Gemeinderätin der Woche: Ann-Catherine Nabholz (GLP)

Ann-Catherine Nabholz war 13 Jahre lang Mitglied der Hochbau-Kommission, obwohl sie als promovierte Literaturwissenschaftlerin eigentlich in der Kultur zu Hause ist. Inzwischen bereitet die Witikerin, die 2010 zu den ersten GLPler:innen im Gemeinderat gehörte, ihren Abschied aus der Politik vor.

Ann-Catherine Nabholz, Gemeinderätin GLP
Will 2026 nicht mehr für den Gemeinderat kandidieren: Ann-Catherine Nabholz. (Bild: Steffen Kolberg)

Seit diesem Jahr vergibt die Stadt Zürich ihre Kulturförderbeiträge an Tanz- und Theaterinstitutionen im Konzeptförderverfahren: Die Spielstätten und Akteur:innen reichen ihre Konzepte ein, eine Jury bewertet sie und die Stadt entscheidet dann, was sie für die nächsten Jahre für förderwürdig erachtet und was nicht. Doch seit im letzten Jahr bekannt wurde, dass nun mit dem Stok und dem Keller62 zwei kleine Bühnen aus der Förderung fallen (wir berichteten), gibt es viel Kritik und Verbesserungswünsche an das neue Verfahren aus der Zürcher Politik.

Einer davon stammt aus der Feder der GLP-Gemeinderätin Ann-Catherine Nabholz und ihrem AL-Kollegen Moritz Bögli. Mit einer Motion fordern sie, dass der Stadtrat die Konzeptförderbeiträge künftig spätestens ein Jahr vor Beginn der neuen Förderperiode dem Gemeinderat vorlegt. Im letzten Jahr hatte er das kurz vor den Frühlingsferien getan, die Gemeinderatskommission hatte gemäss Verordnung drei Monate Zeit, um das Geschäft noch vor den Sommerferien zu beraten. Damit sei zum einen nicht ausreichend Zeit für eine seriöse Beratung im Rat gewesen, so Nabholz. Zum anderen hätten die Theater am Ende kaum noch Zeit gehabt, um gegen den Entscheid Rekurs einzulegen. «Wir sind es den Institutionen schuldig, dass wir ihnen zuhören», sagt sie: «Schliesslich geht es bei der Förderung um deren Existenz.»

Sie sei skeptisch, ob die Konzeptförderung nun wirklich der grosse Wurf gewesen sei, so die GLP-Politikerin. «Man hat tolle neue Kriterien für die Förderung definiert, wie zum Beispiel ökologische Nachhaltigkeit. So etwas tönt schön auf dem Papier, aber das selbst zu definieren und zu erfüllen bedeutet für die Institutionen einen erheblichen Mehraufwand. Und letztendlich geht es dabei auch um Geld, das bei ihnen einfach nicht da ist.»

Kürzlich reichte Nabholz mit ihrem Fraktionskollegen Sven Sobernheim eine Schriftliche Anfrage ein, in der sie nach Bedingungen und Möglichkeiten einer Standortsicherung für Musikclubs in der Stadt fragen. In ganz Europa seien hier disruptive Prozesse im Gang, erklärt sie: Die Aufführungsstätten litten unter sinkenden Besucher:innenzahlen und städtebaulichem Druck, weshalb viele Städte inzwischen Pläne zum Erhalt dieser Infrastruktur erarbeiteten. «In der Kultur diskutieren wir ständig um gesellschaftliche Werte, der Gemeinderat mischt sich oft in die kulturellen Inhalte ein», sagt sie. «Dabei gehen die wichtigen Fragen wie die nach der Infrastruktur leider oft vergessen.»

Nabholz musste kürzlich selbst eine Kulturinstitution im Rat verteidigen: Als Verwaltungsrätin des Theater Neumarkt nahm sie im Frühjahr Stellung zu Vorwürfen der FDP, das Theater habe mit einer internen Untersuchung nicht adäquat auf Antisemitismus-Vorwürfe reagiert (wir berichteten). Die Vorwürfe waren erhoben worden, nachdem bekannt wurde, dass ein israelischer Schauspieler an dem Haus aufgrund eines libanesischen Gesetzes nicht zusammen mit einer libanesischen Schauspielerin auftreten durfte. Inzwischen ist der Streit noch weiter eskaliert und der Schauspieler hat Strafanzeige gegen Verantwortliche des Theaters eingereicht.

In den Verwaltungsrat des Neumarkt kam die heute 56-Jährige, als das Theater schon einmal Mittelpunkt politischer Debatten war. Nach der Aktion «Schweiz entköppeln!» 2016 sei im Gemeinderat über die Streichung von Geldern für das Haus gestritten worden, so Nabholz. Sie habe damals für die künstlerische Freiheit votiert – und der Verwaltungsrat sie später angefragt, weil Nabholz für ihn eine Art «Seismograf» für die Befindlichkeiten im Stadtzürcher Parlament sein könne.

Die Kulturfrau und promovierte Literaturwissenschaftlerin ist erst seit einem Jahr Mitglied der Kommission des Präsidialdepartements, dem die Kulturpolitik zugeordnet ist. Nachdem sie 2010 zu den ersten GLP-Mitgliedern gehörte, die in den Gemeinderat einzogen, ging sie in die Hochbau-Kommission und blieb dort 13 Jahre lang. Im städtebaulichen Bereich engagierte sie sich mit dutzenden Vorstössen, von einer Motion für die Abschaffung des Mehrlängenzuschlags in der Bau- und Zonenordnung, um dichter bauen zu können, bis zur Forderung, den Selecta-Automaten, der im Zuge der Sanierungsarbeiten auf dem Römerhof installiert worden war, wieder zu entfernen.

Nach der Wahl 2022 ging Nabholz ins Ratssekretariat, wo sie für die Protokollierung der Ratssitzungen zuständig ist. Es sei ein bewusster Schritt hin zur Aussensicht gewesen, sagt sie. Der Blick von vorne in den Saal erlaube ihr einen neuen und kritischeren Blick auf das Ratsgeschehen. Der nächste Schritt ist für sie der Abschied von der Politik: Bei den nächsten Wahlen 2026 werde sie nicht mehr antreten, erklärt sie.

Warum sind Sie Gemeinderätin geworden?

Ich habe längere Zeit in Frankreich und den USA verbracht und dort festgestellt, dass die Mitwirkungsmöglichkeiten an politischen Entscheiden – vor allem im Vergleich zur Schweiz – eingeschränkt sind. Nach meiner Rückkehr in die Schweiz konnte ich durch mein politisches Engagement das Versäumte gewissermassen nachholen. Der Gemeinderat interessiert mich, weil es der Ort ist, wo wir demokratisch miteinander aushandeln, wie wir zusammen in Zürich leben wollen.

Mit welche:r Ratskolleg:in der politischen Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Angesichts der zunehmend vergifteten Debattenkultur, die dazu führt, dass lieber provoziert als zugehört wird, würde ich mit jeder Gemeinderätin und jedem Gemeinderat, die in der gleichen Kneipe sitzen und Lust auf ein Gespräch haben, ein Bier trinken.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Der Entscheid des Gemeinderates, die Gesamtsanierung des Schauspielhauses abzulehnen. Die Pfauenbühne als Baudenkmal und Erinnerungsort zu betrachten, anstatt dem Theater eine – sowohl theaterbetrieblich als auch energetisch – zukunftsfähige Infrastruktur zu ermöglichen, empfinde ich als rückwärtsgewandtes Kulturverständnis. Statt Musealisierung wünsche ich mir eine zukunftsorientierte Kulturpolitik.

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare