Gemeinderätin der Woche: Martina Novak (GLP)

Martina Novak wurde im Rahmen ihrer Arbeit für einen Wirtschaftsverband überzeugt, 2018 für den Gemeinderat zu kandidieren. Ein Jahr später sass sie tatsächlich dort. Inzwischen ist sie Co-Fraktionspräsidentin der GLP und sieht das breit abgestützte Netto-Null-Ziel der Stadt auch als persönlichen Erfolg.

Martina Novak
(Bild: Steffen Kolberg)

Nachdem AL, SP und Grüne aufgrund des feministischen Streiks am letzten Mittwoch einen Antrag auf Abbruch der Sitzung gestellt hatten, zeigte sich Martina Novak enttäuscht: «Was für ein trauriger Start in die Sitzung an diesem bedeutenden Tag», eröffnete sie ihr Votum. Die Enttäuschung sei so gross gewesen, dass sie nach dem Abbruch auch nicht an der Demonstration teilgenommen habe, erzählt sie: «Nicht, weil ich die Anliegen nicht teile, ich halte sie ganz im Gegenteil für sehr wichtig.»

Der Abbruchsantrag hatte die GLP-Fraktion gespalten: Ein kleiner Teil enthielt sich in der Abstimmung, ein grösserer Teil um Novak stimmte mit Nein. Die GLP steht häufiger zwischen den Stühlen und beschliesst deshalb bei manchen Abstimmungen Stimmfreigabe. «Das haben wir in erster Linie, wenn es um Beschluss- oder Ordnungsanträge geht», erklärt die Co-Fraktionspräsidentin: «Sonst versuchen wir aber schon gemeinsame Positionen zu finden, die wir dann auch alle vertreten können.» Den Vorwurf, bei der GLP wisse man oft gar nicht so genau woran man sei, lässt sie nicht gelten: «Wir sind eine Mitte-Partei, und es ist das Wesen einer solchen Partei, ein breites Meinungsspektrum abzubilden. Man hört immer wieder von rechts, dass wir zu links sind und von links, dass wir zu rechts seien, aber wenn man sich die Abstimmungen anschaut, sieht man: Wir sind meist schön in der Mitte.»

Die 38-Jährige war zehn Jahre lang Leiterin Politik beim Verband Swisscleantech, der sich für einen klimagerechten Umbau der Wirtschaft einsetzt. «Ich habe dort viel Übersetzungsarbeit zwischen den Unternehmen und der Politik gemacht», erzählt sie: «Ich habe gesehen: Umsetzen muss es am Schluss die Wirtschaft. Und da stellen sich viele Fragen.» Es habe sie gereizt, diese Umsetzung selbst mitzugestalten, weshalb sie kürzlich selbst in die Wirtschaft wechselte: Als Leiterin Nachhaltigkeit ist sie nun beim Logistikunternehmen Planzer dafür verantwortlich, das Unternehmen stärker auf Nachhaltigkeit auszurichten.

Die grosse Zustimmung zum Klimaschutzgesetz am letzten Sonntag habe sie sehr gefreut, sagt sie. Sie sei eine Anerkennung, dass die Schweiz gesamthaft in die richtige Richtung gehe und schaffe Planungssicherheit für Unternehmen. Die Ablehnung des CO2-Gesetzes vor zwei Jahren habe für diese nämlich viel Unsicherheit bedeutet. Auch für die politische Arbeit auf Gemeindeebene sei das Rahmengesetz wichtig: «Es setzt Ziele und Zwischenziele, wenn es zum Beispiel um den Gebäudepark, die Mobilität und die Industrie geht. Ausserdem sieht es Unterstützungsleistungen vor, zum Beispiel beim Heizungsersatz oder für Unternehmen, die sich auf die Dekarbonisierungsreise machen.»

