Gemeinderätin der Woche: Brigitte Fürer (Grüne)

Grüne Freiräume sind ihr grosses Thema. Die Landschaftsarchitektin und Raumplanerin Brigitte Fürer hält Hochhäuser für eine Zeiterscheinung und findet, dass Bäume eine Lobby brauchen.

Brigitte Fürer, Grüne
(Bild: Steffen Kolberg)

Grüner geht es kaum: «Auch Bäume brauchen eine Lobby», so lässt sich Brigitte Fürer auf der Webseite der Zürcher Grünen zitieren. Die Landschaftsarchitektin und Raumplanerin erzählt, dass sie schon lange vor ihrem Eintritt in die Partei eine Grüne gewesen sei: «Ich glaube, ich war schon in der Primarschule grün.» 2018 kam sie in den Gemeinderat, wo sie sich seither für den Erhalt von grünen Freiräumen in der Stadt einsetzt. Wie das angesichts der geplanten Verdichtung der Stadt funktionieren soll, erklärt sie folgendermassen: «Zum einen müssen wir schützen, was wir an Freiraum haben. Zum anderen geht es darum, bei grösseren Arealen halböffentlichen Freiraum zur Verfügung zu stellen, der auch für das Quartier zugänglich ist. Und was oft total vergessen geht: Auch am Arbeitsplatz braucht es grüne Freiräume, wo man in der Pause zum Beispiel mal ein Sandwich essen kann.» Bei der Verdichtung in Zürich Nord sei dieser Aspekt total vergessen gegangen, nun tummelten sich in der Mittagspause alle Angestellten des Quartiers auf dem einzigen kleinen Grünstreifen, den es dort gebe.

Fürer selbst wohnt im Kreis 4 in einem Blockrandgebiet: «Ich finde, das ist eine der besseren Architekturen, die wir haben. Sie konnte sich den veränderten Bedürfnissen anpassen.» Hochhäuser seien eine Zeiterscheinung, findet sie. Sie seien teuer und produzierten ihrerseits wiederum höhere Bedürfnisse an den Aussenraum. Das Lochergut zum Beispiel habe von der Ausnutzung her nicht mehr gebracht als die Blockrandbebauung, die vorher an diesem Ort stand.

Ihr Kreis sei nicht nur eines der unterversorgtesten Quartiere, wenn es um öffentliche Grünflächen gehe, es zeige auch exemplarisch, wie Gentrifizierung funktioniere: «Ich wohne dort seit 30 Jahren. Früher gab es eine Stadtflucht und niemand wollte dort hin ziehen. Inzwischen hat die Offroader- und Tesla-Dichte zugenommen und die Bevölkerung mit Migrationshintergrund, die das Quartier in Teilen ausgemacht hat, kann es sich zunehmend nicht mehr leisten, dort zu wohnen.»

In der Sachkommission Hochbaudepartement und Stadtentwicklung, die sie seit einem Jahr präsidiert, gehe es in nächster Zeit vermehrt um preisgünstigen Wohnraum, erzählt sie. Zum Beispiel stehe eine lang ersehnte Vorlage an, die es der Stadt erlaube, einen Mindestanteil an preisgünstigem Wohnraum vorzuschreiben. «Mein erster Eindruck ist, dass die städtische Verwaltung hier ziemlich unambitioniert ist», kommentiert Fürer die entsprechende städtische Weisung.

Beruflich war die 59-Jährige länger im ländlichen Raum unterwegs: Bis 2020 entwickelte sie als Geschäftsführerin der Regionalplanungsgruppe Regio Frauenfeld Entwicklungsprojekte im Thurgau. «Dort konnte man unmittelbar mit den Leuten zusammenarbeiten», erzählt sie. «Um alle mit ins Boot zu holen haben wir viel mit Pilotprojekten gearbeitet, das hat Freude bereitet.» Auch das Tempo sei dort etwas gemächlicher gewesen als im hektischeren Zürich, was sie sehr geschätzt habe. Heute arbeite sie als Raumplanerin für den Kanton Zürich und schaue als Stadtmensch auch immer mal wieder auf die Entwicklungen in der Agglo: «Ich bin immer wieder erstaunt darüber, wie lieblos man dort teilweise geplant hat und einfach um die Bahnhöfe herum verdichtet hat. Ich habe mir immer gewünscht, dass man auch dort mehr mit Freiräumen arbeiten könnte.»

Warum sind Sie Gemeinderätin geworden?

Natürlich um Zürich grüner zu machen! Aber praktisch ganz einfach weil ich aus der Partei heraus angefragt wurde.

Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Wir haben wenig Zeit für so etwas, aber wenn es sich ergibt, bin ich dabei. Gerne ein Bier trinken würde ich mit fast allen von der Gegenseite, ausser vielleicht mit einer Person.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Die Motion zur Allmend Brunau, die forderte, dass man dort in einer Freihaltezone zusätzliche Fussballplätze umsetzen soll. Da wurden meiner Meinung nach Partikularinteressen umgesetzt. Klar ist Fussball beliebt, aber wir können nicht einfach nach Nachfrage Flächen verteilen.

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Sein Studium in Politikwissenschaften und Philosophie in Leipzig brachte Steffen zum Journalismus. Als freier Journalist schrieb er für die WOZ, den Tagesspiegel oder die Schaffhauser AZ. Laut eigenen Aussage hat er «die wichtigste Musikzeitschrift Deutschlands, die Spex, mit beerdigt». Seit 2020 ist Steffen bei Tsüri.ch. Sein Interesse für die Zürcher Lokalpolitik brachte das wöchentliche Gemeinderats-Briefing hervor. Nebst seiner Rolle als Redaktor kümmert er sich auch um die Administration und die Buchhaltung.

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