Gemeinderätin der Woche: Yasmine Bourgeois (FDP)
Yasmine Bourgeois braucht immer wieder neue Herausforderungen. Seit vier Jahren politisiert sie für die FDP im Gemeinderat und nimmt dort gerne mal die Themen-Bälle auf, die ihr die NZZ zuwirft. Nun kandidiert die 49-Jährige für den Nationalrat.
Vier Millionen Franken pro Klasse wird das Schulhaus Saatlen voraussichtlich kosten, dessen Bau von der Stimmbevölkerung in diesem Sommer mit überwältigender Mehrheit gutgeheissen wurde. So rechnete es die NZZ im Vorfeld der Abstimmung ihren Leser:innen vor. Yasmine Bourgeois nahm die Kostenrechnung pro Klasse auf, um eine Begrenzung der Baukosten für Schulhäuser einzufordern. Zusammen mit ihrer FDP-Fraktionskollegin Sabine Koch reichte sie vor zwei Wochen ein Postulat ein, das eine Budgetierung von maximal drei Millionen Franken pro Schulklasse verlangt. In dieser Woche kam ein Ablehnungsantrag vonseiten der AL, das Thema wird also bald zu Diskussionen im Rat führen.
«In Zürich steht überall das Teuerste und Beste», erklärt die Schulleiterin: «Aber Kinder wollen in erster Linie in die Schule gehen, sie wollen ein gemütliches und ansprechendes Schulhaus, in dem sie sich wohlfühlen.» Ausserhalb der Stadt Zürich gelinge es trotz kantonaler Vorgaben schliesslich auch, deutlich günstiger zu bauen. Einsparungen seien ohne weiteres bei der Wahl der Materialien, bei der Haustechnik oder auch bei Kunst am Bau möglich.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Bourgeois und die NZZ gegenseitig die Themen-Bälle zuwerfen. Nachdem das Blatt eine Debatte um den Zusammenhang von Zuschauer:innenzahlen, Intendanz und Finanzierung des Schauspielhauses losgetreten hatte, war es vor allem Bourgeois, die die hohen städtischen Zuwendungen an das Theaterhaus immer wieder in den Rat brachte. Zuletzt stellte sie die Gelder in einen Kontext mit der neuen Konzeptförderung für Tanz und Theater, bei der zwei kleine Bühnen mit jeweils sehr geringen Fördersummen neu ganz leer ausgegangen waren.
Nachdem die NZZ Anfang Jahr mittels Umfrage herausgefunden hatte, dass offenbar eine Mehrheit der Zürcher Bevölkerung mit dem aktuellen Integrationsmodell an Schulen unzufrieden ist und sich eine Rückkehr zu Kleinklassen an der Volksschule wünscht, ist Bourgeois aktuell eine der federführenden Politiker:innen bei einer Volksinitiative für die Rückkehr zu eben solchen Kleinklassen. Sie wolle, dass allen Kindern, die den Bedarf haben, ein Platz in einer Förderklasse zusteht, erläutert sie ihr Vorhaben: «Man wird niemandem gerecht im jetzigen System.» Statt eine «Unmenge von Leuten», die sich an integrativen Schulen um die Bedürfnisse der Schüler:innen kümmerten und die Klassen mit Unruhe und die Lehrpersonen mit viel Koordinationsarbeit belasteten, sollen die von ihr geforderten Förderklassen jeweils von Heilpädagog:innen geleitet werden, die die Verantwortung ganz übernehmen. Gleichzeitig sei ihr aber auch die Durchlässigkeit zwischen Förder- und Regelklassen wichtig, betont Bourgeois.
Die 49-jährige Witikerin war schon bei den Jungliberalen aktiv, wie sie erzählt. Zuerst liess sie sich zur Hotelmanagerin ausbilden und war dann im Eventmanagement tätig. Später wurde sie zunächst Primarlehrerin, dann Schulleiterin. Sie brauche immer wieder neue Herausforderungen, sagt sie. Über mehrere Jahre war sie in ihrer Freizeit Eiskunstlauflehrerin, später Schulpflegerin, seit 2018 sitzt sie im Gemeinderat. Alles immer neben der Berufstätigkeit, wie sie betont.
Aktuell kandidiert sie für den Nationalrat. Was sie auf Bundesebene bewegt? Wie auf Gemeindeebene wolle sie sich gegen die zunehmende politische Bevormundung wehren, wie sie sagt: «Es wird uns beispielsweise immer mehr vorgeschrieben, wie man reden, was man essen, wie man sich fortbewegen soll», ist sie überzeugt. Zudem sei ihr das Thema Sicherheit wichtig: Sie sei für eine moderne, stets bestens ausgerüstete Armee und wolle sich dafür einsetzen, das Personalproblem zu lösen.
Warum sind Sie Gemeinderätin geworden?
Politik ist mir quasi in die Wiege gelegt worden und ich habe mich schon immer damit beschäftigt. In der Stadt Zürich rege ich mich schon lange über die vorherrschende, mir nicht entsprechende Politik auf. Doch aufregen bringt nichts, deshalb wollte ich selber anpacken.
Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?
Ich bin ein sehr umgänglicher Mensch und kann mit vielen gut. Aber ein Bier würde ich zum Beispiel jederzeit mit Mischa Schiwow (AL) trinken.
Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?
Im Gemeinderat war das sicher die Einführung einer City Card für Sans Papiers. Was mich geärgert hat, war die Tatsache, dass man etwas annimmt, obwohl man wusste, dass es so nicht umsetzbar ist – nur illegal. Das ist ein Versuch, das geltende Recht zu biegen, nur weil es einem nicht passt.