Erde schaufeln mit Mauch und Rösti: Das war die Einweihung des Überlandparks

Nach fünfeinhalb Jahren Bauzeit wurde die Einhausung der A1 in Schwamendingen gefeiert. Mit dabei waren unter anderem der Bundesrat Albert Rösti und die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch.

RGB_3286-2048x1152
Gemeinsames Pflanzen einer Flaumeiche: Bundesrat Albert Rösti, Regierungsrätin Carmen Walker Späh, Stadtpräsidentin Corine Mauch und Stadträtin Simone Brander (v.l.n.r.). (Bild: Bundesamt für Strassen ASTRA)

Damit ein Bundesrat nach Schwamendingen, an den Stadtrand im Nordosten von Zürich kommt, braucht es nichts Geringeres als ein verkehrspolitisches Zukunftsprojekt.

Am Freitagmorgen war ein solcher Anlass gegeben: Nach fünfeinhalb Jahren Bauzeit wurde die Einweihung des Überlandparks, die Einhausung der Autobahn A1 gefeiert. 950 Meter lang, 450 Millionen Franken teuer und 25 Jahre politischer Kampf aus dem Quartier. Ein sogenanntes «Generationenprojekt».

Im dicht bestuhlten Zelt an der Luegislandstrasse im Kreis 12 treffen sich Unternehmer:innen, Politiker:innen, Behördenvertreter:innen und Medienleute, um auf das Ereignis anzustossen. Draussen brennt das Feuer im Pizzaofen, Gläser werden befüllt, Kaffee ausgeschenkt und frische Gipfeli serviert.

Jérôme Jacky, Kommunikationschef des Bundesamts für Strassen (ASTRA), eröffnet den Anlass und resümiert, was in den vergangenen sechs Jahren geschaffen wurde. Die Einhausung Schwamendingen umschliesst die A1 zwischen dem Autobahnkreuz Aubrugg und dem Schöneichtunnel. Auf dem Dach erstreckt sich nun ein rund 940 Meter langer Park, der den Zürichberg und das Glatttal verbindet.

Nebst der Auswahl von rund 400 vorwiegend einheimische Bäume beinhaltet der Park auch klimaresistente Pflanzen, die dem zunehmenden Hitzestress standhalten sollen – ein Prinzip, das auch bei der Neugestaltung der Pestalozziwiese verfolgt wurde. Die Finanzierung übernahmen Stadt (68 Millionen Franken), Kanton (77 Millionen) und Bund (305 Millionen).

Zur Einweihungsfeier erschienen Bundesrat Albert Rösti (SVP), Regierungsrätin Carmen Walker Späh (FDP), Stadtpräsidentin Corine Mauch und Stadträtin Simone Brander (beide SP). Gemeinsam pflanzten sie eine Flaumeiche.

Ueberlandpark Schwamendingen
Der Ueberlandpark auf dem Dach der «Einhausung Schwamendingen» verbindet den Zürichberg mit dem Glatttal. (Bild: Sophie Wagner)

In seiner Rede hebt Bundesrat Rösti die Bedeutung des Projekts für die Umwelt und die Mobilität hervor. «Es macht keinen Sinn, verschiedene Verkehrsträger gegeneinander auszuspielen», sagt Rösti. Der Verkehrsminister betont, dass solche Projekte in Zukunft notwendig seien, um die Klimaziele zu erreichen und den Verkehr in der Stadt besser zu integrieren.

Die Einhausung sei ein «Erfolg von unten», entstanden aus einer Volksinitiative. Und auch Stadtpräsidentin Corine Mauch betont: «Nur durch Menschen mit langem Atem ist dieses Projekt heute Realität geworden.»

Vom Protest zum Prestigeprojekt

Was am Freitag als Meilenstein der städtischen Verkehrs- und Umweltpolitik gefeiert wird, begann vor über zwei Jahrzehnten mit Widerstand.

1999 reichten engagierte Anwohnende eine Volksinitiative mit über 12'000 Unterschriften ein. Sie forderten eine Lösung, um Lärm und Schadstoffe im Quartier zu reduzieren. Denn damals teilte die Autobahn das Quartier in zwei. ​​2001 stellte sich der Zürcher Kantonsrat hinter das Anliegen, trotz Widerstand des Regierungsrats. 2006 sowie 2021 sagten die Zürcher Stimmberechtigen deutlich Ja zur Finanzierung.

Jürg Rüegger, Präsident des Vereins Einhausung Schwamendingen, blickt auf einen jahrzehntelangen Einsatz zurück: «Wir haben gekämpft, gekämpft und wieder gekämpft – auch wenn Ämter und Regierung dagegen waren.» Für ihn ist klar: «Ohne den Zeitgeist der Epoche und die direkte Demokratie stünden wir heute nicht hier.»

Auf Quartieraufwertung folgt Mieterhöhung

Doch nicht alle Stimmen an diesem Freitagmorgen bleiben feierlich. Thomas Lohmann von der Interessensgemeinschaft (IG) «Pro Zürich 12» warnt: «Der grösste Teil ist baulich abgeschlossen, aber sozial ist das Projekt noch nicht.» Mit der Aufwertung des Quartiers würden auch die Mieten steigen.

Tsüri.ch recherchierte bereits 2023 zu den wohnpolitischen Veränderungen im Quartier am Rande der Stadt. Es zeigte sich, dass die Aufwertung in Schwamendingen bereits in vollem Gange war. Die Stadt argumentierte damals, die Gefahr von Verdrängung sei gering, da der Kreis 12 einen hohen Prozentsatz an genossenschaftlichen Wohnungen habe. Recherchen von Tsüri.ch zeigen aber auf, dass den Genossenschaften zum Trotz auch in Schwamendingen die Mieten steigen werden.

Bei der Einweihungsfeier mahnt Thomas Lohmann von der IG deshalb, dass die Aufwertung des Quartiers nicht auf dem Rücken der bisherigen Bewohner:innen passieren dürfe. «Alle Menschen sind in Schwamendingen willkommen, unabhängig von Einkommen oder Herkunft.»

Ohne deine Unterstützung geht es nicht

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Medien. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Mittlerweile sind 2000 Menschen dabei und ermöglichen damit den Tsüri-Blick aufs Geschehen in unserer Stadt. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 2500 – und mit deiner Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für Tsüri.ch und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 8 Franken bist du dabei! Natürlich jederzeit kündbar!

Jetzt unterstützen!
Sophie Wagner

Ausbildung als Polygrafin EFZ an der Schule für Gestaltung in Bern und aktuelle Studentin Kommunikation mit Vertiefung in Journalismus an der ZHAW Winterthur. Einstieg in den Journalismus als Abenddienstmitarbeiterin am Newsdesk vom Tages-Anzeiger, als Praktikantin bei Monopol in Berlin und als freie Autorin beim Winterthurer Kulturmagazin Coucou. Seit März 2025 als Praktikantin bei Tsüri.ch

tracking pixel

Das könnte dich auch interessieren

Kommentare