», sagt der SPler, der die Redaktionskommission seit dem Rücktritt Mischa Schiwows (AL) im letzten Oktober auch präsidiert.
Seither ist es Renggli, der dem Gemeinderat nachträgliche redaktionelle Bereinigungen von Geschäften vorstellt, die inhaltlich schon diskutiert wurden. Manchmal geht es dabei um die Präzisierung von Formulierungen, manchmal lediglich um den Ersatz einzelner Wörter oder das Setzen eines zusätzlichen Kommas. Es sei wichtig, noch einmal einen möglichst neutralen Blick auf einen Erlass zu werfen, nachdem der politische Prozess vorbei sei, erklärt Renggli: «Das ist für Nicht-Jurist:innen vielleicht etwas langweilig, aber für eine gute Verwaltung braucht es auch gute Gesetze, die nicht mehrdeutig sind.»
Warum sind Sie Gemeinderat geworden?
Ich hatte immer ein Interesse an der Politik, habe in der Studienzeit in die SP Kreis 6 hineingeschnuppert und wurde rasch Mitglied der Kreisschulpflege Waidberg. Durch die Mitarbeit in der Partei habe ich dann die Gelegenheit erhalten, in den Gemeinderat nachzurücken. Das Politisieren im Rat ist für mich etwas zwischen spannendem Hobby, politischer Weiterbildung und konkreter Gestaltungsmöglichkeit.
Mit welche:r Ratskolleg:in der politischen Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?
Ich bin nicht so der Biertrinker und habe oft wenig Zeit für die geselligen Anlässe. Umso wichtiger finde ich es, Gelegenheiten wahrzunehmen und sich auch mit Ratsmitgliedern auszutauschen, die nicht die gleiche politische Meinung vertreten. Emanuel Tschannen (FDP) zum Beispiel ist neu im Rat, und ich hatte noch keine Gelegenheit, mit ihm zu sprechen. Er ist Jurist, aber mit einem anderen Hintergrund. Daher wäre sicherlich spannend, herauszufinden, wo wir ähnliche Ansichten haben und wo nicht.
Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?
Glücklicherweise bin ich im Moment auf kommunaler Ebene meist auf der Seite der Gewinner und Ärger kommt nicht oft vor. Mir ist wichtig, dass die demokratischen Spielregeln und damit auch die Mehrheitsentscheide respektiert werden. Mich ärgern daher mehr Themen auf Ebene Bund und Kanton – beispielsweise, dass die Erbschafts- oder Finanztransaktionssteuer nicht ernsthafter weiterverfolgt werden. Auch würde ich mir wünschen, dass es bei der Transparenz der Politikfinanzierung vorangeht.