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5. Oktober 2023 um 04:00

Florine Mitondo (Juso) will mit Protest ins Parlament

Die Jungsozialistin Florine Mitondo will in den Nationalrat. Im Gespräch erzählt sie, warum wir in einem rechten Staat leben und wieso die Hufeisentheorie Bullshit ist.

Florine Mitondos Lieblings-Demo-Slogan ist «Bullen, Bonzen, Banken – Alle müssen wanken». (Foto: Til E. und Kinga K.)

Um acht Uhr morgens stehen wir vor dem Sekretariat der JUSO Zürich, nahe dem Bahnhof Wiedikon. Mit uns: Florine Mitondo, Co-Präsidentin der Jungpartei und Kandidatin für den Nationalrat. Bis ins Büro gelangen wir aber nicht – der Schlüssel fehlt. Daraufhin lädt sie uns kurzerhand in ein nahegelegenes Café ein, wo wir mit ihr ins Gespräch kommen. 

Politik war stets ein Thema in der Familie Mitondo: der Vater studierter Politikwissenschaftler, die Mutter bei der SP. Mitondo beginnt 2019, sich an Demonstrationen für den Klimaschutz starkzumachen, gleichzeitig beschäftigen sie Themen wie Rassismus und Feminismus, wodurch sie schnell auf die JUSO aufmerksam wird. 

«Ich bin Aktivistin und Politikerin», sagt Mitondo. Jedoch mache ihr der Aktivismus mehr Spass, fügt sie an. Die Demonstrationen und Aktionen seien häufig reine Provokation. Man wolle damit primär mediale Aufmerksamkeit erregen und Diskussionen beginnen. 

Mitondo setzt sich für die Repräsentation von Minderheiten ein; sie will bei einem Parlament nicht an eine Gruppe «alter, weisser Männer» denken. Sie will mehr People of Color sowie queere Menschen in der Politik sehen. Dies sei für eine funktionierende Demokratie unerlässlich. Deshalb kandidiert sie. 

Ihr Lieblings-Demo-Slogan sei «Bullen, Bonzen, Banken – Alle müssen wanken!», gibt sie in einem Video auf Instagram preis. Dies sei nicht diskriminierend; man richte sich nicht gegen Einzelpersonen, sondern gegen das gesamte System. «Wenn jemand Polizist:in wird, muss diese Person akzeptieren, dass sie in dieser Rolle der Sicherung von Kapital dient und daraus Unterdrückung folgt», erklärt Mitondo. Dieses Machtsystem solle geändert werden.

«Wir sind uns alle einig, dass der Kapitalismus nicht funktioniert und überwunden werden muss.» Mitondo, beziehungsweise die JUSO, strebt den Sozialismus an. Dass dieser bisher in keinem Land Erfolg hatte, lässt sie nicht verunsichern. Das Risiko zu scheitern bestehe, jedoch sei dies kein Grund, es nicht zu versuchen.

Wie nahe ist die Schweiz dem Sozialismus?

Gar nicht. Die Regierung ist rechts. Die Schweiz ist noch nichtmal Wohlfahrtsstaat. Wir müssen momentan darum kämpfen, dass grundlegende Sozialleistungen nicht abgeschafft werden. Man muss um alles kämpfen.

Die Hufeisentheorie besagt, dass das linke Ende des politischen Spektrums dem rechten Ende durchaus ähnlich ist. Was hältst du davon?

Das ist Bullshit. Es gibt einen Unterschied zwischen «Es ist nicht okay, dass du homophob bist» und «Es ist nicht okay, dass du schwul bist». Klar, zeigen wir bei gewissen Themen keine Toleranz, jedoch verletzen wir damit niemanden. Wir setzen uns für Meinungs- und Religionsfreiheit ein, solange diese nicht zur Unterdrückung anderer ausgenutzt werden.

Was machst du am 4. Dezember?

Am 4. Dezember? Was ist am 4. Dezember?

Die Wintersession beginnt.

Ach so. Sind wir realistisch. Die JUSO wird es wahrscheinlich nicht in den Nationalrat schaffen. Aber man kann sich immer engagieren. Vielleicht sitze ich am 4. Dezember im Parlament, vielleicht bin ich am 4. Dezember auf einer Demo – who knows.

Welcher Filmcharakter repräsentiert dich am besten?

Maeve Wiley aus der Netflix-Serie «Sex Education». Wir haben die Gemeinsamkeit, dass wir immer unser Bestes geben möchten, auch wenn das nicht immer einfach ist. Sie ist auch nicht fehlerfrei, aber sie versucht, aus ihrer Situation das Beste zu tun.

Zürcher Jungpolitiker:innen wollen in den Nationalrat

Dieser Text von Til E. und Kinga K. enstand im Rahmen einer Projektwoche des Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Gymnasiums Rämibühl. Im Kurs «Journalismus – im Dienste der Demokratie» entstanden Porträts von jungen Politiker:innen aller grossen Parteien, die bei den kommenden Wahlen am 22. Oktober für den Nationalrat kandidieren.

Hier findest du die weiteren Porträts.

  1. Benedikt Schmid ist nicht nur politisch in der Mitte: Das Porträt von Stephania F. und Moris B.
  1. Sanija Ameti (GLP): «Ich gab Elisabeth Kopp ein politisches Versprechen»: Das Porträt von Amatus K. und Marc R.
  1. Matthias Müller (FDP): Vom «Computer-Suchti» zum Nationalratskandidaten: Das Porträt von H. R. und Y. F.
  1. Andreas Leupi (SVP): «Die Topografie Zürichs ist unpassend zum Velofahren»: Das Porträt von Milo P. und Finn K.
  1. Michelle Huber (Grüne): «Ich kann das Wort Klimakleber nicht mehr hören»: Das Porträt von David S. und Carsten S.


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