Patrick Tscherrig: «Ich war mir lange unsicher, ob ich wirklich ins Parlament möchte» - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Gemeinderat der Woche: Patrick Tscherrig (SP)

Bundesrat will Patrick Tscherrig zwar nicht mehr werden. Doch widmet sich der 40-Jährige auch im Gemeinderat gerne den grossen Themen wie mehr günstigem Wohnraum für die Bevölkerung und dem Umbau hin zu einer klimaneutralen Energieversorgung.

Patrick Tscherrig

(Foto: Steffen Kolberg)

Als Patrick Tscherrig vor 11 Jahren an der TV-Gameshow «Traders» teilnahm, erklärte der damalige Student der Politikwissenschaft, er wolle einmal Bundesrat werden. Heute meint der SP-Gemeinderat, ein Amt im höchsten Regierungsgremium des Landes sei sicher nicht sein Ziel: «Ich dachte damals, in einer Unterhaltungssendung kommt es sicher besser, wenn man etwas steil reingeht. Aber ich kenne meine Grenzen und meine Fähigkeiten und Bundesrat gehört da sicher nicht dazu.»

Die grossen Themen bewegen Tscherrig aber auch im Stadtparlament. Als Mitglied der Sachkommission Tiefbau- und Entsorgungsdepartement sowie Industrielle Betriebe ist ihm insbesondere der rasche Ausbau von Solarstrom und Umbau der Heizungssysteme ein Anliegen. Er glaube schon, dass Stadtrat Michael Baumer (FDP), der Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe und damit auch des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (EWZ), die Notwendigkeit des Solarausbaus erkannt hat, so der 40-Jährige: «Aber mir fehlt da der Mut, das auch als die Aufgabe anzuerkennen, die sie ist, nämlich das Infrastrukturprojekt des 21. Jahrhunderts.» Tscherrig sieht dabei Parallelen zum Aufbau unserer Strom- und Wassernetze vor über 100 Jahren.

Ähnlich gross denkt Tscherrig bei seinem zweiten grossen Thema, der Wohnbaupolitik. Auch dort müsse man langfristig und radikal denken, wenn man eine Stadt wolle, in der alle Platz haben. «Vor 100 Jahren hat man angefangen mit der Wohnbauförderung und heute verdanken wir dem sehr viel», sagt er. «Wir hätten heute nicht die gleiche Stadt, hätte man damals nicht so entschlossen gehandelt.»

Dass Tscherrig nicht in einer Kommission sitze, die sich mit Wohnbaupolitik beschäftigt, habe auch damit zu tun, dass sein aktueller Job wohl zu nah an diesem Themengebiet sei, erzählt er. Seit zwei Jahren ist er beim kantonalen Verband Wohnbaugenossenschaften Zürich für Themenmanagement, Öffentlichkeitsarbeit und politische Vernetzung zuständig. Dabei handle es sich im um Lobbying für die genossenschaftliche Sache, so der Gemeinderat: «Der Begriff ist immer etwas anrüchig, aber Lobbying ist ein wichtiger Bestandteil des politischen Systems, wenn man es korrekt und transparent macht. Und das mache ich.»

Vor dieser Tätigkeit kümmerte er sich sechs Jahre lang um Kommunikation, Abstimmungskampagnen und Wahlkämpfe der Zürcher SP. Grosse Abstimmungskampagnen, die er geleitet habe, seien unter anderem die zum Wassergesetz und zum Rosengartentunnel gewesen. Am intensivsten aber sei die Leitung des Wahlkampfs zu den kommunalen Wahlen 2018 gewesen: «Das war ein Stresstest.»

Zur SP kam Tscherrig mit 22, wobei er «das mit der Juso ein bisschen verpasst» habe. Politisch interessiert sei er schon als 13-Jähriger im Zürcher Oberland gewesen, wo er damals für ein Jahr Sympathisant der FDP gewesen sei: «Aber nachher war völlig klar, es sollte eine linke Partei sein.» So richtig politisch aktiv geworden sei er aber erst, als er als 25-Jähriger nach Zürich zog: «Da war es interessanter als im Oberland, nicht nur was die Themen anbelangt, sondern auch die Leute in der Partei.»

Warum sind Sie Gemeinderat geworden?

Ich bin seit 15 Jahren politisch aktiv und habe in dieser Zeit auch immer wieder für den Gemeinde- und Kantonsrat kandidiert. Ich war mir lange unsicher, ob ich wirklich ins Parlament möchte. Es gibt ja auch viel wertvolles politisches Engagement ausserhalb. Letztlich überwog dann aber die Neugier auf das Amt und die Motivation, mich für eine solidarische Stadt Zürich einzusetzen. Dank dem ersten Listenplatz und der tollen Unterstützung der SP 12 hat es dann auch geklappt.

Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Ich habe schon mit vielen Ratskolleg:innen Bier getrunken. Zur Abwechslung fände ich ein Glas Wein mit Sebastian Vogel (FDP) ganz interessant. Er ist nämlich Weinhändler und war mir in unseren bisherigen Gesprächen sehr sympathisch.

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Ehrlicherweise muss man ja sagen, dass wir meistens gewinnen. Aber der Entscheid zum Uetlihof schmerzt mich bis heute, daran hat auch der Niedergang der CS nichts geändert. Bei solchen Projekten muss man einfach langfristiger denken.

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