12 Kreise, 12 Beizen: Felchen aus dem Zürichsee am Zwielplatz

In der Gastroreihe «12 Kreise, 12 Beizen» besucht Tsüri.ch jeden Monat eine Beiz in einem anderen Kreis. Im Kreis 10 fällt die Wahl auf ein Höngger Traditionslokal unter neuer Führung: Das «Mühlehalde 1380» am Zwielplatz ist ein Quartierrestaurant par excellence.

Mühlehalde
Wir befinden uns hier nicht auf dem Land... (Bild: Seraina Manser)

«Singen im Rudel», Höngger Tanznacht mit DJ Philippo oder «Love Songs aus aller Welt» mit dem Frauenchor Höngg – das «Mühlehalde» ist viel mehr als nur ein Restaurant. Im markanten Gebäude am Zwielplatz veranstalten Vereine aus dem Quartier ihre Events. Zudem ist es das Zuhause der Zunft Höngg. Vom Meierhofplatz, dem Herzen von Höngg, wenn man so will, folgt man den Schienen der Tramlinie 13 stadtauswärts und schon bald taucht zur Linken das «Mühlihalde» auf. So nennt man das Lokal im Dialekt. Die jetzigen Betreiber jedoch haben ihm einen neuen Namen gegeben und es nach den zwei VBZ-Linien benannt, die sich hier kreuzen: Das 13er-Tram und der 80er-Bus. Das Gebäude mit dem Laubengang steht hier schon seit Ewigkeiten, auf einem Foto von 1896 ist es bereits als Restaurant angeschrieben. In all den Jahren des Bestehens war die Wirtschaft nicht immer von Erfolg gekrönt: Bevor es die jetzigen Gastgeber übernahmen, stand es eineinhalb Jahre leer.

Mühlehalde
Velo-und Wanderroute führen an der «Mühlehalde» vorbei, an der Hauswand ganz rechts hängt das Höngger Wappen. (Bild: Seraina Manser)

Sascha Dietze war hier Geschäftsführer, als das Lokal noch zur mexikanischen Restaurantkette «Desperado» gehörte, die 2019 Konkurs ging und sich somit auch die Türen des Ablegers in Höngg schlossen. Nach einem kurzen Abstecher in einen Gastrobetrieb am Flughafen Zürich zog es Dietze jedoch wieder zurück nach Höngg: Anfang 2021 bewarb er sich zusammen mit Küchenchef Stefan Heinrich Ripphausen und Chef de Service Andy de Jong um die Übernahme des Hauses. Das Trio hatte in verschiedenen Konstellationen bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet.

Mühlehalde
Sascha Dietze, Andy de Jong und Stefan Ripphausen schmeissen zusammen die «Mühlehalde». (Bild: Seraina Manser)

Dass das Lokal nicht noch länger leer steht, sei ihm als Höngg-Bewohner ein grosses Anliegen gewesen, erklärt Dietze im Gespräch. Auch, weil er findet, dass dem Quartier sonst eine «richtige Beiz» fehlen würde. «Es gibt zwar das Restaurant Waid und eine gute Osteria, aber wo sollten sich alle Vereine treffen?» Dass das ein Bedürfnis sei, habe sich schnell gezeigt. Der Schwimmverein komme immer am Dienstagabend nach dem Training im Hallenbad Bläsi auf ein Glas in die «Mühlehalde 1380» und auch der Musikverein schaue nach der Probe gerne vorbei. Der grosse Bankettsaal würde zudem für Geburtstage oder Zunftanlässe gemietet.

Radikal regional

Im Juli 2021 feierte das «Mühlehalde» Wiedereröffnung. Das Konzept: «Nicht zu altbacken und nicht zu modern.» Schöne Beizentische stehen im schlicht dekorierten Raum, aus den Boxen ertönt treibender Pop. «Es lief gut an», erzählt Dietze. Das Quartier hat sich laut dem Wahlhöngger in den letzten Jahren verjüngt. Auf der Kinderkarte stehen selbstgemachte Nuggets aus Schweizer Pouletbrust und ein «Chindercoupe mit WOW-Effekt».

Mühlehalde
Das ist kein Parmesan, sondern Parmino, sein Schweizer Bruder. (Bild: Seraina Manser)

Das beliebteste Gericht unter Erwachsenen sei die Felche aus dem Zürichsee. Es ist offensichtlich: Das Dreiergespann gestaltet die Karte radikal regional. Anstatt Parmesan wird Parmino, hergestellt in der Schweiz, über die Steinpilz-Ravioli geraffelt und ins Weinglas werden vorwiegend Schweizer Tropfen gegossen. Die Ravioli stellt ein Freund des Küchenchefs in Eigenproduktion her und sie munden hervorragend. Per QR-Code lässt sich die Speisekarte auf 16 Sprachen übersetzt aufrufen. Der Grund: Nicht selten kämen Studierende der ETH-Hönggerberg mit ihren Eltern in der «Mühlehalde» essen, denn gleich um die Ecke befindet sich ein «Bed und Breakfast».

Stange für 4,50 Franken

Nach dem guten Start sei es aber schwierig geworden, erzählt Sascha weiter. «Zertifikatspflicht, Weihnachtsfeiern, die abgesagt wurden, Teuerungen wegen  dem Krieg in der Ukraine, ein Sommer, in dem alle wieder in die Ferien fahren konnten...» Sie würden bewusst kein Delivery anbieten, weil sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren wollen, so Dietze, und dass sich die Leute mit Freund:innen im Restaurant treffen. Das Publikum sei sehr divers und nach dem dritten oder vierten Bier könne es an der Bar auch schon mal lauter werden. «Das gehört doch zu einer richtigen Beizenstimmung dazu», meint er. Nur wenn es zu politisch wird, klinkt er sich aus. Die Stange kostet hier übrigens bescheidene 4,50 Franken. Man hätte den Gastronomen einen besseren Start mit ihrem neuen, alten Lokal gegönnt. Was jedoch auffällt: Die drei lassen sich die Stimmung nicht verderben. Bleibt zu hoffen, dass dieser Winter für sie besser ausfällt.

12 Kreise, 12 Beizen

Im Jahr 2022 reist Tsüri.ch Monat für Monat in einen anderen Kreis und setzt sich einen Abend lang in die dortige Quartierbeiz. Die kulinarische Reise beginnt im Januar im Kreis 1 und endet im Dezember in Schwamendingen im Kreis 12. Hinweise für die Beiz, die wir in deinem Quartier besuchen sollen, kannst du hierhin schicken.

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