Dass sich Zürich mit Netto-Null 2040 selbst ein strengeres Ziel gesetzt habe als der Bund, sieht sie auch als Erfolg von sich und ihrer Fraktion: «Wir hatten ein grosses Spektrum, in welche Richtung die verschiedenen Parteien wollten, es war ein Hickhack über Wochen. Ich glaube schon, dass wir da in der Kommission eine wichtige Brückenbauerfunktion wahrnehmen konnten.»

Neben ihrem Amt als Co-Fraktionspräsidentin ist Novak Mitglied der Sachkommission Gesundheits- und Umweltdepartement, der Geschäftsleitung sowie ad interim der Redaktionskommission. Ein Pensum, das sie vor allem aufgrund der Unterstützung ihres Arbeitgebers und ihres persönlichen Umfelds, aber auch durch die geteilte Verantwortung des Co-Fraktionspräsidiums wahrnehmen könne.

Novak wuchs im Zürcher Kreis 8 auf, studierte in St. Gallen und Paris und arbeitete unter anderem für eine Umweltorganisation in Brüssel sowie an der schweizerischen Botschaft in Budapest. Heute wohnt sie wieder im Kreis 8: «Ich hatte das starke Bedürfnis, zurückzukehren und am politischen Leben hier mitzuwirken. Denn die politischen Rechte und Pflichten, die wir hier haben sind einmalig.» Zürich sei gleichzeitig kosmopolitisch und typisch schweizerisch, was sie möge: «Die Stadt vereint beide Welten sehr schön.»

Warum sind Sie Gemeinderätin geworden?

Ich war schon früh politisch interessiert und habe mich dann später in erster Linie auf dem beruflichen Weg politisch engagiert: Ich war während zehn Jahren für einen Wirtschaftsverband tätig, der sich politisch für eine klimataugliche Wirtschaft einsetzt. Im Rahmen dieser Arbeit habe ich meine sehr geschätzte Weggefährtin und heutige Nationalrätin Corina Gredig kennengelernt. Nach einem Gespräch über Mobility Pricing hat sie mich überzeugt auf die Liste für die Gemeinderatswahlen von 2018 zu gehen – damals ging es auch noch darum die Liste zu füllen und etwas Diversität reinzubringen. Ich habe dann ein gutes Wahlresultat gemacht und durfte 2019 in den Gemeinderat nachrücken. Seit vier Jahren vertrete ich hier die Wahlkreise 7 & 8 und empfinde es als grosses Privileg an der Lösung der Herausforderungen unserer Stadt arbeiten und ihre Zukunft mitgestalten zu dürfen.

Mit welche:r Ratskolleg:in der Gegenseite würden Sie gerne mal ein Bier trinken gehen?

Von linker Seite mit Liv Mahrer (SP). Sie jongliert ihren wichtigen Beruf als Pflegefachfrau mit dem Amt als Gemeinderätin und ihrer Funktion als Co-Präsidentin der stärksten Partei der Stadt - ich finde das eindrücklich und würde sehr gerne mehr darüber erfahren. Auf rechter Seite wäre es Martin Götzl. Er scheint auch in hitzigen Debatten die Ruhe bewahren zu können und die Dinge mit der nötigen Ernsthaftigkeit, aber immer auch einer Portion Gelassenheit anzugehen. Ich werde ein Bier zu dritt initiieren!

Welches Abstimmungsergebnis hat Sie bisher am meisten geärgert?

Der Abbruch der Gemeinderatssitzung anlässlich des feministischen Streiks per Kurzfristantrag durchs Hintertürli von Links-Grün in der letzten Woche. Der Frauenstreik hat eine Geschichte und Bedeutung und sehr wichtige Grundanliegen, die nach wie vor von grosser Relevanz sind: Gleichberechtigung, Lohngleichheit, Vereinbarkeit, Schutz vor Gewalt. Auch die politische Mitsprache in einem Parlament zum Beispiel ist ein wichtiges Instrument, um sich für diese Anliegen einzusetzen. Dieses Recht mussten letzte Woche alle 125 Gemeinderät:innen niederlegen. Ich hätte es fairer gefunden wenn wir im Vorfeld gemeinsam eine konstruktive Lösung miteinander gesucht hätten.

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