12 Kreise, 12 Beizen: Radio 24 und Röschti im Bahnhöfli Wiedikon - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Seraina Manser

Community-Verantwortliche

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31. März 2022 um 07:23

12 Kreise, 12 Beizen: Radio 24 und Röschti im Bahnhöfli Wiedikon

In der Gastroreihe «12 Kreise, 12 Beizen» besucht Tsüri.ch jeden Monat eine Quartierbeiz in einem anderen Kreis: Im Kreis 3 stehen wir zuerst vor verschlossenen Türen und müssen spontan auf das Bahnhöfli Wiedikon ausweichen.

Das «Bahnhöfli» an der Kreuzung Birmensdorferstrasse/Seebahnstrasse. (Foto: Elio Donauer)

Donnerstagabend, 20 Uhr. Im Pery ist es dunkel. Der Raum ist in blaues Licht getüncht. An der Bar sind zwei dunkle Gestalten auszumachen. Wir klingeln und starren durch das Fenster ins Innere. In der Restaurant-Bar Pery an der Zentralstrasse scheint bereits um 20 Uhr Feierabend zu sein. Niemand reagiert auf unsere Zeichen und wir stellen konsterniert fest: Hier bekommen wir zu dieser Stunde höchstens noch einen Schnaps und kein Schnitzel, das laut Webseite Perys Signature Dish ist. Dabei wollten wir das Pery stellvertretend für eine  Quartierbeiz im Kreis 3 besuchen. Der Tipp dazu kam aus der Community. Die Webseite sieht so aus, wie sie für eine Quartierbeiz auszusehen hat: In den Farben blau und gelb und in Comic-Schrift preist sie günstige Mittagsmenüs an. «Das Restaurant Pery ist ein typisches Quartierlokal. Ein Treffpunkt für Bewohner und Arbeitnehmer aus dem Quartier Zürich, Wiedikon» – nur schlafen diese anscheinend alle schon um 20 Uhr…

Es befindet sich an sehr zentraler und hipper Lage, von der viele Gastronom:innen kaum zu träumen wagen. Das stets ausgebuchte Ooki und Kle sind beide je einen Block entfernt. Hier in der Gegend liesse sich mit einem Restaurant gut Geld verdienen. Das schert die Besitzer:innen des Pery wohl wenig. Dabei hatten wir zu Beginn der  Woche extra zwecks Tischreservierung angerufen: «Selled eifach cho», hiess aus dem Apparat. Tja und da stehen wir jetzt vor verschlossenen Türen und beschliessen auf das Bahnhöfli Wiedikon auszuweichen.

Hier läuft gerade Popmusik von Radio 24. (Foto: Elio Donauer)

«Super Beiz-Züri Beiz»

Zu einem wichtigen und richtigen Bahnhof gehört ein Buffet, das Reisende zu jeder Stunde empfängt und bewirtet. Der Bahnhof Wiedikon ist zwar nicht unbedingt ein «richtiger» Bahnhof, aber das Restaurant Bahnhof Wiedikon, oder kurz Bahnhöfli, versorgt Reisende und andere wochentags nicht nur von 8 bis 23 Uhr – donnerstags bis samstags sogar bis 23:30 Uhr – sondern trumpft auch noch mit einem Buffet auf. Auf der Ablage stehen  Maggisauce, Aromat und Dessertkarten bereit. Das Bahnhöfli befindet sich direkt an der vielbefahrenen Kreuzung Birmensdorferstrasse/Seebahnstrasse und, wie sollte es auch anders sein, in Sichtweite des Bahnhofs. Die Leuchtschrift auf dem Balkon schreit in knallgelb. Auf der Webseite wird das Lokal beschrieben mit: «Super Beiz-Züri Beiz. Die Quartierbeiz im Kreis 3. Originell dekoriert und mit Herzblut geführt.» Das Silvestermenü 2021/2022 ist online immer noch prominent platziert.

Aromat, Maggisauce und Coupekarte – mehr Schweizer Beizenambiente geht kaum. (Foto: Elio Donauer)

Frittieröl und Bananensplit

Die Wände im Bahnhofbuffet sind pastellgelb, eine Schiefertafel preist eine Stange «dunkle Perle» für 4.60 CHF an. Es riecht nach Fritteuse. Eine Männergruppe jasst am Stammtisch, eine ältere Dame blättert in einer Illustrierten. Auf den Tischen liegen Papiersets mit Bierwerbung. Aus den Lautsprechern klingt Popmusik von Radio 24. Die Karte ist schweizerisch und wie so oft an solchen Orten sehr fleischlastig. Für Vegis gibt es Rösti, mit Käse und Ei oder Spaghetti Aglio Olio. Wer schon lange mal wieder einen Coupe essen will, muss nicht aufs Land fahren, im Bahnhöfli gibt es eine klassische Dessertkarte mit Bananensplit und anderen Klassikern.

Eine währschafte Portion Rindsragout und Spätzli. (Foto: Elio Donauer)

Das Bahnhöfli Wiedikon gehört Beffa Gastro, gegründet von den Zwillingen Emilio und Sergio Beffa. Zu ihrem Beizen-Imperium zählen unter anderem auch der Aargauerhof und der Hardhof im Kreis 4, das Weisse Kreuz im Seefeld und das Rheinfelder Bierhaus im Kreis 1. Claudio Beffa, Sohn von Sergio Beffa, führt jetzt zusammen mit seinem Cousin, Dario Beffa, das Gastrounternehmen. Er erzählt am Telefon, dass im Bahnhöfli Wiedikon Cordon Bleu und Stangen am häufigsten bestellt würden. Das Quartier hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert, die Weststrasse wurde beruhigt. Auf die Frage, wie sich diese Entwicklung auf das Bahnhöfli ausgewirkt hat, meint er: «Nach zwei Jahren Corona ist das schwer zu sagen, aber es kommen mehr jüngere Gäste als vorher.» Gerade sei er daran, die Küche neu zu konzipieren. Zukünftig will er mehr vegetarische und saisonale Gerichte anbieten und den Internetauftritt des Bahnhöfli auffrischen. Keine schlechte Idee. 

Wer bei diesem Anblick nicht Durst bekommt, hat sicher grad einen Liter Wasser geext. (Foto: Elio Donauer)

Auf dem Nachhauseweg frage ich bei der Person, die uns den Pery-Tipp gegeben hat, nach, ob sie wisse, warum das Pery so früh schliesse. Der Koch gehe manchmal – wenn das Lokal leer sei – bereits um 19 Uhr nach Hause. Aber wer früh komme, könne auch bis um 22 Uhr bleiben…

12 Kreise, 12 Beizen

Im Jahr 2022 reist Tsüri.ch Monat für Monat in einen anderen Kreis und setzt sich einen Abend lang in die dortige Quartierbeiz. Die kulinarische Reise beginnt im Januar im Kreis 1 und endet im Dezember in Schwamendingen im Kreis 12. Hinweise für die Beiz, die wir in deinem Quartier besuchen sollen, kannst du hierhin schicken.

1. Tsüri.ch versucht die Balkenprobe in der Oepfelchammer

2. Kalbszüngli und Kegeln im Muggenbühl

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